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Der Countdown läuft

Das Thema weckt Phantasien: Geldtransporte bahnen sich im Stundentakt ihren Weg durch nächtliche Fußgängerzonen, Nebel liegt über der Szene, Militär sichert die Wege ab, Panzerknacker lauern hinter jeder Hausecke. Selten gab es so viel zu holen , in so kurzer Zeit.

Ursula Welter | 17.12.2000
    Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden meldet: Von September 2001 bis Frühjahr 2002 wird die Zahl der Überfälle und Eigentumsdelikte zunehmen !

    Überraschend ist diese Prognose nicht: Immerhin werden von Herbst 2001 bis Frühjahr 2002 europaweit 14,5 Milliarden Banknoten und 50,1 Milliarden Münzen ausgeteilt.

    Der EURO hält Einzug. Allein in Deutschland sind zweieinhalb Milliarden Banknoten und fünfzehneinhalb Milliarden Münzen in Umlauf zu bringen. Die Münzen wiegen mehr als 71tausend Tonnen. Der Wert all dessen, was da Banken, Handel und schließlich auch das Portemonnaie des Verbrauchers erreichen soll, beträgt 120 Milliarden Euro. Ganz zu schweigen von dem, was zurückfließt zu den Notenbanken : All die D-Mark-Münzen und -Scheine, die dann ausgedient haben.

    Der Bargeldaustausch markiert die letzte Phase des sogenannten Maastrichter Prozesses. Längst ist der EURO die Währung der meisten Europäer. Nur in der Hand halten konnten sie ihn noch nicht. Hierfür ist der Stichtag der 1.Januar 2002.

    Aber ganz so eindeutig wie es zunächst klingt, stellt sich die Terminlage nicht dar. Jedes Land kann die Umstellungsphase auf seine Weise gestalten. Deutschland hat sich für ein sogenanntes "modifiziertes Stichtagsmodell" entschieden. Das bedeutet:

    Juristisch gesehen endet die Ära der Mark am ersten Januar 2002. Sie verliert an diesem Tag, einem Dienstag, ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel. Dennoch, und das ist mit "modifizierter Stichtag" gemeint, kann noch für eine Weile mit Mark gezahlt werden: An Automaten, weil nicht alle Geräte über Nacht abgeschraubt oder ausgetauscht werden können, und im Einzelhandel. Bis zum 28. Februar 2002 werden Mark und Pfennig also noch als Zahlungsmittel akzeptiert, danach ist endgültig Schluss.

    Die Bundesbank rechnet sogar damit, daß dieser Zeitraum nicht komplett ausgenutzt werden wird. Denn ob die Verbraucher nun wollen oder nicht - ganz allmählich wird dafür gesorgt werden, daß der Markt für die Mark austrocknet. Wer im Supermarkt und selbst am Automaten mit der guten alten Mark bezahlt, soll glänzende neue Euro-Stücke oder Scheine als Wechselgeld erhalten. Die Währungshüter gehen deshalb davon aus, daß schon 14 Tage nach dem 1. Januar 2002 kaum noch eine Mark in Umlauf sein wird.

    Das neue Geld rückt dem alten Geld aber schon deutlich vor diesem Stichtag 1.1. 2002 auf die Pelle. Kreditwirtschaft, Handel, Notenbanken, Automatenindustrie und alle Branchen, die es sonst noch angeht, haben in langen Verhandlungen eine Strategie für die Bargeldumstellung ausgearbeitet. Die Vorarbeiten sind weitgehend abgeschlossen, alle Segel sind gehißt. Das Konzept zur Einführung des EURO strotzt zwar nur so von angelsächsischen Begriffen, ist aber in seiner Absicht recht eindeutig:

