Dienstag, 19. März 2024

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Deutscher Schulpreis
"Turbo für die weitere Schulentwicklung"

Der Deutsche Schulpreis zeichnet herausragende Unterrichtskonzepte aus. Über Schule gebe es vor allem eine Negativberichtspirale, sagte Anand Pant, Geschäftsführer bei der Deutschen Schulakademie, im DLF. Der Preis zeige aber auch, was sehr gut funktioniere - auch benachbarte Schulen profitierten von den Erfahrungen der prämierten Schulen.

Anand Pant im Gespräch mit Kate Maleike | 29.05.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weill (SPD) stehen am 29.05.2017 in Berlin nach der Verleihung des Deutschen Schulpreises inmitten der Vertreter der erstplatzierten Elisabeth-Selbert-Schule Hameln (Niedersachsen).
    Vertreter der erstplatzierten Elisabeth-Selbert-Schule Hameln mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weill (dpa/picture alliance/ Soeren Stache)
    Kate Maleike: Für alle zusammen bedeutet dieser Preis aber nicht nur großes Medieninteresse, sondern auch viele, viele Besuche von anderen Schulvertretern, die von diesen Beispielen lernen wollen. Und um diesen Wissenstransfer zu gestalten und zu ermöglichen, wurde von den Trägern des Deutschen Schulpreises vor zwei Jahren auch die Deutsche Schulakademie gegründet mit Sitz in Berlin.
    - Professor Anand Pant ist einer ihrer Geschäftsführer, guten Tag!
    Anand Pant: Guten Tag, Frau Maleike!
    Maleike: Herr Pant, Sie sind auch Jurymitglied beim Deutschen Schulpreis – wie wichtig ist eigentlich dieser Wettbewerb für Schulen, was machen die damit?
    Pant: Ja, das bin ich jetzt im siebten Jahr, Jurymitglied, und die Erfahrung, die ich gemacht habe in den Jahren, ist, dass es eigentlich so drei Arten von Gründen gibt, warum eine Schule mitmacht. Der erste Grund ist, eine Schule steckt in einer richtigen Krise. Und diese Krise lässt sich nicht mehr wegdiskutieren, da muss Schulentwicklung anfangen. Also zum Beispiel, wenn eine Schule plötzlich zu einer inklusiven Schule sich entwickeln muss oder zu einer Ganztagsschule. Der zweite Grund ist oftmals, dass es eine Schulleitung gibt, die eine Art Bilanz ziehen möchte über ihr Wirken in der Schule und sagt, ich möchte zum Schluss meiner professionellen Laufbahn noch mal schauen, ob diese Schule wirklich gut ist, ob die sich in einem Wettbewerb bewährt. Und der dritte ist ganz einfach, dass Schulen ganz nüchtern überlegen, wir wollen Schulentwicklung machen, wir haben neue Herausforderungen, zum Beispiel die Digitalisierung unserer Lehr-Lern-Situation. Wie machen wir das am besten – gehen wir in den Wettbewerb, dann sortieren wir uns besonders gut.
    Maleike: Es gibt ja auch eine ganz gute Dotierung, 100.000 Euro bekommt ja immerhin der Hauptgewinner. Aber man kriegt den Schulpreis ja nicht einfach irgendwie, da müssen Anträge geschrieben werden, da gibt's Besuche, die kommen, die Jury kommt und so weiter und so weiter. Wer sich also bewirbt, der hat eine Menge Mehraufwand und auch viel Öffentlichkeit, aber man steht auch schon mal im Rampenlicht. Was ist aus Ihrer Erfahrung der wichtigste Nutzen denn dann, im Nachhinein?
    "Turbo für weitere Schulentwicklung"
