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Documenta 14 und die Orangerie
Himmlische Kunst in Kassel

Kassel zählte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu den Weltzentren der Himmelsforschung. 1560 wurde dort die erste neuzeitliche Sternwarte Europas errichtet. Heute erinnert ein Museum in der Orangerie des Kasseler Schlosses an die große Zeit der Astronomie in Nordhessen.

Von Dirk Lorenzen | 01.09.2017
    Die Sternwarte in der Orangerie in Kassel
    Die Sternwarte in der Orangerie in Kassel (MHK, Arno Hensmanns)
    Noch gut zwei Wochen lang macht die documenta Kassel zur Welthauptstadt der zeitgenössischen Kunst. Einer der documenta-Orte ist die Orangerie, in der auch die große astronomische Vergangenheit Kassels dargestellt ist.
    Die Stadt zählte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu den Weltzentren der Himmelsforschung.
    Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel, errichtete dort 1560 die erste neuzeitliche Sternwarte Europas. Von balkonartigen Anbauten am Schloss ließ sich der Lauf der Gestirne bestens beobachten – das Teleskop war damals noch unbekannt.

    Landgraf Wilhelm war selbst ein exzellenter Astronom und unterstützte die Lehre des Copernicus, nach der die Sonne in der Mitte der Welt stand und die Erde nur ein Planet von vielen war. Am Hofe waren unter anderem Jost Bürgi und Christoph Rothmann tätig, die zu den besten Astronomen und Instrumentenbauern jener Zeit gehörten.
    Landgraf Wilhelm IV., dargestellt mit astronomischen Instrumenten
    Landgraf Wilhelm IV., dargestellt mit astronomischen Instrumenten (Museumslandschaft Hessen-Kassel)
    Zehn Tage lang weilte der adlige Däne Tycho Brahe auf der Sternwarte in Kassel und ließ sich über moderne Verfahren zur Himmelsvermessung unterrichten.
    Landgraf Wilhelm wies den dänischen König Frederik den Zweiten auf die große Begabung Brahes hin. Daraufhin erhielt dieser die Möglichkeit, selbst eine hervorragend ausgestattete Sternwarte zu errichten.
    Leider hatten Wilhelms Nachkommen kein Interesse an der Astronomie. So blühte dieses Zentrum der Himmelsforschung nur für gut vier Jahrzehnte.
    Das exzellente Museum in der Orangerie des Kasseler Schlosses erinnert an die große Zeit der Astronomie in Nordhessen – und das nicht nur zur documenta.