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Dem Methan auf der Spur

Das Forschungsschiff "Polarstern" kreuzt vor Spitzbergen. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts für Polarforschung sind der Entstehung von Methan auf der Spur, dem nach Kohlendioxid bedeutendsten Treibhausgas. Bakterien produzieren das Gas beim Abbau organischer Stoffe. Aber auch das Wasser des Storfjords östlich von Spitzbergen ist eine regelrechte Methan-Küche.

Von Jens Wellhöner | 30.09.2005
    Der Anteil des Treibhausgases im Wasser übertrifft hier den Wert in der Luft bei weitem. Chemikerin Ellen Damm:

    " Wir haben im Storfjord das Zehnfache dieses Wertes gemessen. Was im Oberflächenwasser sein Maximum hat und zum Boden hin wieder abnimmt. Wir haben diese Produktion. Wo sie herkommt: Die Antwort muss ich leider schuldig bleiben. Denn das ist der Gegenstand unserer zukünftigen Forschung."

    Ellen Damm hat aber eine Vermutung: Einzeller, so genannte Archaen, produzieren wahrscheinlich das Methan. Wie, das kann sie noch nicht sagen. Die Messergebnisse sind dafür noch zu frisch. Auf jeden Fall werden die Forscher in Zukunft die neu entdeckten Methanvorkommen berücksichtigen müssen, bei der Errechnung neuer Klimamodelle.

    Auf ihrer Expedition fuhr die Polarstern auch durch die Framstraße, einen Meeresarm zwischen Spitzbergen und Grönland. Hier ist das Wasser eisfrei: Gute Bedingungen für die Forschung. Die Wissenschaftler haben hier im Wasser Messsonden installiert, die sie jedes Jahr austauschen. Gerade holen sie eine von ihnen an Bord. Ozeanographin Ursula Schauer:

    " Eine Leine mit einem Luftballon sozusagen, die unten befestigt werden muss mit einem Grundgewicht. Dafür nehmen wir in der Regel Eisenbahnräder von der Deutschen Bahn. Und in diese Leine können wir dann Messinstrumente einbauen, in Tiefen, die wir für richtig halten. "

    Gemessen wird in der Framstraße schon seit Jahrzehnten. Aber seit 1997 messen die Forscher hier jetzt das ganze Jahr über Salzgehalt, Strömung und Temperatur des Wassers. Über die Framstraße läuft fast der gesamte Wasseraustausch zwischen der Arktis und den Weltozeanen ab: Damit ist sie eine entscheidende Stelle für das Klima in der Polarregion. Auch der nördlichste Ausläufer des Golfstroms fließt hier durch. Die Wissenschaftler werten ihre Daten jetzt aus. Ihre Sonden haben Ende der 90er Jahre ein bisher unbekanntes Phänomen aufgezeichnet. Ursula Schauer:

    " Jetzt haben wir über das ganze Jahr Messungen, können Jahresmittelwerte bilden und haben festgestellt, dass es einen starken Einstrom von warmem Wasser gab. Das im Vergleich zu den Vorjahren doppelt so viel Wärme über den Ausläufer des Golfstroms, den West-Spitzbergen-Strom, ins Nordpolarmeer einbrachte."

    Das warme Wasser kommt aus der Region vor Norwegen. Hier beobachten die Forscher schon seit Jahren einen stetigen Temperaturanstieg. Ursache ist höchstwahrscheinlich der weltweite Klimawandel. Das warme Wasser strömt langsam nach Norden, durch die Framstraße in die Arktis.

    " Wir haben vermutet, dass es durch diesen starken Wärmepuls Ende des Jahrhunderts zu einer Erwärmung kommen wird. Und tatsächlich haben amerikanische Kollegen innerhalb der Arktis festgestellt, dass der Puls, den wir in der Framstraße haben, sich nach 5 Jahren weiter in die Arktis fortgepflanzt hat und dort ankommt."

    Durch die Erwärmung der Atmosphäre über der Arktis schmilzt das bisher so ewige Eis ab. Das ist sicher. Ob das zusätzliche warme Wasser aus dem Süden diesen Effekt verstärkt, ist aber noch nicht klar. Ursula Schauer:

    " Man kann jetzt nicht schlussfolgern, dass diese Wärme zur Verfügung steht, um das Meereis auf zu schmelzen, von unten. Dazu muss man die Mechanismen, die dazu nötig sind, noch genauer untersuchen."

    Und das werden die Forscher in zwei Jahren intensiv erforschen, durch mehrere internationale Expeditionen in die Arktis und die Framstraße.