Im Oktober besuchte »lyrix« mit dem Thema 'Die Vermessung von Zeit und Raum' das Historische Museum Frankfurt. Neben dem Erdglobus des Johannes Schöner bot euch ein Gedicht von Raphael Urweider Inspiration.
In euren Einsendungen geht es häufig um die Probleme, welche durch Neuentdeckungen und dem damit verbundenen Verlangen nach 'mehr' entstehen. Um die Gier, die den Menschen antreibt, seine Umwelt nach und nach immer mehr auszubeuten und zu zerstören. Ebenso spielt ihr auf die Enge an, welche durch das Vermessen und damit durch das Schaffen von Grenzen kreiert wird, eine Freiheitsberaubung, die der Mensch sich selbst angetan hat.
Am Ende bleibt das, was uns zum Glück führt, unermesslich.
In euren Einsendungen geht es häufig um die Probleme, welche durch Neuentdeckungen und dem damit verbundenen Verlangen nach 'mehr' entstehen. Um die Gier, die den Menschen antreibt, seine Umwelt nach und nach immer mehr auszubeuten und zu zerstören. Ebenso spielt ihr auf die Enge an, welche durch das Vermessen und damit durch das Schaffen von Grenzen kreiert wird, eine Freiheitsberaubung, die der Mensch sich selbst angetan hat.
Am Ende bleibt das, was uns zum Glück führt, unermesslich.
Vielen Dank für eure Einsendungen.
Die Monatsgewinner, Oktober 2014:
Die Sanduhr
tick.tack.
das Leben verrinnt so schnell
wie sand zwischen den fingern
sieben mal sieben
feiner sand
am unendlichen strand
kopfsprung
ins eiskalte wasser
eintauchen
abtauchen
einmal tief luft holen
und auf tauchstation gehen
das glas halb voll laufen lassen
auftauchen
und sich einfach mal treiben lassen
anhalten
innehalten
umdrehen
und gegen den strom schwimmen
feiner sand
am unendlichen strand
sieben mal sieben
zwischen den fingern
verrinnt dir die Zeit
tick.tack.
Christian Bernert, Jahrgang 1997
(T)Zeit(raum)
Alljene Grenzen in verstaubten Atlanten,
Ziehen seicht ihre Kreise und auch Kanten,
Linien der großen globalen Geolokalisation.
Wozu diese menschengemachten Grenzen?
Leid. Ob Lampedusa oder Verdun.
Unser Zeitgefühl bestimmt das Bewusstsein,
Unser Uhrwerk zermahlt unsere Freiheit fein,
Die Momente messbarer Minuten.
Wozu Uhren, Zeiger mögen wir ergänzen?
Verwaltung. Subjekte statt Menschen.
Addiert man Raum und Zeit entsteht Geschichte,
Gar ein Verstandsnihilismus im geschönten Lichte,
Zeilen der zeitgeschichtlichen Repetition.
Wozu der Pragmatismus, die Doktrin der Messbarkeit?
Vanitas. Verrinnen als gegenwärtige Konstante.
Doch ist das letzte Stück erst einmal vermessen,
Folgt auch schon darauf die Konklusion,
Glück hatte nie eine erfassbare Einheit besessen.
(Daran war selbst John Stuart Mill gescheitert)
Wilko Meyer, Jahrgang 1996
o.T.
Zeit ist was uns lebendig macht
Zeit ist das was uns menschlich macht
Zeit ist die die uns Fehler erlaubt
Zeit ist das was gleichermaßen gibt und raubt.
Zeit ist hell und dunkel zugleich
Zeit ist in Feen und in Teufeln vereint
Zeit ist das was alles bewegt
Zeit ist die die uns zum Leben anregt.
Zeit ist nur der Raum von A nach B
Der zu gestalten sich das Leben nennt.
Zeit ist die die uns am besten kennt
Und was tut sie?- Allen weh.
Nur Leid ist nicht das Einzige der Zeit
Ihr Inneres geht sehr sehr weit
Auch Gutes kann sie uns bringen
wennn wir mit ihr darum ringen.
Zeit ist überall und nirgendwo
sie lebt in jedem und in keinem
ist mit niemandem im Reinen
Zeit ist das was immer floh
Doch wir dagegen können nicht fliehen
denn seiner selbst zu entkommen geht nicht einfach so
Wenn wir den Versuch wagen und dannn sicherlich versagen
und dann die Zeit uns Menschen Hoffnung leiht.
und dann die Zeit uns Menschen Hoffnung leiht.
Doch eigentlich ist die Zeit wir
und wir sind die Zeit.
Denn Zeit eilt und heilt doch niemals weilt
und die Zeit die Menschen teilt.
Wir messen die Zeit
in Stunden, Minuten, Sekunden
Die Zeit ist Monate, Jahre, Tage
Die Zeit, wie eine große Plage.
Doch Zeit schenkt Raum
sie gibt uns Platz
Zeit verschwindet mitunter
schnell wie eine Katz'.
Die Zeit hat die Macht
uns zu geben was wir brauchen
uns zu nehmen was wir wollten
Sie verfolgt uns wo wir gehen und stehen.
Doch ohne die Zeit wären wir verloren
den die Zeit ist unser Plan.
Sie ist wie ein alter, steter Kahn
Und hat sich somit selbst zur Herrscherin erkoren.
Emma Krehl, Jahrgang 1999
Die Vermessung von Zeit und Raum
Heute Nacht in meinem Traum,
sah ich eine große Welt.
