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Deutsch-polnischer Schüleraustausch
Mit Filmclips gegen Vorurteile

Zweimal im Jahr treffen sich Bielefelder Schüler mit Jugendlichen aus der polnischen Partnerstadt Rzeszow zum persönlichen Austausch. Das Ziel: Vorurteile abbauen, Filme drehen und Zeit miteinander verbringen. Ihre Bilanz: Facebook und Co können ein persönliches Gespräch nicht ersetzen.

Von Vanja Budde | 20.01.2018
    Gesichter werden verdeckt von Puzzleteilen.
    Vorurteile entstehen aus Angst vor dem Fremden, verschwinden aber oft, wenn man sich näher kennenlernt, sagt eine Schülerin (imago/Ikon Images/ Klaus Meinhardt)
    Die ehemals hochherrschaftlichen Säle mit Parkett und raumhohen Fenstern von Schloss Gollwitz dienen heute als Jugend-Begegnungsstätte. In verschiedenen, deutsch-polnisch gemischten Gruppen beugen sich die Schüler an Tischen über Laptops: Sie schneiden Kurzfilme, die sie am Vortag im Schloss gedreht haben. Respekt und Toleranz sind die Themen: Gemeinsame europäische Werte, die es zu verteidigen gilt.

    Deutsch-Lehrerin Dorota Pirga und ihr Schüler Aleksaner Kuzmics aus dem südostpolnischen Rzeszow feilen an den polnischen Untertiteln für die Clips. Aleksander habe vorher die Sorge gehabt, die Deutschen würden schlecht über Polen denken, übersetzt Dorota Pirga.

    "Ich finde, diese Personen sind so super! Sie helfen mir und meiner Gruppe. Und das war mein Plan hier."
    Vorurteile abbauen, darum gehe es bei diesen Treffen der beiden Partnerstädte Rzeszow und Bielefeld, die das Deutsch-Polnische Jugendwerk fördert.
    "Und für uns ist auch die Sprache enorm wichtig. Sie können auch die Sprachbarrieren abbauen, sich trauen, Deutsch zu sprechen. Weil wir zusammen hier in einem Haus wohnen, da gibt es Kontakte nicht nur bei Projekten, auch abends, beim Essen und beim Party-Machen."
    Begegnungen, die fürs Leben prägen
    Aus diesen Begegnungen könnten Freundschaften entstehen, die fürs Leben prägen, erzählt Geschichtslehrer Erol Acar. Die 17 deutschen Teilnehmer kommen aus unterschiedlichen Jahrgängen und verschiedenen Kursen. Am Oberstufen-Kolleg in Bielefeld hat Acar zur Vorbereitung mit ihnen über Europapolitik und die Wertegemeinschaft der EU diskutiert. Die 15 Teilnehmer auf polnischer Seite waren mittels Facebook- und WhatsApp-Gruppen involviert. Doch auch Schüler, die bei anderen Austausch-Projekten mitmachen, profitierten von den Verbindungen in den Osten, erzählt Acar:
    "Ich habe im September, als ein Teil der polnischen Gruppe uns in Bielefeld besucht hat, sie in der Woche auch in meinen Unterricht eingeladen. Die polnische Seite hatte eine Präsentation vorbereitet und die deutsche auch. Wir haben uns über nationale Mythen ausgetauscht."
    So hätten seine Schüler einen seltenen Einblick in die polnische Nationalgeschichte gehabt, die in deutschen Schulen sonst unter den Tisch falle. Die direkte Begegnung sei darum auch im Internet-Zeitalter immer noch das beste Mittel gegen Klischees und Vorurteile. Das kann auch Schüler Niclas Lehmann bestätigen:
    "Polen ist eher konservativer, die sind in manchen Sachen noch ein bisschen strenger und nicht so locker wie in Deutschland. Das merkt man ja jetzt auch teilweise an der Flüchtlingspolitik. Ich finde es halt wichtig, dass man sich mit anderen Kulturen, und wenn es nur Polen ist, mal auseinandersetzt. Und das geht halt so am besten."
    Sich ein eigenes Bild machen
    Zu Auseinandersetzungen bietet Polen derzeit in der EU reichlich Anlass. Umso wichtiger sei das persönliche Kennenlernen, sagt Laila El Kharoudi. Ihr Vater stammt aus Marokko. Darum bedauert die Schülerin einerseits, dass die aktuelle national-konservative Regierung in Warschau gegen muslimische Einwanderer ist:
    "Aber da können so Jugendliche gar nichts für. Man hat viele Vorurteile gegenüber dem anderen. Man wird auch durch die Gesellschaft ein bisschen negativ geprägt, und deswegen finde ich es wichtig, dass man sich ein eigenes Bild machen kann und sich mit denen auch mal unterhält.
    Man hat zusammen Kicker gespielt, man hat hier Tischtennis gespielt, man ist raus gegangen. Wir haben ja auch zusammen einen Film gedreht, einen Kurzclip. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, und ich freu mich jetzt noch auf die weiteren vier Tage in Berlin."