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Der König der Klone

Forschungspolitik. - In Berlin treffen sich vom 26. bis 29. September auf Einladung der Technologiestiftung Berlin Forscher aus Deutschland und Asien zum Erfahrungsaustausch im Rahmen der "Asia-Pacific Weeks". Am Dienstag lag der Schwerpunkt der Veranstaltung auf dem Thema der Stammzellforschung.

Gerd Pasch im Gespräch mit Volkart Wildermuth |
    Die so genannten "Asia-Pacific Weeks" der Technologiestiftung Berlin, bei denen deutsche Forscher auf Wissenschaftler aus dem asiatischen Raum treffen, geben den Teilnehmern Gelegenheit, ihre Erfahrungen rund um "Life Sciences" wie Medizin, Medizintechnik und Pharmazie auszutauschen. Ein ausgesprochener Star der Veranstaltung ist dabei Professor Woo Suk Hwang von der Seoul National University in Süd-Korea. Der Stammzellforscher gilt als "König der Klone".

    Gerd Pasch: Welche Neuigkeiten hatte Professor Woo Suk Hwang seinen Kollegen in Berlin zu berichten?

    Volkart Wildermuth: "Woo Suk Hwang schwimmt derzeit auf einer Welle des Erfolges, kann man wirklich sagen. In seinem eigenen Land wird er gefeiert als "König der Klone". Er ist auf einer Briefmarke veröffentlich. Die Frauen in Korea drängen sich offenbar nur so, ihre Eizellen für seine Arbeiten spenden zu dürfen. Er gilt als König der Klone, weil es ihm als erstem gelungen ist, menschliche embryonale Stammzellen zu klonieren, um für Patienten später passendes Ersatzgewebe zu schaffen. Anfangs hat er 242 solcher gespendeter Eizellen dafür benötigt. Dann hat er in diesem Frühjahr verkündet, er braucht nur noch 17 für einen Patienten. Und jetzt in Berlin hat er gesagt, er kommt mit vier bis fünf dieser embryonalen Stammzellen aus. Dass heißt der technische Fortschritt, den er macht, der ist wirklich beeindruckend. "

    Pasch: Damit rückt diese Technik aus dem Bereich der Science Fiction in den des Labor-Alltags, zumindest in Korea. Wie wird Hwang denn jetzt weiter vorgehen?

    Wildermuth: "Er geht zweigleisig vor. Einmal ist er dabei, hundert solcher Stammzelllinien aus seinen Klonen zu gestalten, so dass für jeden Patienten im Grunde eine passende dabei sein könnte. Das ist der eine Ansatz, der wird mit einer Stammzellbank in diesem Herbst wirklich auch institutionalisiert werden. Der zweite Ansatz ist, Richtung Therapie zu gehen: derzeit werden diese Zellen getestet in Tierversuchen und schon im nächsten Jahr, wenn die Tierversuche ganz gut gehen, will Hwang in Korea und USA für klinische Studien die Genehmigung bekommen. Er ist da schon in Verhandlungen. Da wird es jetzt auch interessant für Deutschland. Hwang ist ja ein Tiermediziner, das heißt, er hat von menschlichen Krankheiten nicht so furchtbar viel Ahnung, er braucht Kooperationspartner. Die hat er in den USA gefunden und in Großbritannien, er ist in Verhandlungen mit Frankreich und mit Spanien, und er würde eben auch gerne mit deutschen Forschern zusammenarbeiten, die er sehr schätzt. Aber das geht derzeit nicht:"

    Ich bedauere außerordentlich die Schwierigkeiten und Beschränkungen der deutschen Forscher. Ich verstehe, dass es hier einen besonderen geschichtlichen Hintergrund gibt, aber ich würde wirklich gerne eine Zusammenarbeit starten. Und bitte, verbessert die Regelung der Forschung mit embryonalen Stammzellen.

    Wildermuth: "Diese Richtlinien sagen ja in Deutschland im Stammzellgesetz: hier dürfen die Forscher nur mit Zellen arbeiten, die aus dem Ausland kommen. Das wäre ja nun kein Problem. Aber sie müssen auch vor dem 1. Januar 2002 aus Embryonen entwickelt worden sein. Und das ist in Korea erst sehr viel später geschehen. Das heißt, diese Zellen sind für deutsche Forscher tabu. "

    Pasch: Und wie gehen die deutschen Forscher mit dem Angebot aus Korea eigentlich um?

    Wildermuth: Ironisch hat das der Chef der Charite, Detlev Ganten, gewandt. Der hat gemeint, die Deutschen würden auf diesem Gebiet den Koreanern hinterher forschen. Professor Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Biomedizin sieht das nicht ganz so pessimistisch. Er ist selber Stammzellforscher und sagt: in Deutschland kann man im Grunde alles machen, was in Richtung Grundlagenforschung geht, also Fragen wie "was macht eigentlich eine embryonale Stammzelle aus?". Da sind ja in der Zwischenzeit auch zwölf Arbeitsgruppen dabei, die diese Genehmigung haben, mit solchen embryonalen Stammzellen aus dem Ausland zu arbeiten. Aber immer, wenn es Richtung Therapie geht, dann wird es eng. Da kann man diese alten Zellen nämlich nicht verwenden. Nun kann man sagen, Therapie, das ist vielleicht in zehn Jahren aktuell, aber Schöler glaubt, dass diese von Patienten geklonten embryonalen Stammzellen aus Korea ein entscheidendes Werkzeug für Forschung sein könnten:

    Der Vorteil dieses Verfahrens, und das wird meinesachtens zu einer regelrechten Revolution in dem Verständnis von Krankheiten führen. Der Vorteil ist: jetzt können Sie in einer Kulturschale sagen, von einer embryonalen Stammzelle zu einem Neuron gibt es diese und jene Probleme - das kann man monokular untersuchen.

    Pasch: Und diese Krankheit soll sozusagen im schnellen Vorlauf im Labor beobachtet werden. Das wäre natürlich eine tolle Sache, aber da steht Hans Schöler als Zaungast außen vor. Er darf diese Zellen nicht verwenden, weil sie eben nach dem Stichtag erzeugt wurden. Er will die amerikanischen Zellen auch nicht verwenden. Da gibt es nämlich große Patentprobleme. Die amerikanischen Firmen wollen Zugriff haben dann auf die Forschung, die man damit macht. Das heißt, Hans Schöler forscht vorerst mit der Maus weiter.