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Das Kritikergespräch
Politik und Lyrik im Dialog

Volker Braun, schon zu DDR-Zeiten ein bedeutender Erzähler und Dichter, und der ungleich jüngere Buchhändler und Dichter Björn Kuhligk sondieren in ihren neuen Gedichtbänden das vielschichtige Verhältnis von Politik und Lyrik.

Hubert Winkels im Gespräch mit Meike Feßmann und Lothar Müller | 11.01.2017
    Volker Braun
    Volker Braun (dpa / picture alliance / Arno Burgi)
    Das Verhältnis von Politik und Lyrik hat viele Dimensionen und Schattierungen. Das propagandistische Gedicht, die parteiliche und die eingreifende Literatur haben ausgedient. Doch die politisch-historische Strahlung der Weltverhältnisse wird gleichwohl poetisch gemessen.
    So von Volker Braun, schon zu DDR-Zeiten ein bedeutender Erzähler und Dichter, der historische Tiefensondierung an bestimmten, auch sprachlichen Phänomenen, vornimmt. Mit wenigen lakonischen Sätzen erinnert er an die Last der Geschichte auf den Körpern der Gegenwart. Mit fatalistischer Einschlag, aber nicht ohne Heiterkeit. "Handbibliothek der Unbehausten" heißen seine "Neuen Gedichte".
    Der ungleich jüngere Buchhändler und Dichter Björn Kuhligk hingegen hat in seinem neuen Band "Die Sprachen von Gibraltar" eine ganz konkrete Sondierung vorgenommen und das europäische Auffanglager für Flüchtlinge im marokkanischen Melilla besucht, um mit seinen sprachlichen Mitteln infrage zu stellen, was man zu wissen oder erkennen zu können glaubt. Wie konstituiert sich persönliche und öffentliche Wahrheit im Sprachbildungsprozess, ist eine seiner die Wahrnehmung begleitenden leitenden Fragen.
    Volker Braun: "Handbibliothek der Unbehausten - Neue Gedichte"
    Suhrkamp, Berlin 2016. 109 Seiten, 20 Euro
    Björn Kuhligk: "Die Sprache von Gibraltar. Gedichte"
    Hanser, Berlin 2016, 88 Seiten, 16 Euro