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Beratung beim Energiesparen

Um Kosten zu sparen, blicken mittelständische Firmen verstärkt auf ihre Ausgaben für Energie. Doch für nennenswerte Ersparnisse fehlen ihnen oft das Fachwissen, die Nachfragemacht und vielleicht auch ein bisschen die Ausgebufftheit, um in Preisverhandlungen mit Versorgern etwas herauszuholen. In diese Marktlücke stößt das Beratungsunternehmen ECG aus dem badischen Kehl.

Von Dietmar Reiche |
    Ohrenbetäubender Lärm dringt aus der der Werkshalle. Blitzschnell zerschneidet die Richtmaschine den fingerdicken Stahldraht. Auf dem Firmengelände der Badischen Drahtwerke türmen sich Baustahlmatten. Im Hintergrund dampft das riesige Elektrostahlwerk.

    Genau hier, mitten im Industriegebiet von Kehl, begann 1986 die Geschichte der ECG, der Energie Consulting Gesellschaft. Einst zuständig für den Stromeinkauf der Konzernmutter - die Badischen Stahlwerke - strebten die jungen Mitarbeiter neuen Herausforderungen entgegen. Das Ziel: Fachwissen nach außen tragen, mit Energieberatung Geld verdienen

    "Die Gesellschafter haben das sehr wohlwollend, vielleicht auch etwas amüsiert, zur Kenntnis genommen. Und sie haben dann die Möglichkeit eingeräumt und gesagt: Na ja, wenn ihr wenigstens die Hälfte eurer Kosten wieder reinholt, anstatt in der Zeit Fachzeitschriften zu lesen, dann kann das ja nicht so schlecht sein","

    sagt Geschäftsführer Jürgen Joseph, seit 17 Jahren dabei. Der 46-jährige Manager der ECG hat mit seinen Kollegen die kleine Energieabteilung der Badischen Stahlwerke zu einem profitablen Beratungsunternehmen aufgebaut: vier Millionen Euro Jahresumsatz, schwarze Zahlen in der Bilanz - und das alles nur mit 30 Mitarbeitern. Auf der Wunschliste der Kunden: Energiesparen und vor allem Kosten senken. Das ist heutzutage weitaus mehr als preisgünstige Strom- oder Gaslieferanten zu finden. Die Angebotspalette ist deutlich breiter.

    ""Wir bringen das Know-how Energiemarkt, Energiebeschaffung und Energierecht in das Unternehmen, weil das im Unternehmen nicht mehr vorhanden ist oder weil man im Unternehmen die Entscheidung getroffen hat, dass es günstiger ist, wenn man sich das Know-how von außen holt und nicht speziell einen eigenen Mitarbeiter dafür schult."

    Die Kunden kommen aus dem Maschinenbau, der Papier- und Holzindustrie, aber auch kleinere Familienbetriebe sind mit dabei. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die den Strom- oder Gasverbrauch nach oben treiben. falsche Beleuchtung, entweichende Druckluft oder schlechte Wärme-Isolierung. Darauf achten Mittelständler nicht immer, erklärt Energieberater Eberhard Wieber. Die Kunden seien erst einmal froh, wenn die Produktion laufe. Beispiel: eine Malzfabrik in Rheinland-Pfalz.

    "Und dann konnten wir sehen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt am Tag eine Stromspitze da ist. Der Strom muss ja nicht nur nach der Arbeit, sondern auch nach der Leistung bezahlt werden. Und dann haben die uns erklärt, sie müssten das Malz putzen. Die Frage, die wir dann stellten, war, ob das nicht alles entzerrt werden könnte, dass nicht alles um elf Uhr am Mittag losgeht, dass die Pumpe für den Brunnen läuft, dass die Malzputzmaschine läuft und das große Gebläse. Allein durch das Entzerren sparen die nun im Jahr rund 3500 Euro- nur durch den Stromleistungspreis."

    Türöffner für die vertiefte Beratung beim Energiesparen sind regionale Einkaufsringe. Hier organisiert die ECG für Mittelständler den möglichst preiswerten Einkauf von Strom- und Gas. Durch solche Einkaufsringe bringen die Mittelständler im knallharten Preiswettbewerb mehr Verhandlungsgewicht auf die Waagschale.

    "Wenn jetzt, sage ich mal, 30 Unternehmen zusammen sind, und die haben in Summe 30 Prozent der Industriemenge eines Stadtwerkes, dann ist das natürlich ein ganz anderes Verhandlungspotenzial. als wenn sie allein verhandeln müssen","

    sagt Werner Urich. Der Wirtschaftsingenieur weiß genau, mit welch harten Bandagen auf dem Strommarkt gekämpft wird. 32 regionale Einkaufsringe mit 730 Firmen hat die Energie Consulting Gesellschaft mittlerweile ins Leben gerufen. Inklusive Einzelkunden steht dahinter eine geballte Stromnachfrage von zwölf Terawattstunden pro Jahr. Das entspricht dem gesamten Absatz eines mittelgroßen, regionalen Energieversorgers.

    Ortswechsel: die Deutschen Edelstahlwerke in Siegen, ein großer Einzelkunde von ECG. Ein riesiger Kran hebt mit einem Elektromagneten den Schrott in die Höhe. Bis zu 50.000Tonnen Schrott werden hier pro Monat eingeschmolzen und zu Edelstahl verarbeitet - und dies ausschließlich mit Strom. Eine Terawattstunde Strom pro Jahr verbrauchen die Stahlwerke, genauso viel wie die Stadt Siegen. Die ECG berät die Deutschen Edelstahlwerke seit gut zwei Jahren. Für deren Einkaufsleiter Norbert Wollersheim war dies genau die richtige Entscheidung:

    ""Entscheidend ist bei einer Gesellschaft wie der ECG, dass sie die Marktkenntnisse hat. ECG ist ja nicht nur für uns, sondern auch für andere Unternehmen aktiv und hat damit eine unheimliche Markttransparenz - auch durch die Kontakte zu den einzelnen Anbietern."

    ECG helfe bei der Beschaffung und Aufbereitung der Angebote, sagt Wollersheim. Die Zusammenarbeit ist mehr als partnerschaftlich. Die Berater seien de facto eine ausgelagerte Energieabteilung.

    "Wir betrachten ECG als einen weiteren Mitarbeiter im weitesten Sinne","

    der nicht nur bei den Deutschen Edelstahlwerken stets den günstigsten Energielieferanten finden muss. Allerdings dürfe man beim Preispoker das Spiel auch nicht überreizen, beteuert ECG-Chef Jürgen Joseph:

    ""Man begegnet sich immer mindestens zweimal im Leben. Und auch wir können nur so gut sein wie die Angebote, die wir vom Lieferanten kriegen. Deshalb wollen wir die auch sehr fair behandeln und möchten nicht, dass der Eindruck entsteht, dass man nur mit Pokern weiterkäme."