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Baden-Württemberg
Ordentliche Geldspritze für Hochschulen

Baden-Württemberg ist das erste Bundesland, das die Empfehlungen des Wissenschaftsrates umsetzen wird, die Grundfinanzierung des Bildungssystems kontinuierlich pro Jahr um drei Prozent zu steigern. Die Hochschulrektoren sind mit der Vereinbarung zufrieden - sie können mit erheblichen Mitteln rechnen.

Von Michael Brandt | 24.07.2014
    Nils Schmid, Finanzminister von Baden-Württemberg (SPD), aufgenommen am 19.03.2014 während der ARD-Talksendung "Anne Will".
    Finanzminister Nils Schmid: "Mir ist es dann am Ende doch leicht gefallen, weil ich davon überzeugt bin, dass Investitionen in Hochschulen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg unerlässlich sind." (picture alliance / ZB / Karlheinz Schindler)
    Vor zwei Monaten nannte Bernd Engler, Rektor der Universität Tübingen, die Lage an den Hochschulen des Landes noch "dramatisch. Wir stehen mit dem Rücken nicht an der Wand, sondern in der Wand. Wir haben ein strukturelles Defizit von nahezu 13 Millionen".
    Das war am Aktionstag der Universitäten am 21. Mai. Gemeinsam protestierten Hochschulleitung, Lehrende und Studierende damals gegen eine strukturelle Unterfinanzierung. Der Grund dafür war der bisherige Solidarpakt, der die Grundfinanzierung der Hochschulen 18 Jahre lang festgeschrieben hatte und der die Unis vor in der vergangen Jahren in erhebliche Schwierigkeiten gebracht, da zum Beispiel die Steigerung der Studierendenzahlen nicht berücksichtigt werde konnte. Gestern Abend klangen Engler und seine Rektorenkollegen ganz anders. Jetzt sieht Hans Joachim Schiewer, der Leiter der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg bei der Hochschulfinanzierung.
    "Ganz vorn - und zwar als Modell dafür wie man Zukunft definieren muss für eine wissensbasierte Gesellschaft."
    Neues Konzept für die Hochschulfinanzierung
    Kurz zuvor hatten Finanzminister Nils Schmid und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zuerst den Rektoren, dann der Öffentlichkeit ihr neues Konzept für die Hochschulfinanzierung vorgestellt, und es ist tatsächlich eine ordentliche Geldspritze für die Hochschulen.
    Baden-Württemberg ist das erste Bundesland, das die Empfehlungen des Wissenschaftsrates umsetzen wird, die Grundfinanzierung kontinuierlich pro Jahr, um 3 Prozent zu steigern.
    Das bedeutet, dass die Grundfinanzierung bis 2020 von derzeit knapp 2,5 Milliarden schrittweise auf 3,05 Milliarden in 2020 gesteigert werden soll. Außerdem gibt es ein Bausonderprogramm von 100 Millionen im Jahr, mit dem die teilweise maroden Hochschulgebäude peu a peu saniert werden sollen. Außerdem übernimmt das Land die Energiekosten der Unis vollständig, sodass diese nicht mehr auf den Kostensteigerungen sitzenbleiben. Und schließlich gibt es eine zusätzliche Förderlinie für die Universitätsmedizin.
    730 Millionen frisches Geld
    Zur Gegenfinanzierung werden zwar teilweise bereits jetzt gezahlte Mittel umgewidmet, aber am Ende nimmt das Land auch 730 Millionen frisches Geld in die Hand. Finanzminister Nils Schmid:
    "Natürlich bedingt die jetzige Vereinbarung eine gewisse Anspannung des Landeshaushalts. Mir ist es dann am Ende doch leicht gefallen, weil ich davon überzeugt bin, dass Investitionen in Hochschulen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg unerlässlich sind. Die Fachkräfte werden an unseren Hochschulen ausgebildet."
    Die Hochschulen müssen allerdings Gegenleistungen erbringen, unter anderen sollen sie künftig transparent über ihre Rücklagen informieren und ein Konzept zu Reduzierung der Zeitverträge mit Nachwuchswissenschaftlern vorlegen.
    Dennoch sind die auch die Rektoren mit der Vereinbarung rundum zufrieden. Hans Joachim Schiewer:
    "Der Rohstoff, den wir haben, ist unser Know-how, ist die Möglichkeit, die besten Köpfe nach Deutschland zu holen, und zwar international. Und mit dieser Entscheidung haben wir zumindest für Baden-Württemberg eine richtungsweisende Entscheidung bekommen und sind auf einem sehr guten Weg."
    Ein hartes Stück Arbeit
    Die Verhandlungen mit den Rektoren über den Solidarpakt, der nun aber nicht mehr Solidarpakt, sondern Perspektive 2020 heißt, hatten bereits im Oktober 2013 begonnen. Das Wissenschaftsministerium hatte zu Beginn deutlich gemacht, dass die Hochschulen belegen müssen wie viel Geld die Hochschulen sie zur Erledigung ihrer Aufgaben tatsächlich brauchen. Das sei, so Wissenschaftsministerin ein hartes Stück Arbeit gewesen, aber am Ende staunen sogar die Rektoren über das Ergebnis - Bastian Kaiser, der Vorsitzende der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, hebt hervor:
    "Ein wichtiges Ergebnis ist die Überführung von Programmitteln in die Grundfinanzierung und das führt im Ergebnis dazu, dass wir unsere Mitarbeiter nicht mehr zwei oder sechs Jahre befristen müssen. Es ist gemessen an den Erwartungen damals ein sehr, sehr gutes Ergebnis und vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierungspflicht muss man sagen, es ist eine Entscheidung der Landesregierung jetzt etwas für den Hochschulsektor zu tun, die aller Ehren wert ist."