    So beginnt am ersten September 2001 die sogenannte "Frontloading-Phase". Frontloading bedeutet die Versorgung der Kreditwirtschaft mit dem neuen Bargeld. Die Banken und Sparkassen ihrerseits sollen dann die nächste Ebene ausstatten , durch das sogenannte "Sub-Frontloading" . Damit ist gemeint: Sie sollen Teile der Bargeldbestände möglichst frühzeitig an ihre Geschäftskunden weiterreichen . Erstens, weil die Kreditinstitute daran interessiert sind, die Last des Lagerns nicht allein zu tragen - immerhin sind Kisten neuen Geldes zu verstauen, solange das alte noch im Umlauf ist. Zweitens, weil die Transportbranche mit rund 2000 gepanzerten Fahrzeugen die Wünsche ihrer Kunden nicht alle auf einmal erfüllen kann. "Frontloading" und "Sub-Frontloading" sind also dazu gedacht, die heiße Phase der Umstellung von Mark auf Euro zeitlich zu entzerren.

    In Umlauf gebracht werden darf das Geld freilich in dieser Zeit des sogenannten Frontloading , also von September bis Dezember 2001, noch nicht. Dafür haften die Finanzinstitute. Deshalb wird das Bargeld zunächst auch nur an Geschäfts- nicht an Privatkunden ausgegeben. Es wäre sonst kaum zu gewährleisten, dass nicht doch schon hie und da neues Geld in Umlauf geriete. Für die Verbraucher halten die Finanzinstitute dann ab 17. Dezember ein sogenanntes "Starter Kit" bereit. Wer also heute in genau einem Jahr zu seiner Bank geht und zwanzig Mark zahlt, erhält dafür ein Kistchen mit Euro-Münzen im Wert von 10 Euro und 23 Cent.

    Bezahlen darf man auch damit erst nach dem Jahreswechsel. Die Pakete sind als Grundausstattung gedacht, auf dass es in puncto Kleingeld in den ersten Tagen des neuen Jahres keine Engpässe gebe - daran ist vor allem dem Einzelhandel gelegen. Und schließlich dient diese Euro-Erstausstattung für die Bürger auch zum Aneinandergewöhnen, zum Fühlen und Betrachten der neuen Münzen. Scheine finden sich in den Kästchen, den "Starter Kits" nicht, auch dies ist dem Bemühen der Währungshüter geschuldet, dass kein EURO vor dem gesetzlichen Stichtag in Umlauf geraten darf.

    Ob die Bürger freilich neugierig genug sind auf das neue Geld und sich schon vierzehn Tage vor dem Stichtag von 20 Mark trennen, um EURO dafür zu erhalten, ist ungewiß.

    Die Bundesbank setzt auf diese Akzeptanz und hofft, daß sich die Verbraucher nach dem 1.1.2002 so verhalten, wie gewohnt. Edgar Meister, Mitglied im Direktorium der Deutschen Bundesbank:

    "Der Bürger kann am besten dazu beitragen, indem er sich so verhält, wie er sich immer verhält: Einkaufen geht und beim Bäcker eben mit fünf oder zehn Mark zahlt und er kriegt dann das Kleingeld in Euro zurück. Also: möglichst seine Gewohnheiten nicht ändern."

    Dieses neue Kleingeld unterscheidet sich nicht wesentlich von dem alten: So wie den Pfennig wird es auch die Cent-Münzen im Nennwert von einem, zwei, fünf, zehn und fünfzig geben. Neu ist, dass es außerdem eine zwanzig-Cent-Münze geben wird - eine Größeneinheit, die zu DDR- Zeiten als Telefonmünze benutzt wurde, ansonsten aber in unseren Breiten unbekannt ist. Neu ist auch, daß die Ein - und Zwei-Euro-Münzen, die es geben wird, bimetallisch, also zweifarbig geprägt sind. Franzosen, Dänen aber auch Spanier kennen das, für deutsche Portemonnaies ist das ein Novum.