    Pant: Zunächst einmal ist der erste Gewinn tatsächlich die Anerkennung, die öffentliche, für gute geleistete Arbeit, das heißt, schulisch bei uns häufig in den Medien vertreten über so Themen wie "Die Klos sind unappetitlich und brechen zusammen". Oder es gibt ständig Stundenausfall, das heißt, es ist so eine Art Negativberichtspirale auch zum Thema Schule. Und das ist die andere Seite von Schule in Deutschland, es kann auch ganz anders, und zwar sehr gut funktionieren, und für viele Schulen ist das ganz bewusst ein Turbo für die weitere Schulentwicklung, den sie zuschalten, indem sie so einen Wettbewerbsprozess eingehen. Das ist ein bisschen vergleichbar mit der Schulinspektion, nur dass da nicht bestraft wird, sondern es wird belohnt im besten Falle, wie Sie sagen, mit 100.000 Euro Preisgeld. Es ist so eine Art "Die-Schwiegermutter-kommt"-Effekt zu beobachten, das heißt, dass man im Vorfeld der Bewerbung ganz stark sich selbst vergewissert, was können wir und wo haben wir noch Schwächen.
    Maleike: Das wird natürlich auch viele Eltern interessieren und die Schüler natürlich auch, die dann eben an einer ausgezeichneten Schule sind. An welcher Stelle kommen Sie denn genau dann als Akademie ins Spiel? Sie wollen ja, dass diese guten Konzepte, die da bundesweit entstehen und ausgezeichnet werden, auch in anderen Schulen im Land angewandt werden.
    Pant: Ja, die Deutsche Schulakademie übernimmt sozusagen den Staffelstab direkt nach der Preisverleihung. Dann kommen diese neuen Preisträgerschulen ins Netzwerk der Preisträgerschulen und werden von der Deutschen Schulakademie dann betreut, bekommen Angebote vielfältiger Art, sich weiterzuentwickeln. Und die Schulen, die eben noch nicht in dem Umfeld einer, sagen wir mal, preisverdächtigen Schule sich befinden, die haben auf vielfache Weise einen Nutzen davon. Der erste ist, dass regional um die Preisträgerschulen herum sich sehr schnell Netzwerke mit anderen Schulen bilden, die direkt in entsprechenden Formaten der Deutschen Schulakademie, sogenannten Netzwerkzirkeln, dann lernen können. Und ein anderer großer Punkt ist das bundesweit ausgesprochene Hospitationsprogramm, wo sich ganz normale Schulen bewerben können, eine Woche lang mit mehreren Personen gut finanziert die Arbeit der Preisträgerschulen tatsächlich aufzusaugen, genau kennenzulernen.
    Maleike: Die Preisträger, das haben Sie gesagt, die werden Teil eines Netzwerkes, eines starken Netzwerkes, so kann man es sagen: 2.000 Schulen sind inzwischen ausgezeichnet von immerhin 40.000 in Deutschland – da ist noch ein bisschen Luft nach oben, aber der Wettbewerb ist ja auch gerade erst im elften Jahr. Was wissen Sie denn über die Vorjahrespreisträger, bleiben die bei ihren Konzepten und bei ihren ausgezeichneten pädagogischen Ansätzen, bleiben Sie da in Kontakt?
    Pant: Ja, wir bleiben ganz eng in Kontakt. Wir haben jährliche Treffen mit den Preisträgerschulen der vergangenen Jahre. Und wir sehen beide Entwicklungen, wir sehen überwiegend ausgesprochen positive Weiterentwicklungen. Wie gesagt, der Turbo ist zugeschaltet worden noch mal, auch für die ohnehin schon guten Schulen, die werden noch besser durch den Austausch durch andere gute Schulen. Wir sehen manchmal auch, dass es durchaus ein interessantes Thema ist, sich zu fragen, wie kann die professionelle Generationenweitergabe von Wissen in Schulen erfolgen, also wie kann der nächste Schulleiter, die nächste Schulleiterin eigentlich die Qualität aufrechterhalten. Und das ist ein großes Thema, dem wir uns auch in Zukunft mehr widmen wollen.
    Maleike: Professor Anand Pant war das, Mitgeschäftsführer der Deutschen Schulakademie, zur Frage, wie andere Schulen von den Schulpreisträgern lernen können. Vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.