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Digitalkunst-Messe "Unpainted"
Futuristische Fantasiewelt

50 internationale Galerien beschäftigen sich auf der "Unpainted", der ersten Messe für digitale Kunst in München, mit Softwarekunst, Computer-Animationen und interaktiven Skulpturen. Auch junge Medienkünstler, die noch keine Anbindung an eine Galerie haben, können ihr Werke ausstellen.

Von Andi Hörmann |
    Weiche Tritte auf einem blass-grauen Teppichboden, ein leises Klicken der Eingangstür. Die Klangkulisse: undefiniert, sanft und warm.
    Der Postpalast in München, ein historischer Rundbau mit einem rotundem Oberlicht-Kegel. Auf gut 2000 Quadratmetern Fläche haben die Veranstalter der "Unpainted" labyrinthartig weiß getäfelte Kojen aufgebaut. 50 internationale Galerien präsentieren auf dieser ersten Messe für Medienkunst in München ihre Exponate:
    Der Franzose Miguel Chevalier zeigt und erklärt mit ´8 ties`, eine Kooperation mit dem Modehaus Hermès, seine beeindruckende interaktive Rauminstallation.
    "Es streiten sich die Experten, ob man jetzt von New Media Art, von Media Art, von Digital Art, von Digital Media spricht. Letztendlich sind es künstlerische Auseinandersetzungen mit technologiebasierten Instrumenten. Das kann eine Software sein, das kann eine Hardware sein, aber auch eine inhaltliche, thematische Auseinandersetzung mit dem Internet, mit der Digitalisierung im Allgemeinen.“
    Annette Doms, die Direktorin der "Unpainted", steht vor drei gewaltigen, mattschwarzen Sockeln: mannshohe, aus Styropor-Quadern gefräste Skulpturen von David Quayola. Sie korrespondieren mit auf nebenstehenden Flat-Screens transformierten Bildhauereien von Michelangelo - digitale Kunst mit der Ästhetik des Analogen. Ein paar Meter weiter, im inneren Zirkel der verschachtelten Galerie-Kojen, steht Katrin Petroschkat vor einem ihrer kolossalen, hintergrundbeleuchteten Mosaikbilder. Kostenpunkt: 9500 Euro.
    "Der Leuchtkasten setzt sich aus lauter einzelnen Aufklebern zusammen, wie ein Pixelbild, aber es besteht aus ganz vielen Aufklebern, die wir gesetzt haben. Man sieht eine springende Frau, die ist in ein sehr starkes Raster eingebettet. Wir reiben uns eben an der Starrheit des technischen Bildes."
    Im äußersten Zirkel der "Unpainted" befinden sich ein gutes Dutzend nur etwa 10 bis 20 Quadratmeter kleine Einzelräume, die sogenannten Förder-Kojen: Künstler ohne Anbindung an eine Galerie dürfen hier ihre Werke präsentieren und selbst vermarkten.
    "Ich bin Benjamin Mayer vom Labor für Medienkunst Lab Binaer aus Augsburg und wir stehen hier in unserer Koje, wo wir die Gemeinschaftsarbeit 'White Noise' ausstellen, die zusammen mit Felix Weinold entstanden ist."
    Ein schwarz abgedunkelter Raum, auf einem Plattenspieler dreht sich eine weiße Vinyl-Platte. Dahinter: ein Grammophon-Trichter mit gut einem Meter Durchmesser. Ein raumfüllendes Kunstwerk für 22.000 Euro.
    Komplexes Nichts zum Anschauen und Hinhören
    "Das ist quasi der Anfang der Arbeit: die weiße Schallplatte, in die wir eine Rille geschnitten haben, ohne jegliche Information. Keine Sprache, keine Musik, einfach nichts. Jetzt sollte man meinen, dass das wahnsinnig langweilig ist, sich diese Platte anzuhören. Wenn man das Signal aber verstärkt und mit dem Kopf in unserem Grammophon-Trichter steckt, dann wird man feststellen, dass ´Nichts` ganz schön komplex sein kann."
    Das ´komplexe Nichts` steht vielleicht sinnbildlich für die "Unpainted". Bei manchen Exponaten ist das Digitale in der Kunst nicht gerade originell, wie bei Thomas Ruffs großformatigen 3D-Fotografien. Etablierte Galerien setzen vielleicht zu sehr auf den Budenzauber der neuen Technologien. Hier ein Blinken, da ein Flimmern, dort softwarebasierter Schnickschnack - digitale Algorithmen statt analoge Pinselstriche. Von den psychedelischen Farbspielen der ersten Plotter-Zeichnungen bis zur interaktiven Software-Kunst: Auf der "Unpainted" bekommt der Besucher ein gutes Gespür für das Digitale in der Kunst. Manche Kunstwerke schwirren dann auch nur durch den virtuellen Raum.
    "Netz-Kunst, Web-Kunst hat all das, was die Attribute eines Kunstwerks auch widerspiegelt. Der Sammler kauft in der Tat eine Domain. Diese Domain ist ein Unikat, es gibt sie natürlich nur einmal. Man hat Farbe und Form auf der Oberfläche und man hat im Quellcode den Künstlernamen, das Copyright, die Jahreszahl, den Titel. Das ist all das, was ein Kunstwerk auch braucht. Neu ist, dass man beispielsweise im Quellcode auch den Namen der Programmierer und auch den Namen der Sammlung hat."
    Die Chicks On Speed spielen auf der "Unpainted" ein Performance-Konzert. Eines ihrer Stücke trägt den Titel "Wir sind Daten": eine Zusammenarbeit mit Peter Weibel, dem Vorstand des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Nach der Show flanieren zwei Konzertbesucher über die Messe - von der digitalen Kunst fasziniert, aber auch etwas irritiert.
    "Wir haben nur überlegt, wie es ist, wenn man digitale Kunst kauft, also wenn man sich digitale Kunst zuhause hinhängt. Ob das nicht zu sehr aufwühlt, ob man da nicht die ganze Zeit abgelenkt ist von so einem Monitor."