    Eine europäische Spezialität in puncto Kleingeld ist, dass jedes Land nationale Symbole auf die Rückseiten der ansonsten einheitlichen Geldstücke prägen durfte. Die Regierungen hatten gehofft, als sie dies einst auf einem Gipfel in Dublin so entschieden, dass sie den Bürgern damit die Umstellung erleichtern könnten. Die Scheine hingegen werden überall gleich aussehen, vorne wie hinten. Sie stückeln sich von 5, 10, 20 über 50, 100, 200 bis 500. Sieben Sorten Scheine und acht Münzen also wird es geben.

    Und niemand ist den Umgang mit dem neuen Geld gewohnt. Eine Sternstunde für Fälscher. Bei der Europäischen Zentralbank ist man allein schon aus diesem Grund auf der Hut. Hinzu kommt, daß die Scheine und Münzen in unterschiedlichen Prägeanstalten und Druckereien Europas gefertigt werden. Schon kleinste Abweichungen in der Qualität aber können der Falschgeldbranche Tür und Tor öffnen. Am Rande einer Konferenz des Handelsblattes in Kooperation mit der Euroforum GmbH sagte Armin Greif von der Europäischen Zentralbank:

    "Jedes Land produziert seinen nationalen Bedarf, insgesamt sind 16 Produktionsstätten involviert, eine in jedem Land, als Daumenregeln, fünf in Deutschland und keine in Luxemburg,..., und da ist die EZB unabhängig von der Münzhoheit, die ja bei den Mitgliedstaaten liegt, vom ECOFIN-Rat beauftragt worden als unabhängiger Überwacher der Qualität zu fungieren, das heißt die Münzen werden auch bei uns untersucht, die werden zur EZB geschickt, werden da ausgewertet, technischerseits - aber auch da haben wir die Möglichkeit, dass wir - und das wird auch so gemacht - vor Ort die Qualität durch Inspektionen überwachen."

    Die Automatenindustrie ist auf präzise Vorgaben angewiesen, aber auch die Hersteller von Geldzähl- und Prüfsystemen. So muss die Berliner Firma INKIESS beispielsweise, um ihre Produktpalette Euro-tauglich machen zu können, rund sechzig Werkzeuge anpassen. Das wiederum kann nur funktionieren, wenn der fragliche Gegenstand, also die Münzen, zu Testzwecken verfügbar sind. Ute Tuscher, Prokuristin des Unternehmens:

    "Wir haben lange Zeit darauf gewartet, Münzen testen zu dürfen, das hat sehr lange gedauert. Wir haben lange nur Maße gehabt und man nimmt landläufig an, dass die Maße, die auf dem Papier stehen auch stimmen. Aber wir haben allein in Deutschland fünf Prägestätten und in ganz Europa fast in jedem Land eine und da gibt es Prägedifferenzen rein bei der Fabrikation.."

    Maße, Qualität. Das steht auch für die Automatenindustrie an der Spitze der Prioritätenliste. Die Branche rechnet damit, dass die Umstellung sie mehr als 500 Millionen Euro kosten wird, zwei Millionen Geräte sind auf- und umzurüsten oder komplett auszutauschen. In keinem anderen europäischen Land wird so viel an Spielautomaten gezockt oder an Zigaretten- und Getränkeautomaten konsumiert wie in Deutschland.

    Bereits seit Anfang 2000 werden Automaten ausgeliefert, deren Software intelligent genug für die historische Umstellung auf den EURO ist. Diese Geräte sind in der Lage, eine gewisse Zeit lang Mark und EURO parallel anzunehmen , um dann - wenn ein bestimmter Schwellenwert überschritten ist - ganz auf Euro umzustellen. In diesen Fällen muss der Automatenbetreiber zum Stichtag 1.1.2002 also nur noch die Preisschilder austauschen.

    Komplizierter ist die Lage bei Geräten, die , weil sie noch nicht alt genug sind für einen kompletten Austausch, umgerüstet werden müssen. In diesen Fällen ist die Steuerung neu zu programmieren, sagt Sven Tobben, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Verbandes der deutschen Automatenindustrie. Die Branche will sich mit Studenten und andere Aushilfskräften, die nicht an einem festen Arbeitsplatz interessiert sind, behelfen.

