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"Let’s fly to Europe"
Bürgerinitiative will Flugtickets an Flüchtlinge bringen

Wenn sich Flüchtlinge in kleinen Schlauchbooten auf den Weg nach Europa machen, riskieren sie damit ihr Leben. Oft haben sie aber keine andere Wahl. Die neue internationale Bürgerinitiative "Let's fly to Europe" will erreichen, dass Flüchtlinge zukünftig einfacher an Flugtickets kommen, um legal und ohne Risiko in die EU einzureisen.

Von Sabine Adler | 23.08.2016
    Boeing 737 (D-ATUQ) der Fluggesellschaft TUI Fly beim Start. Aufgenommen am 26.06.2015 am
    Flüchtlinge können sich in der Regel kein Flugticket kaufen, um aus ihrem Land zu fliehen. (picture alliance / dpa / Horst Galuschka)
    "Let’s fly to Europe" klingt fröhlich und unkompliziert, wie ein Slogan eines Reisebüros. Doch wie schwer ein Flug nach Europa zu bekommen ist für Bürgerkriegsflüchtlinge, für politisch Verfolgte, wissen Aktivisten der gleichnamigen neuen europäische Bürgerinitiative ganz genau. "Let’s fly to Europe" lautet ihr Name, unter dem sie sich gerade in Brüssel registrieren lassen haben. Zu den Gründern gehören Matheus Meinlschmidt und Markus Jaggo. Beide sind 24 Jahre alt, beide studieren in Tübingen Politik, beide sagen nicht, wo sie wohnen, aus Sicherheitsgründen. Matheus Meilschmidt:
    "Das würde ich vielleicht lieber nicht sagen, da wir einfach mit der Initiative nicht nur Freunde haben. Deswegen nicht so detailliert."
    Massensterben auf See beenden
    Aus sieben Ländern müssen die Aktivisten einer europäischen Bürgerinitiative kommen, damit die einen Antrag auf Anhörung im EU-Parlament stellen kann. "Lets fly to Europa" hat diese erste Hürde genommen, die meisten Sympathisanten hat sie derzeit in Griechenland, Italien und Spanien, aber auch in Deutschland melden sich Gleichgesinnte, die das Massensterben auf See beenden wollen, sagt Sprecher Markus Jaggo.
    "Wir haben uns die grundsätzliche Frage gestellt, wieso viele Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken. Und das war vor etwa einem Jahr. Und dann sind wir auf die EU-Richtlinie 201/51 gestoßen, die grundsätzlich dafür verantwortlich ist, dass Flüchtlinge gezwungen sind, an Bord von Schlauchbooten zu gehen und Schlepper zu bezahlen."
    Diese Richtlinie 2001/51 verbietet zwar niemandem aus einem Bürgerkriegsland ein Flugticket zu kaufen, doch keine Airline wird ihn befördern, wenn sie nicht auf immensen Kosten sitzenbleiben möchte.
    "Wenn der Asylantrag abgelehnt wird, muss das Flugunternehmen für die Unterkunft aufkommen, den Rücktransport organisieren oder finanzieren und wird noch mit einer Strafe belegt von mindestens 3000 Euro. Das kann hochgehen bis zu 50.000 Euro pro Flüchtling. Und aus diesem Grund verwehren die Flugunternehmen den Flüchtlingen den Weg nach Europa."
    Deswegen fordern sie die Abschaffung der Richtlinie 2001/51 oder deren Umwandlung, damit ihr Weg per Flugzeug oder Schiff legal und sicherer wird, sagt Markus Jaggo.
    Initiatoren fordern Abschaffung der Richtlinie 2001/51
    "Die Flüchtlinge sollen die Möglichkeit haben, ein ganz normales Flugticket zu kaufen, an Bord eines Flugzeugs zu steigen und dann wird in den Nationalstaaten das Asylverfahren geprüft."
    Dass damit Chaos an den Check-In-Schaltern oder Passkontrollen entstehen könnte, befürchten die Initiatoren nicht. Sie nehmen in Kauf, dass sich, wenn der Weg sicherer wird, noch mehr Menschen aufmachen könnten. Von Abschreckung hält Matheus Meinlschmidt gar nichts.
    "Ich finde Hürden auch nichts Positives. Weil wenn man bedenkt, dass knapp 3000 Menschen bereits 2016 im Mittelmeer ertrunken sind. Das heißt, jeder einzelne von denen, die da ertrunken sind, ist ein einzelner, der sich trotz dieser abschreckenden Hürden, die es zur Zeit gibt, auf den Weg gemacht hat. Und unsere Initiative fokussiert sich darauf, dass wir diesen Menschen einen sicheren und legalen Weg geben."
    Dass die Kapazitäten aufnehmender Staaten wie Deutschland erschöpft sein könnten oder aber an Flughafen neue Lager entstehen müssten, ist für die Initiatoren von "Let‘s fly to Europe" kein Hinderungsgrund. Markus Jaggo:
    "Also so gesehen ist es illegitim, wenn Staaten immer wieder Grenzen erhöhen vor Kriegsflüchtlingen und auch vor Menschen, die politisch verfolgt werden. Da besteht ein Rechtsanspruch darauf. Und natürlich, wir sind uns klar, dass es Probleme gibt, aber die gibt es auch in anderen Politikfeldern. Und wir als europäische Bürgerinitiative haben diesen Kernpunkt, dass wir sagen: Wir möchten, dass Flüchtlinge die Möglichkeit erhalten, legal einzureisen."
    Möglichkeit der legalen Einreise
    Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte räumt den Menschen aus Kriegsgebieten und für politisch Verfolgte zwar ein Recht auf Asyl ein, verpflichtet jedoch kein Land, es automatisch zu gewähren. Matheus Meinlschmidt und seine Mitstreiter suchen jetzt andere Organisationen und einzelne Bürger, das Anliegen zu unterstützen.
    "Das kann man online machen und dann, wenn wir die eine Million Unterschriften gesammelt haben, reichen wir die Daten an die entsprechenden Behörden weiter und die werden dann überprüft. Und wenn die dann bestätigt werden, haben wir die Möglichkeit, den Vertretern der europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament unsere Initiative vorzustellen."