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Der Ablauf einer Währungsumstellung

Was wäre, wenn die Griechen sich nach der Wahl nächsten Sonntag für einen Austritt aus der Währungsunion entscheiden? Banken beschäftigt inzwischen ganz konkret die Frage, was passiert, wenn das Land seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt. Wie eine Währungsreform abläuft, zeigt die Umstellung von Ost-Mark auf D-Mark.

Von Felix Lincke | 14.06.2012
    Beim Thema "Währungsreform" gilt Deutschland als Erfolgsmodell. Drei Jahre musste das Land nach 1945 auf die D-Mark warten. Chaotische Währungsverhältnisse erschwerten den Wiederaufbau, die Besatzungsmächte waren uneins über das Vorgehen. 1947 wurde in den USA das neue Geld bereits gedruckt. Am 18. Juni 1948 verkündeten Sprecher der Alliierten Streitkräfte die Durchführung der Währungsreform:

    "Das alte Geld, die Reichsmark, die Rentenmark und die alliierte Militärmark, ist vom 21. Juni ab ungültig. Als erste Maßnahmen erhält jeder Einwohner der Westzone eine bestimmte Summe der neuen Deutschen Mark."

    Neben 40 Mark Kopfgeld wurden über Nacht Löhne, Gehälter und Mieten eins zu eins umgewertet, Sparguthaben aber nur mit zehn zu eins, was Besitzer von Sachwerten begünstigte. Anders als Deutschland die Reichsmark, könnte Griechenland den Euro weder wirksam einziehen noch für ungültig erklären. Für Importe und Devisengeschäfte würden die Griechen den Euro weiter dringend benötigen - und zur Begleichung ihrer Staatsschulden. Vielleicht würde es ähnlich laufen wie in der DDR, wo die D-Mark zur Parallelwährung wurde zur Ost-Mark, oder in vielen europäischen Ländern, wo der Euro inoffizielles Zahlungsmittel ist. Die Ostdeutschen waren erst zufrieden, als sie 1990 die D- Mark hatten:

    " Also ich werde auf jeden Fall mein Geld behalten, ja."
    "Und Sie?"
    "Auf den Kopp hauen für alle möglichen Sachen: Lederjacken, Videorekorder, Dönerkebab und so weiter."
    "Ja, 1300 Mark damit fahr ich erst mal am Montag nach Bayern. Eine Umweltkarte kauf ich mir, um mir West-Berlin anzusehen. Erst mal verreisen: Griechenland, das ist mein Traumland, nach Griechenland verreisen. Ja, nun kann ich es mir erfüllen."

    Je höher die Erwartungen sind, welche die Menschen mit der neuen Währung verbinden, umso besser funktioniert sie. Umgekehrt ist es kaum denkbar, dass die Griechen ihre Euros freiwillig in neue Drachmen tauschen, von denen heute schon feststeht, dass sie viel weniger wert wären.

    Die griechische Nationalbank selbst schätzt den möglichen Kaufkraftverlust in nur einem Jahr auf 65 Prozent. Einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit, den gab es auch 1948 in Deutschland, aber keine Hyperinflation.

    Auch hier zeigt sich das Problem der Griechen: Normalerweise macht man eine Währungsreform, um eine Phase der hohen Inflation erfolgreich zu beenden, nicht um damit Inflation erst zu schaffen, die es im Euro bisher nicht gab. Der Fall ist ziemlich einzigartig, eine Reform, mit der man eine gute gegen eine schlechte Währung tauscht, ist theoretisch vielleicht denkbar, aber praktisch nicht sinnvoll. Für Griechenland kann das kein schneller Ausweg sein. Schon das Drucken neuer Banknoten dauert Experten zufolge mindestens ein halbes Jahr, die notwendigen Vorarbeiten nicht mitgerechnet. Beim Euro dauerte es sogar drei Jahre von der Buchgeld- bis zur minutiös geplanten Bargeldeinführung. Finanzminister Hans Eichel tauschte als erster 200,- Mark in Euro-Scheine und Münzen:

    "Es ist auch ein Programm für Wohlstand. Der Euro ist ein Bestandteil dieses Programms für mehr Wohlstand in Europa."

    Bei der Euroeinführung handelte es sich gerade nicht um eine Währungsreform; denn die Umtauschkurse der alten Währungen wurden lange vorher schon festgelegt, wobei Stabilität an erster Stelle stand. Griechenland kann wählen, ob es an dieser Stabilität teilhaben will, die auch ihren Preis hat. Ob der andere Weg auch zu Wohlstand führt, ist mehr als ungewiss.

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