    Die größten Schwierigkeiten aber hat die Branche schon einen Schritt früher: Sie ist schon jetzt auf Münzen und Scheine zu Testzwecken angewiesen. Denn die Systeme können nur durch permanentes Durchlaufen des Bargeldes an die Merkmale "gewöhnt" und darauf programmiert werden. Die Testzentren der Zentralbanken sind da nur eine gewisse Hilfe, die Automatenindustrie setzt deshalb darauf, dass sie über das ganze Jahr 2001 hinweg genügend Münzen und Scheine für den Probelauf erhält. Und natürlich muss die Qualität des Geldes , gleich wo in Europa es produziert wird, einheitlich sein - und bleiben !:

    Tobben: "Jede Variationsbreite, jede Ausuferung von Toleranzen führt dazu, dass die Messfenster erweitert werden müssen, je weiter die Messfenster werden, je größer ist natürlich die Chance, dass irgendein pfiffiger Fälscher eine Methode findet, ein Objekt zu entwickeln, das genau in dieses Fenster passt und das wäre das Schlimmste, was uns erwarten könnte."

    Die Automatenbetreiber müssen die Umstellung der Geräte bis zum 28. Februar 2002 spätestens abgeschlossen haben. Nur bis zu diesem Tag toleriert der Gesetzgeber noch die Mark als Zahlungsmittel. Weil nun aber nicht nur die Bundesbank davon ausgeht, dass der Markt für die Mark schon früher ausgetrocknet sein wird, ist Eile geboten - andernfalls drohen, so warnt der zuständige Verband, den Automatenbetreibern massive Absatz-, Umsatz- und Gewinnverluste.

    Tobben: "Wer da nicht zeitig und nicht mit der größten Sorgfalt rangegangen ist, der wird nach dem Gorbatschow-Spruch "wer zu spät kommt, den bestraft der Euro" bestraft. Und ich glaube schon, dass es einige Unternehmen geben wird, die einen Preis dafür zahlen müssen, dass sie mit zu großer Sorglosigkeit an das Thema herangegangen sind."

    Mit Engpässen rechnen auch die Transportunternehmen. Einerseits ist die Auslieferung des neuen Geldes durch das Konzept der Notenbanken und Verbände zeitlich entzerrt worden. Dadurch, daß die Kreditwirtschaft schon ab 1. September 2001 das neue Geld erhält und es peu à peu an ihre Geschäftskunden weitergeben kann. Allerdings ist nicht jede Filiale in der Lage, das neue Geld zu lagern, zumal das alte Geld noch in den Tresoren ist. Zudem wissen die Sparkassen und Banken nicht, ob denn ihre Geschäftskunden ihnen das Bargeld tatsächlich schon frühzeitig abnehmen werden - denn auch die scheuen hohe Lagerkosten und das zusätzliche Sicherheitsrisiko.

    Für die Transportunternehmen bedeutet das, dass sie ihre Fahrzeuge noch nicht recht disponieren können und auch nicht präzise wissen, welches zusätzliche Personal benötigt wird. Michael Mewes von der "GTG Geld- und Werttransportgesellschaft", Kassel:

    "Das Problem ist derzeit, dass die Daten von unseren Auftraggebern noch immer nicht so vorliegen, dass sie verwertbar in eine Planung einfließen könnten. Insofern können wir heute nur sehr ungenaue Schätzungen machen und auf Basis dieser Schätzungen arbeiten, aber wir gehen mal davon aus, dass runde 1o Prozent mehr Personal bei uns benötigt werden, das würde bedeuten bei der jetzigen Personalstärke von 1.200 Leuten, dass wir etwa 120 Mitarbeiter mehr benötigen."

