Dienstag, 07. Mai 2024

Archiv


Dioxin im Tierfutter

Nach Plänen des Verbraucherschutzministeriums sollen strengere Auflagen für Futtermittelhersteller künftig Lebensmittelskandale um verseuchtes Fleisch oder belastete Eier verhindern. Der Deutsche Verband Tiernahrung hält wenig von den verschärften Regeln.

Von Philip Banse | 30.03.2011
    Die meisten beschlossenen und noch geplanten staatlichen Vorgaben für Tierfutter lehnt die Tierfutterindustrie als überzogen ab. Einziger Punkt, in dem sich Verbraucherschutzministerin Aigner und die Tierfutterindustrie einig sind, ist: Fette für die Industrie und Fette für die Tiernahrung, Lebensmittel und Arzneien sollen in getrennten Anlagen produziert und verarbeitet werden. Weil das oft nicht gemacht wird, waren ja im Dezember die Dioxine in die Tiernahrung und damit in Eier und Fleisch gelangt. Ilse Aigner will diese Trennung in einer Vorordnung vorschreiben, die Hersteller von Tiernahrung werden Fette für die Industrie und Fette für Tierfutter und Lebensmittel ab übermorgen getrennt herstellen, sagt der Cheflobbyist der Tierfutterindustrie, Bernhard Krüsken vom Deutschen Verband Tiernahrung:

    "Das ist per 1.4. als Bestandteil des QS-Systems umgesetzt. Das ist ein System, nach dem 95 Prozent der Branche arbeitet. Wenn wir es also hier zur Spielregel dieses Qualitätssicherungssystems machen, dann haben wir sofort im Grunde eine flächendeckende Umsetzung dieser Maßnahme."

    Wer das QS-Siegel also auf Lebensmitteln im Supermarkt sieht, soll davon ausgehen können, dass das Fleisch von Tieren stammt, die nur mit Fetten gefüttert wurden, die getrennt hergestellt wurden von Fetten für die Industrie. Für Tierfutter für Katzen und Hunde gibt es kein QS-Siegel. Doch bei der getrennten Verarbeitung von Fetten für Industrie und Mensch endet die Einigkeit zwischen Tierfutterindustrie und Verbraucherschützern auch schon. Das Verbraucherschutzministerium etwa plant als weiteren Schritt, dass Betriebe, die Futterfette herstellen, nach strengen Kriterien zugelassen werden müssen. Außerdem sind Futtermittelbetriebe verpflichtet, ihre Zutaten selbst auf Gifte zu überprüfen. Erst wenn diese Prüfung erfolgt ist, dürfen die Zutaten zu Mischfutter verarbeitet werden. Ähnliches gilt für Hersteller von Einzelfutter, als etwa Sojaschrot, das nicht zusammengemischt wird aus verschiedenen Zutaten. Doch für diese Einzelfutterhersteller gibt es Ausnahmen. Bernhard Krüsken vom Deutschen Verband Tiernahrung lehnt diese strengen Prüfungsvorschriften ab:

    "Wir glauben, dass die Vorschläge keinen Nutzen für den Verbraucherschutz bringen. Sie adressieren nur 30 Prozent der Futtermittel, die in Deutschland verfüttert werden. Und wir haben einen gemeinsamen europäischen Binnenmarkt und da funktionieren nationale Maßnahmen einfach nicht. Wenn wir hier zusätzliche Untersuchungsfrequenzen zusätzlich verordnet bekommen, dann ist der Markt immer noch offen für Lebensmittel aus anderen EU-Mitgliedsstatten und Futtermittel aus anderen EU-Staaten, die hier dann frei zirkulieren können und das ist nicht im Sinne des Verbraucherschutzes."

    Der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch gehen die Vorschläge des Verbraucherschutzministeriums dagegen nicht weit genug. Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von Foodwatch, sagt: 80 Prozent der Dioxine, die Menschen heute aufnehmen, kämen aus tierischen Nahrungsmitteln. Und in diese Nahrungsmittel kämen die Dioxine vor allem durch das Tierfutter. Die Futtermittel-Industrie werde ihrer Verantwortung nicht gerecht. Der gestern vorgestellte Verordnungs-Entwurf des Verbraucherschutzministeriums sieht zwar im Prinzip vor, dass Zutaten auf Gifte untersucht werden müssen, bevor sie zu Tierfutter verarbeitet werden. Diese Prüf-Vorschriften seien aber nicht klar und streng genug formuliert, kritisiert Matthias Wolfschmidt von Foodwatch:

    "Der gestern vorgelegte Verordnungsentwurf ist nicht wirklich so formuliert, dass man wirklich Vertrauen haben könnte, dass wirklich jede Charge vor dem Einmischen verpflichtend getestet sein muss. Der Verordnungsentwurf sieht unterschiedliche Regelungen vor, redet von Tonnagen, die eingehalten werden müssen, von einer erhöhten Kontrollfrequenz und so weiter. Es ist nicht eindeutig zu erkennen und bisher offenbar auch nicht gewollt seitens der Bundesregierung, dass wirklich jede Liefercharge kontrolliert worden sein muss, bevor der Futtermittelhersteller damit irgendwas machen darf."