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Bienen helfen bei der Wundheilung

Medizin. - Die Klagen über Bakterienstämme, die gegen die meisten Antibiotika resistent geworden sind, nehmen zu. Kein Wunder also, dass die Mediziner sich nach möglichen Alternativen umsehen. Eine davon ist Honig. Bonner Ärzte an der Uniklinik haben ein australisches Produkt namens "Medihoney" getestet Jetzt wollen sie gemeinsam mit Kollegen anderer Kliniken objektive Daten zur Heilkraft von Honig zusammentragen.

04.08.2006
    Bienenhonig - in der Universitätskinderklinik Bonn ist es nicht nur ein gern gegessener Brotaufstrich, sondern auch ein handfestes Präparat. Als Salbe oder Gel kommt es immer dann zum Einsatz kommt, wenn Wunden nicht heilen wollen. Denn Honig schafft es in der Wunde enthaltene Bakterien, also Krankheitserreger, abzutöten.

    "Zum einen spielt dabei die Osmolarität eine Rolle Honig ist eine gesättigte Zuckerlösung, die den Bakterien und dem umgebenden Gewebe Flüssigkeit entzieht. Dieser Effekt auf das umgebende Gewebe ist wichtig, weil bei Wunden die Flüssigkeitsansammlung im Gewebe zu einer Schwellung und zu Schmerzen führt. Der zweite wichtige Wirkungsmechanismus ist, dass im Honig ein Enzym enthalten ist, das von den Bienen dem Honig zugesetzt wird. Dieses Enzym heißt Glukose-Oxidase. Wenn Honig mit Flüssigkeit in Kontakt kommt, wird an dieser Grenzfläche permanent Wasserstoff-Peroxid in kleinen Mengen gebildet und das ist auch antibakteriell wirksam."

    Das von Dr. Arne Simon an der Bonner Universitätskinderklinik eingesetzte Präparat - Medihoney mit Namen -besteht aus zwei Honigsorten: Zum einen Honig mit relativ hohen Mengen an Glukose-Oxidase. Zum anderen Honig mit Bestandteilen des Leptospermum -ein Teebaumgewächs, das in Neuseeland und Australien vorkommt. Simon:

    "Die Bienenvölker werden vor Teebaumplantagen ausgesetzt und diese noch nicht ausreichend charakterisierten Bestandteile sind nachweislich antibakteriell wirksam und beschleunigen die Wundheilung."

    Wahrscheinlich handelt es sich um einen Mix phenolartiger Substanzen, die aus der Pflanze stammen und den Wundbakterien das Leben schwer machen. So schwer, dass Antibiotika - die lange Zeit sorglos und inflationär in der Behandlung eingesetzt wurden - immer häufiger im Arzneischrank bleiben. "Medihoney" - so zeigt die klinische Erfahrung - wirkt häufig besser als ein Antibiotikum- es besiegt sogar multiresistente Keimen wie die so genannten MRSA. Und das Interessante dabei ist die Bakterien entwickeln im Laufe der Behandlung keine Resistenzen gegen das Honigpräparat. Simon:

    "Das kann nicht passieren, das hat man in verschiedenen auch in-vitro-Untersuchungen im Labor getestet. ..Die Wirkung ist unspezifisch."

    Es gibt allerdings wenige Klassen von Bakterien , auch solche die im Honig selbst vorkommen, die nicht auf die antibakterielle Wirkung ansprechen. Deshalb muss die Honigsalbe auch bestrahlt werden, um alle Keime abzutöten. Honig aus dem Supermarktregal eignet sich also nicht zur Behandlung. Das Spektrum beim Medihoney ist dagegen breit: Von der kleinen entzündeten Eintrittsstelle eines Venenkatheters bis hin zu tiefen Decubiti, also Hautdefekten, die nach langem Liegen oder bei Durchblutungsstörungen entstehen. Besonderes leistet das Präparat jedoch bei chronischen Wunden. Simon:

    "Wir selbst überblicken eine relativ große Zahl von erwachsenen Patienten, die mit Medihoney behandelt wurden. Die haben zum Teil Monate bis Jahre lange Anamnese, also Krankheitsgeschichten mit verschiedensten Interventionen, Operationen, der Anwendung von verschiedenen Wundantiseptika und die Behandlung mit Medihoney hat dann innerhalb von einigen Wochen zu einer Abheilung der Wunde geführt."

    Gerade auch bei Krebspatienten, bei denen Wunden wegen einer Chemotherapie ohnehin nur sehr langsam abklingen, konnte die Heilung deutlich beschleunigt werden. Allerdings gilt, laut Simon, für alle Fälle:

    "Auch Medihoney ist nicht Nebenwirkungsfrei. Bei etwa fünf Prozent der Patienten beobachten wir unmittelbar nach dem Auftragen des Honigs auf die Wunde Schmerzen. Die zweite Nebenwirkung, die vorstellbar ist, ist eine Unverträglichkeit im Sinne einer Allergie. Das haben wir bisher bei einem von 50 Patienten beobachtet. Das war keine höhergradige allergische Reaktion, sondern ein lokales Kontaktekzem."

    Die Bonner waren die ersten in Deutschland, die mit "Medihoney" behandelt haben. Ihre Erfahrungen wollen sie nun auf eine breitere Basis stellen. Dazu haben sie eine spezielle Software mitentwickelt für eine so genannte Woundpecker-Datenbank. Gemeinsam mit anderen Kliniken wollen sie Wundheilungsverläufe unter Honigbehandlung dokumentieren und auswerten- der Biene sei Dank.