    Die Banken und Sparkassen wollen in der heißen Phase des Bargeldaustausches auf bewährte Mitarbeiter setzen - sie wollen Rentner aus dem Ruhestand, Frauen und Männer aus dem Erziehungsurlaub zurückholen. Die Automatenindustrie setzt auf Studenten und andere Aushilfskräfte. Was aber tun Transportunternehmen, deren Personal hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen und teilweise auch noch bewaffnet den Dienst versehen muss ?

    Mewes: "Das bedeutet, dass wir im einzelnen hergehen und eine Urlaubsplanung schon heute für das nächste Jahr machen auch für das übernächste Jahr anfangen zu gestalten, mit den Betriebsräten entsprechende Vereinbarungen treffen, dass dann ab 1.9. des Jahres 2001 keine Urlaube mehr genommen werden. Ferner werden wir zusätzliches Personal einstellen....und wir haben auch hier nicht vor, irgendwelche Kriterien aufzuweichen. Wir werden die Mitarbeiterrekrutierung ganz normal vornehmen, wie wir sie üblicherweise vornehmen, das heißt sämtliche Voraussetzungen, die wir an einen Mitarbeiter im Geld- und Werttransport stellen, werden natürlich auch für diese Phase und gerade für diese Phase von diesen Mitarbeitern zu erfüllen sein."

    Die Branche ist zuversichtlich, die Anforderungen erfüllen zu können. Spezialfahrzeuge gebe es genug, sie müssten nur rechtzeitig disponiert werden. Für die Münzen seien die Sicherheitsanforderungen ohnehin nicht so hoch, sie könnten auf einfachen Lastwagen transportiert werden. Und ob die Bundeswehr, die vom Bundesinnenministerium immer wieder ins Spiel gebracht wird, ihre Dienste wirklich zur Verfügung stellen muss, bleibt abzuwarten. Bei rechtzeitiger Planung von Banken und Sparkassen, so Mewes, sei das vermutlich nicht nötig. Und da das Verteidigungsministerium inzwischen klargestellt habe, dass ein solcher Service der Truppe nicht unentgeltlich zu haben sei, lasse auch das Interesse der Kreditwirtschaft an dieser Transport-Variante nach.

    Euro hin, Mark zurück. Noch ist nicht sicher, ob die DM-Scheine, die die Kunden und Einzelhändler zur Bank bringen, in den Filialen mit einem roten Stempel "Zur Vernichtung" versehen werden. Der Sparkassen- und Giroverband hatte diesen Vorschlag gemacht, weil auf diese Weise wertloses Papier und nicht wertvolle Scheine zu den Landeszentralbanken zurück transportiert würden. Manche Banken aber wenden ein, dass es weder die Maschinen gebe, um diesen Stempel zentral auf die Scheine zu drücken. Noch gebe es ausreichend Personal, um in der schwierigen Umstellungsphase derart mühsame Stempelarbeit hinter den Tresen leisten zu können. Immerhin geht es um rund drei Milliarden DM-Banknoten.

    Viel problematischer aber erscheint der Transport-Branche, weil hier mehr Gewicht und größeres Volumen in Rede steht, die Frage nach dem Umgang der Deutschen mit ihrem alten Kleingeld.

    Denn die Deutschen sind Weltmeister im Münzhorten. Die Fachleute sprechen vom sogenannten "Asbach-Uralt-Phänomen" - von jenen zweieinhalb Liter-Flaschen also, die Mitte der siebziger Jahre von Getränkeflaschen zu Sparschweinen mutierten. In solchen und anderen Behältnissen bewahren die Deutschen immerhin pro Kopf rund 600 Münzen auf. Diese Hortungsbestände müssen möglichst aufgelöst werden, bevor der Euro kommt. Denn sonst stehen alle Beteiligten vor einem zusätzlichen Problem. Im Mai 2001 soll es deshalb, ähnlich dem Weltspartag, Sonderaktionen geben, mit Preisausschreiben und anderen Anreizen, den Sparstrumpf rechtzeitig zu leeren.

