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Beliebter Rohstoff

Baumwolle ist ein beliebter Rohstoff für die Textilindustrie, weil die Faser widerstandsfähig und leicht zu färben ist und weil sie gut Feuchtigkeit aufnimmt. Weil die Pflanze viel Sonne braucht, wird sie vor allem in Ländern wie Indien oder Brasilien angebaut. Der Naturschutzbund Deutschland will nun die Verbraucher über die unterschiedlichen Anbaumethoden informieren.

Von Verena Kemna | 09.02.2009
    Für Steffi Ober, Gentechnikexpertin beim Naturschutzbund Deutschland, liegen die Nachteile bei der Produktion gentechnisch veränderter Baumwolle auf der Hand. Das Saatgut ist um etwa ein Drittel teurer. Zwar verringert sich in den ersten Jahren der Einsatz von Insektiziden, doch dann bilden sich Resistenzen, Schädlinge befallen die Pflanzungen. Der einzige Ausweg für die meist kleinbäuerlichen Betriebe in Entwicklungsländern sind teure Pestizide.

    "Sie müssen sich verschulden, meistens bei Halsabschneidern, bei privaten Geldverleihern. Wenn dann die Ernte nicht so gut ist, heißt das, dass sie überschuldet sind und es gibt keine Bauernversicherung wo sie sich dann gegen Produktionsausfälle versichern können, so wie in Deutschland. Das heißt für die Bauern in Indien, dass viele in den Selbstmord getrieben werden weil das die einzige Möglichkeit ist, von ihren Schulden runter zu kommen."

    Jedes Jahr kommen etwa 25 Millionen Tonnen Baumwolle auf den Weltmarkt. Nicht einmal ein Prozent stammt aus biologischem Anbau. Fast die Hälfte des weltweiten Baumwollanbaus basiert auf gentechnisch verändertem Saatgut, Tendenz steigend, sagt Steffi Ober. Aus Sicht des NABU ist konventioneller Baumwollanbau wegen des hohen Wasserverbrauchs ein echter Klimakiller. In den Hauptanbaugebieten in den USA, Indien oder China muss fast die Hälfte der Felder beregnet werden.

    Nach Berechnungen des NABU braucht jedes T-Shirt etwa 2000 Liter Wasser und ist außerdem mit 150 Gramm Pestiziden und Insektiziden belastet. So müssen die Monokulturen bis zur Ernte etwa zwanzig Mal gespritzt werden.

    Dagegen stehen die Vorteile einer nachhaltigen Produktion nach den Regeln des ökologischen Landbaus, allen voran höhere Erlöse für die Bauern.

    "Das heißt, sie verdienen mehr und haben eine Sicherung des Nahrungsanbaus weil man bei Biobaumwolle eine Fruchtfolge einhalten muss. Also ein Jahr baue ich Baumwolle an, das nächste Jahr Bohnen, Erbsen oder eine Nahrungsfrucht, so dass sich die Böden erholen können, dass ich was zu essen habe. Ich habe damit auch Dünger im Boden und das hat auch Vorteile für die Landwirte und die Umwelt. "

    Projekte wie Cotton made in Africa gelten als Vorbild. Seit vier Jahren werden vor Ort Bauern in umweltfreundlichen Anbaumethoden geschult, um langfristig deren Lebensbedingungen zu verbessern. Inzwischen ist Cotton Made in Africa ein erfolgreiches Gütesiegel mit prägnantem Logo. Doch der Baumwollmarkt sei insgesamt unübersichtlich. Dazu kommt, dass die meisten Verbraucher nichts von den ökologischen und sozialen Auswirkungen beim Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle wissen. Der Naturschutzbund Deutschland fordert mehr Transparenz und Aufklärung.

    "Wenn wir bedenken, dass in Europa 70 Prozent aller Verbraucher Gentechnik in Lebensmitteln ablehnen, aber in ihrer Kleidung haben sie dann diese gentechnisch manipulierte Baumwolle und wissen es gar nicht. Zum Beispiel Trachtenhersteller aus Österreich, die haben mich gefragt, wir wollen keine gentechnisch veränderte Baumwolle, wie soll ich diesen Stoff beziehen? Es muss nicht deklariert werden, kein Mensch weiß es."

    Vorbild ist England.

    "In England gibt es große Supermarktketten, Marks und Spencer, Tesco, aber auch im Mittel- und Unterpreis Supermarktketten, die in hohem Maß ökologisch erzeugte Baumwolle einkaufen und anbieten zum gleichen Preis wie konventionelle Ware und ich denke das fördert den Absatz. Außerdem braucht man eine Informationspolitik. Der Verbraucher muss wissen, was er mit dem Kauf seines T-Shirts entscheidet. Was das heißt, für die Herkunftsländer und die Menschen dort. "

    Die Nachfrage der Verbraucher spricht auch in Deutschland für ein Ökosiegel, sagt auch Jutta Jaksche vom Bundeszentrale Verbraucherverband.

    "Wenn man die Verbraucher informiert, das sagen uns auch Umfragen, dann ist es für Verbraucher ein wichtiges Thema. Vor allem auch die sozialen Bedingungen, also wie sind die Rahmenbedingungen für die Farmer in den Dritte Welt Ländern. "