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Datenerhebung in Baden-Württemberg
Besser promovieren

Die Situation von Doktoranden ist so gut wie nicht erforscht. Wie lange dauert eine Promotionsarbeit im Schnitt? Wie hoch ist die Abbrecher-Quote? In Baden-Württemberg sollen alle Promotionsdaten zentral erfasst werden. Das Ziel: Die Rahmenbedingungen für Doktorarbeiten sollen auf der Basis dieser Erhebung erheblich verbessert werden.

Von Thomas Wagner | 30.08.2016
    Luftaufnahme der Universität in Konstanz
    Die Universität Konstanz hat bereits eine eigene Studie über die Situation von Doktoranden an der Uni verfasst. (picture-alliance/ dpa - Patrick Seeger)
    Die Wissenschaftsministerin will es wissen:
    "Wer promoviert? Die wichtigsten persönlichen Angaben, Männlein, Weiblein? Welchen Hochschulabschluss gibt es? Um welches Fach geht es? Was ist das Thema der Promotion? Mit wem ist die Betreuungsvereinbarung geschlossen?"
    Die Grünen-Politikerin Theresia Bauer steht mehr als fünf Jahren dem baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst vor. Ihre Leidenschaft, im Gleichklang mit allen Hochschulen im Land: Daten sammeln rund um diejenigen, die an ihrer Promotion arbeiten oder bereits promoviert sind. Dahinter steckt allerdings keine neue Form von Datensammelwut, sondern vielmehr die Erkenntnis: Die Doktorandin, der Doktorand an sich ist ein bislang ein höchst unbekanntes Wesen, über das so gut wie nichts bekannt ist.
    Die Rahmenbedingungen für eine Promotion sollen verbessert werden
    "Bislang war es ja so, dass die Universität selbst gar nicht wusste, wer promoviert, weil die systematische Erfassung erst stattgefunden hat zum Zeitpunkt der Abgabe der Promotion."
    Und das sei, meint die baden-württembergische Wissenschaftsministerin, viel zu spät, wenn es beispielsweise darum geht, die Rahmenbedingungen für eine Promotion zu verbessern. Das soll sich nun ändern: Im Einklang mit der Landesrektorenkonferenz werden Daten über Promovierende schon sehr viel früher als bisher erhoben werden – nämlich mit Beginn der Doktorarbeit, so Theresia Bauer:
    "Jetzt haben wir eine neue Verbindlichkeit hergestellt: Für zwischen dem, der die Promotion betreut, und dem Betreuer gibt es eine Betreuungsvereinbarung. Und das ist der Startpunkt für die Erfassung von Daten. Wir erfahren damit etwas über Abbrecherquoten und erfolgreiche Vorhaben. Wir erfahren etwas darüber, wie lange es dauert, bis ein Betreuer so eine Promotion begutachtet hat und Rückmeldung gibt, um jetzt mal ein paar Beispiele zu nennen."
    Auf der Basis dieses Datenmaterials sollen sich zukünftige Doktoranden besser über das informieren können, was auf sie zukommt. Alexandra Simtion hat gerade ihre Promotion in Medienwissenschaften an der Universität Stuttgart-Hohenheim abgeschlossen – und kann sich noch gut an den Auftakt ihrer Arbeit erinnern:
    "Man ist am Anfang der Promotion überfordert mit den Möglichkeiten, die es gibt: Promoviere ich nur am Lehrstuhl? Promoviere ich von außerhalb? Habe ich ein Stipendium? Habe ich ein Projekt? Und diese Sachen, also dazu könnte man schon ein wenig mehr Informationen zur Verfügung stellen, weil man, wenn man das Studium fertig hat, schon ein wenig überfordert ist mit Ich promovier' jetzt mal. Also da wäre es sicherlich sinnvoll, wenn man jetzt Daten sammelt darüber: Was klappt? Und was klappt nicht so gut?"
    Bei der Individualpromotion könnte der Kontakt besser sein
    Genau dies ist das Ziel der jüngsten Datenerhebung an den Hochschulen in Baden-Württemberg. Die Universität Konstanz ist dem bereits zuvorgekommen – mit einer eigenen Studie über die Situation von Doktoranden an der Uni. Wichtigstes Ergebnis:
    "79 Prozent der Promovierenden geben an, dass sie mit ihrer Situation zufrieden sind."
    Zitiert Michaela Pottast, Leiterin der Stabestelle Controlling der Universität Konstanz, aus dem Papier. Weitere Einzelheiten: Nur fünf Prozent der Ex-Doktoranden haben eineinhalb Jahre nach ihrer Promotion noch keinen Job. Und mehr als 90 Prozent zeigen sich zufrieden darüber, selbstständig arbeiten zu können. Allerdings:
    "Kritik kommt in erster Linie dann zutage beim Thema Individual-Promotion, wo die Promovierenden manchmal den Kontakt zu ihren Doktorvätern und Doktormüttern vermissen."
    Das heißt: Außerhalb von speziellen Doktorandenprogrammen mit promotionsbegleitenden Seminaren könnte bei der Individualpromotion der Kontakt zwischen Doktoranden und Betreuern häufig besser sein.
    "Der Datenschutz ist uns wichtig"
    Kritik kommt in der Konstanzer Erhebung auch zur Finanzierung der Promotion auf,
    "….wo sich die Promovierenden eine längere Vertragsdauer ihrer Beschäftigungsverhältnisse beispielsweise wünschen."
    Solche Daten seien auch auf Landesebene nötig, um die Promotionsbedingungen zu verbessern…
    "…weil es wichtig, dass diese Phase der Promotion, der erste Schritt in eine eigene Forschungsarbeit, von hoher Qualität geprägt ist. Wir wollen da motivieren. Wir möchten eine gute Betreuungssituation herstellen. Denn da wächst eine neue Wissenschaftsgeneration heran."
    So die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Auf eines legt sie allerdings großen Wert:
    "Der Datenschutz ist uns wichtig. Wir wollen anonymisierte Daten zur weiteren Verarbeitung generieren. Das ist vollkommen naheliegend, dass wir da auf die höchsten Standards auch im Datenschutz Wert legen."