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Deutsche Islamisten
Sicherheitsbehörden billigten Ausreise

Innenminister Thomas de Maizière will Regeln für den Umgang mit gewaltbereiten Islamisten bei der Ein- und Ausreise. Nun hat das ARD-Magazin Monitor recherchiert, dass deutsche Sicherheitsbehörden die Ausreise in der Vergangenheit nicht nur gebilligt, sondern auch unterstützt haben.

Von Falk Steiner | 02.10.2014
    Murat K. sitzt am 20.01.2014 in Bonn (Nordrhein-Westfalen) vor dem Landgericht auf der Anklagebank.
    400 Islamisten in Deutschland wollen offenbar für die IS in den Krieg ziehen. (dpa / Oliver Berg)
    Deutsche Staatsbürger, die als Islamisten für die Terrororganisation IS in Syrien oder in den Irak in den Kampf ziehen? Die deutsche Politik sucht nach Wegen, mit dem Problem umzugehen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte dazu im ZDF-Morgenmagazin:
    "Wir reden ungefähr über 400, 435, 450 Menschen, mit steigender Tendenz."
    Die Ausreise gewaltbereiter Islamisten in die Region sei jahrelang geduldet worden, berichtet heute das ARD-Magazin Monitor unter Berufung auf den Leiter der Abteilung polizeilicher Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung des Bayerischen Landeskriminalamtes, Ludwig Schierghofer. In einem internen Papier des Bundesinnenministeriums von 2009 seien Anwendungsregeln für den Umgang mit gewaltbereiten Islamisten bei der Ein- und Ausreise geregelt worden. Am Morgen, bevor die Recherchen des ARD-Magazins bekannt wurden, sagte Thomas de Maizière:
    "Wir wollen nicht, dass aus Deutschland, aus Europa, Menschen auf der Seite von IS gegen Kurden, gegen Jesiden kämpfen und Menschen töten. Wir wollen keinen Export von Kämpfern aus Deutschland. Deswegen wollen wir die Ausreise verhindern und - noch wichtiger - die Wiedereinreise verhindern, damit sie in Deutschland keine Anschläge machen."
    Monitor: Ausreise von Islamisten wurde beschleunigt
    Bis zum Herbst 2013 sei die Ausreise teils sogar mit den Mitteln des Ausländerrechts beschleunigt worden, berichtet Monitor. Erst dann sei ein teilweises Umdenken eingetreten. Ein Umdenken, das heute dazu führt, dass darüber debattiert wird, wie gewaltbereite Islamisten an einer Ausreise gehindert werden können. Während der Passentzug rechtlich möglich ist, ist der Entzug des Personalausweises bei deutschen Staatsbürgern rechtlich nicht möglich. Doch dieses Dokument reicht aus, um in die Türkei zu reisen, von wo aus die Islamisten über die Grenze nach Syrien oder in den Irak gelangen.
    Sichtvermerk: Gewaltbereiter Islamist?
    Diskutiert wir derzeit die Frage sogenannter Sichtvermerke: Kennzeichnungen am Personalausweis mutmaßlicher gewaltbereiter Islamisten, die bei der Ausreise geprüft würden damit gegebenenfalls eine solche verhindert werden könne. Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic lehnt solche Sichtvermerke ab. Der "FAZ" sagte sie, der Nutzen solcher Sichtvermerke sei gering, während der Diskriminierungsfaktor hoch sei - weil Personalausweise auch oft bei anderen, nicht staatlichen Stellen zum Identitätsnachweis, zum Beispiel bei der Bank oder gegenüber Vermietern genutzt würden.
    Um die weiteren Möglichkeiten auszuloten, will Innenminister Thomas de Maizière sich Mitte Oktober mit den Innenministern der Länder in Berlin treffen kündigte er heute an.
    Die Sendung "Monitor" berichtet über dieses Thema am Donnerstag, 2.10.2014, um 21:45 Uhr im Ersten.