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Ballonreigen über dem Schwarzwald

Meteorologie. – Mit einer Sekttaufe wurde heute in Seebach im Schwarzwald eine ausgedehnte Messkampagne zur Erkundung des so genannten Starkregens gestartet. Während der drei kommenden Sommermonate will man die sich über Schwarzwald und Vogesen zusammenbrauenden und dort niederregnenden Gewitter erkunden. Der Wissenschaftsjournalist Volker Mrasek erläutert das Projekt im Gespräch mit Marieke Degen.

01.06.2007
    Degen: Herr Mrasek, was genau soll denn da passieren?

    Mrasek: Ja, da werden also durch den Oberrheingraben, durch den Schwarzwald, durch die schwäbische Alb bis hinüber zu den Vogesen in Frankreich eine ganze Armada von Forschungsflugzeugen, von Ballonen und auch von Bodenmessstationen drei Monate lang, also während des ganzen Sommers, im Einsatz sein. Da werden intensive Messungen durchgeführt werden, wie das der Charakter einer konzentrierten Kampagne ist. Beteiligt sind Forscher aus insgesamt acht Ländern, sogar das US-Energieministerium ist da vertreten, das schickt ein mobiles Feldmesslabor, das steht an einer von so genannten fünf supersites, das sind also konzentrierte Messstationen, wo man viele verschiedene Instrumente konzentriert hat. Diese Messstation ist seit dem 1. April sogar schon in Betrieb, und alles in allem, das sagen die Forscher, sei das die weltweit größte Messkampagne unter freiem Himmel zur Messung von Starkniederschlägen.

    Degen: Und wie soll die Messung jetzt genau vor sich gehen?

    Mrasek: Das geht los, also heute war der offizielle Start, es wird aber mit den Flugzeugen ab Mitte Juli eine konzentrierte Messkampagne geben, wo insgesamt acht Flugzeuge gleichzeitig im Einsatz sein werden. Und es geht vor allem darum, so genannte kollektive Niederschläge zu erfassen. Konvektion, das ist ein Phänomen, das in der warmen Jahreszeit auftritt, sieht es so aus, dass die Sonnenstrahlung den Erdboden erwärmt, die Luft den Bodennähe wird dadurch auch erwärmt, sie wird leichter, steigt auf, hinterlässt am Boden quasi ein Tiefdruckgebiet, und wir wissen, was Tiefdruckgebiete so an sich haben, da kondensiert Wasserdampf, da entstehen Wolken, und dann entstehen eben nach großen Hitzephasen die typischen Sommer- oder Wärmegewitter. Und man möchte gerne mehr darüber in Erfahrung bringen, um vor allen Dingen die Wettervorhersage, die Vorhersage solcher stark Niederschläge zu verbessern. Das sind sehr kleinräumige Prozesse. Das typische Wettervorhersagemodell des Deutschen Wetterdienstes läuft zurzeit zum Beispiel mit einer räumlichen Auflösung von sieben mal sieben Kilometern, seit ein paar Wochen gibt es eine verbesserte Version, die für die Kürzestfristvorhersage, wie das so schön heißt, eingesetzt wird, die hat ein räumlicher Auflösung von 2,8 mal 2,8 km, also man rechnet Rechenmodelle, die so richtige Gitterzellen haben. Und man kann sich vorstellen, so ein lokales Gewitter, eine Gewitterwolke, die ist zu klein dafür. Die rauscht da durch. Die fällt durch das Raster. Und die Wissenschaftler, die haben jetzt Forschungsmodelle, die sie benutzen wollen, während dieser Feldmesskampagne, die gehen auf einen mal einen Kilometer Auflösung, räumliche Auflösung, herunter. Und da will man einmal messen, mit allem, was man zur Verfügung hat. Vom Boden, vom Flugzeug aus, vom Ballon aus und gleichzeitig diese Daten in diese Forschungsmodelle einfüttern, damit arbeiten, und der Ausblick ist, dass man in einigen Jahren vielleicht Wettervorhersagemodelle hat, die so kleinräumig, so kleinmaschig sind und dann auch diese stark Niederschläge erfassen können.

    Degen: Und wie können sich die Forscher sicher sein, dass sie die Gewitter auch erwischen?

    Mrasek: Da kommt noch etwas dazu. Das eine Stichwort war Konvektion, diese aufsteigende warme Luft, die zur Wolkenbildung führt. Das andere Stichwort ist Orographie. Das heißt, wie ist das Gelände geschaffen. Und in diesem Gebiet hat man den Schwarzwald, den Rand des Schwarzwaldes, da werden die Gewitterwolken, wenn sie entstehen, gezwungen aufzusteigen, schnell aufzusteigen. Und sie regnen sich dann auch normalerweise relativ schnell ab. Das heißt, es besteht eine große Chance, gerade in der warmen Jahreszeit Gewitter dort anzutreffen, die Entwicklung zu verfolgen, und sich dann darauf quasi zu konzentrieren. Alle Flugzeuge jetzt Richtung dieser Gewitterwolken, und dann will man seine Messsensoren auf diese Gewittergebilde fokussieren.