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Black Strobe
Blues mit Synthesizern

In Frankreich gilt er als Institution: Arnaud Rebotini, Techno-Pionier, gefragter Remixer und erfolgreicher Musiker. Mit seiner Band Black Strobe hat er gerade ein bemerkenswertes neues Album namens "Godforsaken Roads" veröffentlicht, das mit einer europäischen Version von uramerikanischen Stilen wie Rockabilly, Gospel und Blues aufwartet.

Von Manuel Anders |
    "Der Raum hat 9,5 Quadratmeter. Und er ist voller Vintage-Synthesizer. Darunter ein paar richtig teure Schätzchen wie ein 72er Harpsichord oder ein Memorymoog. Gut, einige Modelle sind auch billiger, aber ich habe hier wirklich nichts Neues - außer ein paar Effekte, Kompressoren und Delays."
    Drei Wände voller museumsreifer Elektronik, ein Schreibtisch mit Computer und Bandmaschine - fertig ist die kreative Keimzelle des 44-jährigen Franzosen, der sich in einem Keller im 18. Pariser Arrondissement eingenistet hat und hier - ohne Tageslicht - seine musikalischen Ideen entwickelt. Wie "Godforsaken Roads", das mit einer europäischen Version von uramerikanischen Stilen wie Rockabilly, Gospel und Blues aufwartet.
    "Ich bin Franzose, und die Typen aus Nashville machen viel besseren Country und Blues als ich. Von daher lebe ich meine Faszination für die Musik einfach ein bisschen anders aus. Eben weil es für mich keinen Sinn macht, es genau wie John Lee Hooker, Muddy Waters oder Howlin' Wolf anzugehen, die ihren Sound schon 1965 perfektioniert hatten. Und ich will auch nicht den Black Keys oder Jack White nacheifern. Insofern gehe ich das europäisch an. Sprich: Es ist Blues mit Synthesizern."
    Wobei die Songs nach Klassikern von Champion Jack Dupree oder Johnny Guitar Watson benannt sind. Und harte elektronische Beats von 80s-Helden wie Front 242 neben die metallischen Riffs der Cramps oder den Minimalismus des frühen Johnny Cash stellen. Eine Ikone, die Rebotini "seinen Meister" nennt und den legendären "Folsom Prison Blues" covert. Was nur noch von Texten übertroffen wird, in denen er es mit Karl May hält - und wüste Geschichten über Sümpfe, Teufel, Hillbilly-Schönheiten und Gesetzlose erträumt.
    "Ich war noch nie im Süden der USA. Insofern male ich mir diesen Teil der Welt durch alte Country-Platten aus - und durch Bilder, die mir der Blues liefert. Außerdem lese ich viel über seine Geschichte und wie sich Musiker untereinander ausgetauscht haben. Wenn du zum Beispiel Louisiana nimmst, dann wurde der französischen Cajun zuerst von den Indianern in den Sümpfen aufgegriffen und anschließend von der schwarzen Bevölkerung und den Krokodilen. Es waren arme Leute, die diesen Sound populär gemacht haben."
    Rebotini klingt nicht nur wie ein Musiklexikon, er ist es auch. In seiner Wohnung findet sich eine gigantische Schallplattensammlung, er gibt Seminare an Hoch- und Musikschulen und seine Frau Manuella schreibt wissenschaftliche Abhandlungen, die er lektoriert.
    "Sie ist eine Psychoanalytikerin. Und ihr jüngstes Buch heißt ‚Totem und Trommeln'. Es ist eine kurze Rock'n'Roll-Geschichte aus der Sicht eines Seelenklempners. Wobei das Ganze allein deshalb nicht besonders umfangreich ist, weil wir Bob Dylan nicht mögen. Sie erwähnt ihn mit keinem Wort."