Ohne Zeit und ohne Raum,
Wo das Leben ewig hält.
Dunkel wechselte mit Hell,
Namen kannte beides nicht,
Nie zu langsam nie zu schnell,
Beides teilte sich gerecht,
eine ganze Lebenszeit,
die da schlicht unendlich schien.
War sie doch einmal vorbei,
hatte man genug gesehen,
Denn das Land war riesengroß
Niemand schaffte jemals ganz,
sich komplett dort umzusehen.
Dann kam man auf die Idee,
sinnlos sei dieses System,
sinnlos dieser ewige Rhythmus
der willenlos im Raume hing,
Dunkel, hell, und wiederholt,
bis man dann ins grabe ging.
Drum erfand man schnell die Zeiten,
nannten beides Nacht und Tag,
nun eine getrennte weite
war der der Rhythmus halb so lang.
Erst war man damit zufrieden,
dann wollt man genauer sein,
Nacht und Tag sind nicht genug,
auch die Fläche sollte man teiln.
Unbemerkt von den Bewohnern
schlug etwas die Augen auf
wachte auf aus seinem Traume,
wachte auf zu einem Raub.
Richtet bald den Blick auf etwas,
das sich zu verschlingen lohnt,
von den Menschen selbst erschaffen
was sie zu vernichten droht.
Niemand merkte unterdessen
als man über Karten saß,
Das das Etwas die Länder schluckte
und dabei die Zeit auffraß
einst schien alles hier unendlich
nun wurds langsam viel zu klein
alles drängt sich aneinander
Zeit schien knapp bemessen zu sein.
Die Welt war nur noch ein paar Meter
kein Platz mehr für Leben da,
jeder Tag ein paar Sekunden,
jede Nacht genau so lang,
Nachdem mich dann am frühem Morgen
Klingeln aus dem Schlafe riss,
blickte ich zu meinem Globus
und wusste gleich
der Traum hat recht.
Mia Bons, Jahrgang 2001
zeit der zeiten
augenblicke
jetzt - hier
rauschhaft - zäh
wünschte ich doch manchmal
ich könnte die zeit einfrieren
gleichermaßen wie ich mir oft
wünschte sie vor mir her zu jagen
kausalitäten - in -
vergangenheit
gegenwart
zukunft
illusionen
ich messe die zeit mit einer uhr
ich messe den raum in metern
wie viele meter in welcher zeit
augenblicke
schlafend - wach
gestern ist heute
heute ist morgen vergangenheit
erinnern - hoffen - leiden - lieben
alles hat seine zeit
zeitgeschwängert trage ich träume in mir
gedanken meiner ahnen schlummern in
meinem gehirn - aus einer zeit
weit vor meiner zeit - durchschritten sie
den raum - in einer anderen zeit -
schon zerfallen zu staub
werfen sie noch schatten auf meine seele
vergangenheit - gegenwart - zukunft
ich stelle mich meiner zeit
Lara-Sophie Cronhardt-Lück-Giessen, Jahrgang 2000
Und hier ein Beitrag "außer Konkurrenz":
(Jeder Teilnehmer kann maximal zweimal Leitmotivrundengewinner werden. Weitere eingesandte Gedichte werden trotzdem von der Jury bewertet. Sollte ein Gedicht nach Punkten unter den besten sein, wird es "außer Konkurrenz" veröffentlicht.)
Die Vermessung der Welt
Das einst mal unbekannte Land,
mit seinen Tieren, Pflanzen,
verkümmert unter Menschenhand,
verkümmert nun im Ganzen.
Denn der Mensch fraß, durch diese Welt,
sich wie ein Ungeheuer,
und was er nicht für wichtig hält,
zerstört er schnell mit Feuer.
Vermessen ist die ganze Welt,
er glaubt sie ganz zu kennen,
Wälder holzt er zu Gold und Geld
und Staub, wenn sie verbrennen.
Und was man einst von oben sah
vom schneebedeckten Gipfel,
ist heute, wachsend Jahr für Jahr,
Müllriesensmützenzipfel.
Und Meere, die einst hell und blau,
zur Überfahrt geladen,
sind dreckig, giftig, schmutzig, grau,
Schadstoffe in Milliarden.
Wo man einst Inseln neu entdeckt,
Müllstrudel sich erheben,
und jedes Tier zählt, das verreckt,
weil sie so kurz nur leben.
O schöne Welt! Wie siehst du nur
aus, weil, die die dich vermaßen,
bei Geld und Gier und Inventur,
dein eignes Wohl vergaßen.
Jetzt wissen wir, die Welt ist rund,
sie ist wohl keine Scheibe,
doch ist sie nicht mehr sehr gesund
sie- unsre einzge Bleibe.
Denn was helfen uns Daten noch,
was hilft es, zu vermessen,
wenn wir bei allem eben doch,
die Erde selbst vergessen.
Wenn stirbt, was wir lokalisiert,
verendet, was wir maßen,
wir wenn sie tabellarisiert,
Todesanzeigen lasen.
Messt, wenn ihr wollt, doch habt gut acht,
dass ihr sie nicht zerstört,
die Welt zu schützen, ihre Pracht,
weil sie nicht euch gehört!
P.s: Was habt ihr von den Zahlen,
wenn es viel wichtigeres gibt!
Von der Welt, mit all ihren Freuden und Qualen,
hat man nur etwas, wenn man sie liebt.
Magdalena Wejwer, Jahrgang 1997