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Baden-Württemberg
Streit um Hochschulmaut

Studierende aus Nicht-EU-Ländern müssen seit Beginn des Wintersemesters 1.500 Euro pro Semester bezahlen, wenn sie an einer baden-württembergischen Hochschule eingeschrieben sind. Mehre Studierende haben jetzt gegen diese Ungleichbehandlung geklagt. Die Landesregierung hingegen will an der "Hochschulmaut" festhalten.

Von Thomas Wagner | 24.10.2017
    Blick auf die Uni Konstanz.
    Studierende aus Nicht-EU-Ländern fühlen sich an baden-württembergischen Unis nicht mehr willkommen: Sie müssen ab sofort 1.500 Euro Studiengebühren zahlen. Im Bild: die Uni Konstanz (dpa / Felix Kästle)
    Beispiel 1: Sofia Fonseca aus Mexiko.
    "Ich werde hier in Konstanz meinen Master in Psychologie machen, genau. Ich wusste das schon mit dieser internationalen studentischen Gebühr, 1.500 Euro pro Semester."
    Beispiel 2: Qiuan Yang aus China.
    "Heute beginne ich mein Masterprogramm an der Uni Konstanz, diese Social Economic Analysis, also Datenanalyse. Und nun muss ich jetzt diese Studierendengebühr bezahlen. Das ist schon ganz krass. Als ich die vierstellige Zahl in mein Online-Banking eingegeben habe. Also, ich habe in meinem Studentenleben noch nie so ein großes Volumen überwiesen."
    1.500 Euro Studiengebühren pro Semester sind für die junge Mexikanerin und für den jungen Chinesen ein ganz schön dicker Batzen: So viel Geld zahlen, nur...
    "Weil ich Ausländerin bin, weil ich internationale Studentin bin. Ich fühlte mich nicht willkommen sozusagen."
    So die Mexikanerin Sofia Fonseca. Qiuan Yang sieht das ähnlich.
    "Ich finde diese Politik sehr diskriminierend. Ich finde das kein wirklich gutes Gesetz, nicht nur für die ausländischen Studierenden, sondern auch für die baden-württembergischen Hochschulen."
    Die nämlich, glaubt der junge Chinese, müssten mit der Einführung der neuen Gebühren nun um ihre Internationalität fürchten.
    "Unser Masterprogramm - wir sind 14 Leute. Aber eigentlich waren da 16 Leute vorgesehen. Zwei, die abgesagt haben, kommen aus Serbien. Und das gehört auch nicht zur EU. Das heißt: Viele ziemlich gute ausländische Studierende wollen nicht mehr hierhin. Und ich glaube, das wäre ein sehr großer Verlust auch für dieses Bundesland."
    Nicht nur bei Studierenden umstritten
    Und so stößt dann die neue "Hochschulmaut", seit wenigen Tagen in Kraft, auch an so mancher baden-württembergischen Uni auf Bedenken. Zwar betont Julia Wandt, Sprecherin der Uni Konstanz:
    "Wir begrüßen es einerseits, dass über alternative Finanzierungsquellen beim Land nachgedacht wird."
    Allerdings:
    "Was wir nicht in Ordnung finden, ist, dass es eine Gruppe an Studierenden trifft, die in Deutschland studieren, um danach in ihr Land zurückzukehren, die sich über Demokratisierungsprozesse ausbilden lassen, um über wirtschaftliche Faktoren zu studieren. Und wir haben einfach die Sorge, dass es ausgerechnet solche trifft, die sich dann ein Studium konkret in Baden-Württemberg nicht mehr leisten können. Das finden wir sehr schade."
    Politik hält an Studiengebühren in Baden-Württemberg fest
    Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg steht allerdings nach wie vor zu den neuen Gebühren. Die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer verwies bereits vor Monaten in einer Landtagsdebatte auf Sparzwänge. Was tun? Die Budgets für Forschung und Lehre kürzen? Das komme nicht infrage - stattdessen suchte Bauer neue Finanzierungsquellen. Ergebnis: die neuen Studiengebühren für Ausländer:
    "Unser Weg der moderaten Eigenbeteiligung derjenigen, die zu uns kommen, um hier eine erstklassige Hochschulausbildung anzutreten, ist ein vertretbarer und richtiger Weg."
    Ob dieser in ihren Augen vertretbare Weg Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Drei Musterklagen gegen die neue Studiengebühr sind bereits bei den baden-württembergischen Verwaltungsgerichten eingegangen; eine vierte soll folgen.
    "Das Ganze ist ja auch von der Landes-Asten-Konferenz so beschlossen worden, dass alle Studierendenvertretungen diese Klagen unterstützen. Wir halten das für sehr, sehr wichtig, da der gerichtliche Weg die beste Möglichkeit ist, das Ganze wieder zu kippen", betont Daniel Färber, Vorsitzender der Studierendenschaft an der Universität Konstanz. Die Chancen auf ein Urteil gegen die sogenannte Hochschulmaut stünden gar nicht mal so schlecht, ergänzt sein Stellvertreter Michael Schiefelbein:
    "Das ist der internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale, und kulturelle Rechte. Und da gibt es den Artikel 13, der besagt, dass finanzielle Hürden zum Zugang zur Bildung nicht höher gelegt werden dürfen, sondern permanent abgebaut werden, und zwar unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft. Und vermute eben, dass das ganze alleine aufgrund dieses Vertrages das spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof gekippt werden wird."
    Das allerdings kann dauern. Und so bleibt es für Betroffene wie die Mexikanerin Sofia Fonseca "doch schwierig; ich habe Glück, dass meine Eltern mich unterstützen. Ich werde in dieser Zeit auch einen Mini-Job suchen oder einen Hiwi-Job suchen, weil es ist so viel Geld - bis jetzt verstehe ich nicht so gut diese internationale Gebühr."