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Antworten auf die großen Fragen in Popsongs

Wo sind all die Blumen hin? Kann denn Liebe Sünde sein? Und wer zum Teufel ist Alice? Wichtige Fragen aus berühmten Popsongs. Das Autorenduo Peternell & Peternel hat sie beantwortet.

Von Andi Hörmann |
    Der Musiker und Sänger Barry Gibb freut sich über die Enthüllung der Bee Gees-Statue in der australischen Stadt Redcliffe im Februar 2013.
    "How deep is your love?" - der Musiker und Sänger Barry Gibb von den Bee Gees mit Statuen seiner Band (dpa / picture alliance / AAP / Dave Hunt)
    Evelyn Peternel: "Den intellektuellen Überbau hat er ganz oft mitgebracht, ich habe oft den Witz mitgebracht."
    Er, das ist der Kulturarbeiter Andreas Peternell aus Graz. Sie, das ist die Politikjournalistin Evelyn Peternel aus Wien. Sie sind weder verwandt noch verschwägert. Zusammen haben sie ein Buch geschrieben: "Who the fuck is Alice?" Evelyn Peternel erklärt:
    "Unsere Idee war es, Fragen zu suchen, die einem tagtäglich aus dem Radio entgegen schmettern."
    "Was geht?" von Die Fantastischen Vier, "Kann denn Liebe Sünde sein?" von Zarah Leander, "Wann ist ein Mann ein Mann?" von Herbert Grönemeyer: Popsongs, in denen im Titel eine Frage steckt. Sie sind Stichwortgeber für Antworten aus diversen Medien-Resorts - Politik, Wirtschaft, Feuilleton. Die Autoren verpacken ihre Antworten in kleine Essays, leicht verdauliche Häppchen - sozusagen im besten Sinne unnützes Wissen. "Dinge, die man bei einer gepflegten Party-Konversation immer einwerfen kann und dabei wahnsinnig gut aussieht", sagt Evelyn Peternel.
    Wie tief ist die Liebe? - 6,90 Meter.
    "'How deep is your love?' ist eine der Fragen, die wir tatsächlich mit einem Zitat aus dem Popkontext beantworten konnten. 'How deep is your love?' ist ja eine Nummer, die von den Bee Gees gesungen worden ist, und von Take That neu interpretiert worden ist. Und da gibt es von Blumentopf eine recht gute Antwort drauf, nämlich 6,90 Meter. Blumentopf besingt nämlich ein Mädchen, dass sich aus dem Fenster stürzt, weil sie die Trennung von Take That nicht verkraftet. Und da wird dann dieses 'how deep' sehr konkret und sehr physisch."
    Die Pop-Elfe Björk singt von der zermürbenden Frage "Who is it?". Wer, ja wer ist der auserwählte Lebensabschnittspartner? Im Buch werden dazu die 14 Schutzheiligen des Christentums herbeizitiert. Um es mit Falco zu sagen: "Alles klar, Herr Kommissar?" Die Antwort ist ein kurzer Exkurs über international gültige Verständigungscodes. SOS. Noch Fragen?
    Baby, darf ich dich halten?
    Der musikaffine Leser stellt sich schon nach wenigen Seiten mit den New Yorker Post-Punk-Rockern Black Rebel Motorcycle Club die Frage "Whatever happend to my Rock 'n' Roll?" Ja, wo ist sie nur geblieben, die Musik in diesem Frage-und-Antwort-Spiel?
    "Es war uns schon ein Anliegen, nicht jede Antwort im Duktus der Frage zu geben. Das heißt, auf sehr romantische Lieder auch hier und da mal eine brachiale Antwort zu geben. Und die Tracy-Chapman-Nummer 'Baby Can I Hold You?' kann man auch simpel beantworten mit 22 Sekunden, so lange dauert nämlich die angebliche Frist, bis man an der Börse in New York wieder eine Aktie verkauft. Und die Antwort beschäftig sich mit der Frage, ob diese 22 Sekunden, die ganz oft zitiert werden, gerade in den letzten paar Jahren im Zuge der Berichterstattung über die Finanzkrise, ob die auch wirklich stimmen und wie schnelllebig auch die Medienwelt mit solchen Informationen umgeht."
    Der Musik-Nerd vermisst in diesem Buch bestimmt den Bezug zu den Songs. Und der Kultur-Nerd, er kommt mit wilden Assoziationspirouette auf seine Kosten. Pop und Ethik, hier gehen sie zusammen. Was ist richtig, was ist falsch? Was ist gut, was ist böse? Popmusik lebt von Fragen, vom infrage stellen und manchmal auch von der Antwort als Frage.
    Peternell & Peternel: "Who the fuck is Alice?"
    Rogner & Bernhard Verlag, Berlin. 200 Seiten. 19,95 Euro