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Basketball
"Er kann noch besser werden"

Der Ausnahme-Basketballer Stephen Curry hat mit seinem eigenen Spiel und dem seines Teams, den Golden State Warriors, das Basketballspiel revolutioniert. Doch da ist noch Luft nach oben, sagt niemand anderer als sein Vater Dell Curry, selbst einst ein ausgezeichneter NBA-Profi.

Von Jürgen Kalwa | 22.05.2016
    Stephen Curry (R) geht zum Korb
    Stephen Curry (r.) geht zum Korb (picture alliance / dpa)
    Die Bestleistungen, die sich mit seinem Namen verbinden, sind mehr als beeindruckend. Selbst für eine Liga, in der schon so einiges Beeindruckendes abgeliefert wurde. Man denke an seine 402 Dreier in dieser Saison, bei denen er aus einer Entfernung von mehr als sechseinhalb Metern vom Korb eine beinahe magische Treffsicherheit beweist. Ein neuer Rekord. Man denke an die vielen Siege seiner Mannschaft, der Golden State Warriors, die in der regulären Saison von ihren 82 Spielen 73 gewann. Auch das: ein neuer Rekord.
    Oder man denke an die Auszeichnung "most valuable player". Die geht an den besten NBA-Profi der Saison und wurde ihm vor ein paar Tagen zum zweiten Mal verliehen. Die Besonderheit: Zum ersten Mal stimmte jedes Mitglied der vielköpfigen Journalisten-Jury für nur einen Spieler: für ihn. Das hatten vorher weder Magic Johnson noch Michael Jordan noch LeBron James geschafft. "Ich habe mir angeschaut, wer schon alles als MVP ausgezeichnet worden ist. Eine Liste mit Namen, die jeder kennt. Der erste zu sein, der mit allen Stimmen gewählt wurde – das kann ich gar nicht in Worte fassen. Das werde ich den Rest meines Lebens nicht vergessen", so Stephen Curry.
    Basketballstar mit Familiensinn
    Stephen Curry - ein ausgesprochen seltenes Exemplar von Basketball-Spieler. Vor allem von der Statur her. Er ist ein ziemlich dünner Hänfling, gerade 1,91 Meter groß. Er spielt seit 2009 in der Liga - bei den Warriors, wo er mit elf Millionen Dollar geradezu lächerlich schlecht bezahlt wird. Denn er ist – mit 28 Jahren – eindeutig Aushängeschild und Zuschauermagnet Nummer eins. Und ein Sympathieträger noch dazu, der weiß, wie man gut rüber kommt: Vieles ist anders an dem Balljongleur, der schon mehrmals bei Pressekonferenzen seine kleine Tochter Riley auf dem Schoß dabei hatte, wenn Journalisten ihn löcherten. Das Mädchen wurde dabei selbst zum Star.
    Der Familiensinn scheint eingebaut. Denn Curry wuchs als Sohn eines ziemlich erfolgreichen NBA-Profis auf. Dell Curry, der die meiste Zeit seiner Karriere bei den Charlotte Hornets spielte und heute als Fernsehkommentator seinen alten Klub begleitet. Der Vater sah das Potential: "Er konnte schon früh mit dem Ball umgehen. Da ich in der NBA gespielt habe, konnte ich ihn zum Training mitnehmen und zu Spielen. Er hat die besten Basketballer der Welt aus nächster Nähe gesehen. Und vor allem, wie sie an sich und ihrem Spiel arbeiten."
    Hinter der Kreativität steckt viel Training
    Gezielt trainieren – und zwar stundenlang – das ist Curry’s Kern? Man mag es kaum glauben. Denn Curry spielt so hochkreativ, inspiriert, locker und mit jeder Menge purem Vergnügen, das man denkt: Der lebt von spontanen Eingebungen und nicht von einer ins motorische Gedächtnis eingeschliffenen Muskelarbeit. Der Vater weiß durchaus, was dahinter steckt: "Es ist ein schmaler Grat. Du musst das ernsthaft betreiben. Und das bedeutet ganz viel Arbeit. Viel Training. Wieder und Wieder. Das erkennen viele Leute nicht, die nur die Spiele sehen."
    Der Aufstieg von Curry und die Sympathien, die ihm entgegenfliegen, irritieren einige, aber einen Spieler ganz besonders: LeBron James, sicher derzeit der beste Allround-Basketballer der Welt, muskelbepackt und groß genug, um sich auf dem Platz in fast jeder Situation durchzusetzen. LeBrons Problem besteht in der öffentlichen Wahrnehmung seiner sportlichen Verdienste. Dabei kommt er in der aufs Gewinnen total fixierten amerikanischen Gesellschaft tatsächlich allzu schlecht weg. Denn gewonnen hat er bisher mal gerade zwei NBA-Meisterschaften. Vier weitere Male stand er – mit den Miami Heat und den Cleveland Cavaliers – in der Finalserie, aber ging mit leeren Händen nach Hause.
    Curry noch steigerungsfähig
    Kein Wunder, dass LeBron James neulich murrte, als er zum Curry-Hype gefragt wurde. Die statistischen Werte sprächen eine eindeutige Sprache, sagte er: "Die meisten Punkte pro Spiel, die meisten Steals. Die Rekordquote von 73 Siegen. Da gäbe es nichts zu diskutieren", meint LeBron James. Aber beim Begriff des "wertvollsten" Spielers müsse man noch über andere Dinge reden.
    Klingt übrigens legitim. Denn tatsächlich, als Curry in diesen Playoffs mehrere Spiele ausfiel – erst wegen einer Knöchel-, dann wegen einer Knieverletzung – konnten die Warriors den Verlust relativ gut ausgleichen. Allerdings haben wir vermutlich den besten Curry noch gar nicht gesehen. Vater Dell, kein Freund von Übertreibungen – glaubt, da kommt noch mehr. "Das reicht ihm noch nicht. Er will noch besser werden. Wenn er gesund bleibt, kann er kräftiger und tatsächlich noch besser werden."
    Das sollte LeBron James anstacheln und für eine furiose Finalserie sorgen.