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Das lange Sterben des Hochschulrahmengesetzes

Das Hochschulrahmengesetz hat unter Wissenschaftlern nicht viele Freunde, und im Bundesbildungsministerium auch nicht. Hausherrin Annette Schavan wollte das Gesetz vor zwei Jahren schon abschaffen. Als Termin dafür war der 1. Oktober 2008 vorgesehen, dann wurde das Datum auf den 1. April diesen Jahres verschoben. Aber auch eine Woche danach ist das Gesetz immer noch in Kraft.

Von Esther Körfgen | 08.04.2009
    Es gleicht ein bisschen einer alten Burgruine, dieses Gesetz: alt, löchrig, eigentlich nur noch ein Torso, aber sämtlichen Anstürmen trotzend. Seit 33 Jahren gibt es das Hochschulrahmengesetz (PDF), und es schreibt den Ländern vor, wie sie ihre Hochschulangelegenheiten zu regeln haben. Die Zulassung ihrer Studierenden etwa, die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter, ihre Organisation und Verwaltung und auch ihre Abschlüsse. Viele Bundesländer und Hochschulen aber wollten diese Dinge lieber für sich regeln und stritten darum mit dem Bund - weshalb der vor drei Jahren einknickte und in einer großen Föderalismusreform viele seiner Zuständigkeiten an die Länder abtrat. Tiziana Zugaro, Pressesprecherin des Bundesbildungsministeriums:

    "Dann hatte man beschlossen, dass die Bildungskompetenzen der Länder deutlich ausgeweitet werden sollen, und dann war natürlich auch eine Überlegung, man kann dann auch konsequent Kompetenzen vollständig an die Länder geben, was die Hochschulen betrifft. Das war die Motivation damals."

    Tiziana Zugaro erinnert sich: Ministerin Annette Schavan wollte vor allem mehr Freiheit und Autonomie für die Hochschulen. Und reichte 2007 einen Gesetz-Entwurf zur Abschaffung des Rahmengesetzes in den Bundestag ein bzw. in den zuständigen Ausschuss für Bildung und Forschung. Und da ist er bislang nicht wieder rausgekommen. Was unter anderem an Swen Schulz liegt. Er sitzt für die SPD im Ausschuss. Und ringt noch mit den Koalitionspartnern um Änderungen.

    "Wir möchten schon ein Mindestmaß an vernünftiger Regelung bundesweiten Hochschulwesens organisieren. Und dazu braucht es eine bundesgesetzliche Grundlage, vor allen Dingen was die Frage Zulassung zum Studium betrifft und die Abschlüsse. Und deswegen haben wir gesagt, es wird das HRG nicht abgeschafft, bevor nicht auf der anderen Seite ein neues Bundeshochschulgesetz geschaffen wird."

    Der Politiker spricht das Chaos an, das es an vielen Hochschulen gibt, weil sich die Studierenden an mehreren Hochschulen gleichzeitig bewerben, um die Chancen ihrer Aufnahme zu erhöhen. Die Hochschulen können gar nicht so schnell durchblicken, wer jetzt tatsächlich auf welchen Studienplatz kommt, so dass am Ende viele Plätze frei bleiben. Auch im Bundesbildungsministerium hat man dieses Problem erkannt. Aber, so Zugaro:

    "Unserer Meinung nach ist da nicht unbedingt ein Bundesgesetz nötig. Man hat jetzt gesehen, in den Verhandlungen haben sich die Länder und die Hochschulrektoren geeinigt bzw. signalisiert, dass man jetzt zu einem einheitlichen Verfahren der Studienplatzvergabe kommen möchte, dass man eben ein funktionierendes, onlinebasiertes Verfahren einführt, um diese Probleme zu beseitigen."

    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, kurz GEW, hat trotzdem Zweifel. Auch in anderen Belangen habe sich gezeigt, dass sich die Länder nicht auf bestimmte einheitliche Grundsätze einigen können, sagt Andreas Keller, und prophezeit, dass es ohne ein Rahmengesetz in Deutschland bald so viele Hochschulsysteme gebe wie Länder.

    "Denken wir etwa daran, dass es in 16 Ländern 16 verschiedene Personalstrukturen gäbe. Manche Länder führen Lectorer, das sind neue Personalkategorien in der Lehre ein, manche nicht, in manchen Ländern gibt es eine Habilitation, in anderen eine Juniorprofessur, da wird es schwierig für Angehörige des wissenschaftlichen Nachwuchses, von einem Land ins andere zu wechseln."

    Das Wechseln von einem Ort zum anderen müsste auch noch für andere geklärt werden: für Hochschulbewerber ohne Abitur etwa, oder für Studierende, deren Bachelor-Abschluss nicht überall gleich anerkannt wird. Es gibt also noch einiges zu besprechen. Tiziana Zugaro vom Bundesbildungsministerium meint:

    "Unterm Strich ist dieser Gesetzesentwurf zur Aufhebung des HRG noch in der Abstimmung. Und es ist eher fraglich, ob er noch in dieser Legislaturperiode, ob es da noch zu einem Abschluss kommen wird."