    Die Pfennig-und-Mark-Münzen, die heute im Umlauf sind, haben immerhin ein Gewicht von mehr als 98tausend Tonnen. Sie müssen zurück transportiert werden, sind aber weniger sicherheitsrelevant als die Noten. Die Versicherungen jedenfalls drängen darauf, dass die Finanzinstitute und der Einzelhandel die Policen auf diese Phase des doppelten Geldumlaufes prüfen.

    Berichte von zusätzlichem Versicherungsbedarf in teilweise dreistelliger Millionenhöhe, wie sie in den Medien kursierten, hält der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft allerdings für deutlich übertrieben. Zusätzliche Prämien im Sachbereich von etwa 20 Millionen Mark seien realistischer, sagt Wolfgang Dralle vom GdV. Es gehe vor allem um Einbruch- , Diebstahl- und Raubversicherungen :

    "Wichtig ist, im Versicherungsbereich, dass die Zeichnungsgrenzen zum Beispiel für Tresore oder andere Wertbehältnisse vermutlich nicht ausreichen werden. Deswegen unsere dringende Bitte an die Banken und auch an den Einzelhandel, sich mit ihrem Versicherer in Verbindung zu setzen, um zu klären, wie man sich hier helfen kann. Das gleich gilt für vereinbarte Sicherungsmaßnahmen, etwa Überfall-, Meldeanlagen und ähnliches - auch diese Dinge müssen möglicherweise nachgebessert werden."

    Acht Monate werden noch vergehen, bis Banken und Sparkassen die ersten Euro-Ladungen erhalten, auf den Tag genau zwölf Monate vergehen, bis die Bürger sich ihre Grundausstattung an Münzen abholen können, und etwas mehr als ein Jahr lang wird die Mark noch Zahlungsmittel in Deutschland sein.

    Die heiße Phase der Umstellung von Mark auf EURO wird jedoch zwischen dem 1.1.2002 und dem 28.2.2002 stattfinden. Wer bis dahin sein Bargeld noch nicht umgetauscht hat, kann dies dann nur noch - wenn auch gebührenfrei und zeitlich unbefristet - in den Filialen der Landeszentralbanken und der Bundesbank tun.

    Wer Schwarzgeld in der Schublade hat , muss übrigens Kontrolleure an den Bankschaltern aller Voraussicht nach nicht fürchten. Die offizielle Lesart heißt nach wir vor, dass zwar strafrechtliche Aspekte durch das Geldwäschegesetz natürlich auch beim Bargeldwechsel von Mark zu EURO berücksichtigt würden, dass aber steuerrechtliche Aspekte keine Rolle spielen sollten.

    Allen Beteiligten, auch dem Gesetzgeber, ist also daran gelegen, es den Bürgern so kommod wie möglich zu machen - denn der Abschied von der Mark wird ohnehin schwer genug fallen. Bei der Bundesbank ist man sich sicher, dass es dauern wird, bis die Verbraucher dem jungen Geld dieselbe Wertschätzung entgegenbringen, die sie mehr als 50 Jahre der D-Mark entgegengebracht haben.

    Weil es aber den Weg zurück nicht und den EURO auf dem Papier längst gibt , ist ein reibungsloser Wechsel des Bargeldes im Interesse aller . Und so ziert sich selbst die altehrwürdige Bundesbank nicht, in dieser letzten Phase zur Wirtschafts- und Währungsunion für den EURO die Werbetrommel zu rühren. Edgar Meister:

    " Wir werden unseren Teil dazu leisten, dass der Bürger allen Grund hat, sich darauf zu freuen. Das wird ein historisches Ereignis, er soll dann mit Freude die Währung in der Hand halten und ich glaube, dass Münzen und Banknoten auch ganz gut gelungen sind, so dass er nicht die DM zu vergessen braucht, das wird länger dauern, aber er keinen Grund hat hier mit Sorge, Angst oder mit all zu großer Zurückhaltung in diesen Prozess einzusteigen."