Archiv

Baukonzern Bilfinger
Warum Koch gehen muss

Roland Koch verlässt seine Baustelle. Vor drei Jahren hat sich der ehemalige hessische Ministerpräsident in die Wirtschaft abgesetzt und wurde Chef des Baukonzerns Bilfinger Berger. Er gab ihm einen neuen Namen, doch die Geschäftszahlen konnte er nicht nachhaltig verbessern.

Von Michael Braun |
    Der Vorstandsvorsitzende des Bau- und Industriedienstleisters Bilfinger, Roland Koch, gestikuliert am 08.05.2014 in Mannheim (Baden-Württemberg) bei der Hauptversammlung während seiner Rede.
    Roland Koch verlässt den Baukonzern Bilfinger, nachdem es im Aufsichtsrat des Konzerns Krach um seine Strategie gab. (dpa picture alliance / Uwe Anspach)
    Man könnte es bissig sehen: Angela Merkel hat alle ihre potenziellen Konkurrenten um die Kanzlerschaft weggelobt oder weggebissen: Friedrich Merz, Christian Wulff oder auch Roland Koch. Der zog die Konsequenz und wechselte in die Wirtschaft. Aber auch als Chef des Baukonzerns Bilfinger erreichte ihn der lange Arm der Bundeskanzlerin. Denn Bilfinger lebte stark vom Kraftwerksgeschäft, nicht vom Bau, sondern von der Wartung. Aber im Zuge der Merkel'schen Energiewende wurden im Inland selbst moderne Gaskraftwerke abgeschaltet. Darauf habe sich Bilfinger eingestellt, sagte Koch auf der letzten Hauptversammlung Anfang Mai. Aber dass die Energiewende ins Ausland ausstrahlte und dort Bilfinger traf, das hatte er offenbar nicht vorausgesehen:
    "Wir müssen allerdings feststellen, dass inzwischen – durchaus durch die deutsche energiepolitische Konzeption ausgelöst -, immer mehr kostenloser Strom in diese Stromnetze von den Niederlanden bis Polen fließt. Und damit eben auch die Kalkulation für Kraftwerksprojekte und Neubauprojekte in diesen Ländern zurückgenommen oder auf den Prüfstand gestellt worden sind. Und das bedeutet, dass es vorgekommen ist, dass wir dieses durchaus signifikante Volumen im Auftrag nicht erhalten haben."
    Schwieriger Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft
    Beim Klassiker des Baugeschäfts, dem öffentlichen Bau, sah Koch zwar eine Zukunft. Aber da machten die Eigentümer nicht mit. Der Großaktionär Cevian, eine Investmentgesellschaft, erzwang kürzlich, den Tiefbau fast vollständig zum Verkauf zu stellen. Das löste Krach im Aufsichtsrat aus. Für die Aktionäre sparte Koch offenbar zu wenig, für die Baugewerkschaft zu viel. Binnen fünf Wochen zweimal nach unten korrigierte Gewinnaussichten – das kostete Koch schließlich den Job.
    Der Aufsichtsratsvorsitzende Bernhard Walter, der ehemalige Chef der inzwischen untergegangenen Dresdner Bank, hat heute mit ausgewählten Journalisten über die Lage gesprochen. Radiojournalisten wollte er nicht dabeihaben. Walter hatte den Wirtschaftsanwalt Koch aus der Politik zu Bilfinger geholt. Ralf Kleine, Senior Manager in der SCS Personalberatung, fand das mutig:
    "Das zu pauschalisieren, ist sehr schwierig. Es ist auf jeden Fall ein ambitionierter Wechsel."
    Einige Ex-Politiker konnten sich in der Wirtschaft durchsetzen
    Politiker in der Wirtschaft könnten ihre erlernten Mechanismen nicht eins zu eins anwenden, würden auch nicht so an nackten Zahlen gemessen wie gerade Chefs börsennotierter Unternehmen. Und sie begegneten womöglich direkt Vorbehalten, wenn sie aus der Politik einem mitbestimmten Aufsichtsrat gegenüberträten. Würde er einen Politiker anrufen, um einen Vorstandsposten zu besetzen:
    "Wenn es sich um Unternehmen handelt, die sehr stark im gesellschaftspolitischen Interesse stehen, dann ist so was durchaus denkbar. Es ist aber, wenn ich ehrlich bin, seltenst die erste Wahl."
    Es gab positive Gegenbeispiele zu Koch: Lothar Späth etwa, der nach seiner Regierungszeit in Baden-Württemberg Jenoptik an die Börse führte. Oder Werner Müller, der nach seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister, die Ruhrkohle AG umbaute. Er kam allerdings aus der Wirtschaft. Und hatte nur eine Zwischenstation in der Politik eingelegt.