Archiv

Doping bei Astana
Weltradsportverband unter Zugzwang

Fünf Fälle in den letzten drei Monaten - das ist die Dopingbilanz des kasachischen Radsport-Rennstalls Astana. Und das ist auch ein Problem für den Weltradsportverband UCI, denn der muss demnächst über die Lizenzen für Astana entscheiden.

Von Holger Gerska |
    Das Astana-Team bei der UCI Road World Championships 2014 in Ponferrada, Spanien.
    Ein Team unter Dopingverdacht: Astana bangt um die Lizenzerneuerung durch den Weltradsportverband UCI. (AFP / Javier Soriano)
    Insgesamt sind fünf Fahrer, die unter dem Label "Astana" antreten, in den letzten drei Monaten des Dopings überführt worden. Drei dieser Fahrer stehen beim drittklassigen Nachwuchsteam unter Vertrag, das Trio wurde positiv auf anabole Steroide getestet. Zwei – nämlich die beiden Brüder Iglinski – sind im World-Tour-Team Mannschaftskollegen des Tour-de-France-Siegers Vinzenco Nibali. Beide wurden mit dem Dopingklassiker EPO erwischt. Maxim Iglinski hat immerhin vor zwei Jahren den Frühjahrsklassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich gewonnen.
    Betrachtet man die Dichte der Dopingkontrollen am Ende der Saison, war fast jeder Test bei Astana positiv. Das lässt zumindest für das Nachwuchsteam auf flächendeckendes, also organisiertes Doping schließen. Der Weltverband reagierte mitten in seinem Lizenzverfahren alarmiert. Teamchef Winokurow musste am 6. November zum Rapport bei UCI-Chef Brian Cookson in Genf erscheinen. Damals waren zwei der Dopingfälle noch gar nicht bekannt. Winokurow ist der neuen Spitze des Radsportweltverbandes ziemlich suspekt. Der in Kasachstan hochverehrte Olympiasieger von 2012 hat seine eigene Dopingvergangenheit nie aufgearbeitet. Inzwischen nervt er die - gezwungenermaßen - auf Erneuerung setzende UCI-Spitze allein mit seiner sehr telegenen Anwesenheit – bei der Tour de France 2014 jubelte nicht nur Sieger Nibali, sondern auch Teamchef Winokurow.
    Wagt UCI es, Astana die Lizenz zu verweigern?
    Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, sein Profi-Team schachmatt zu setzen. Aber wagt der Weltverband wirklich diesen Schritt? Die Kasachen sind offenbar in Panik. Winokurow hat nach dem jüngsten Fall gestern sein Nachwuchsteam erst mal suspendiert. Auch der Chef des kasachischen Radsportverbandes Kelimbetow soll ausgetauscht werden. Wie es aber wirklich um Astanas Anti-Doping-Haltung bestellt ist, zeigt eine aktuelle Personalie. Luis Leon Sanchez, ein spanischer Radprofi, hat gestanden, mit dem Doping-Arzt Fuentes kooperiert zu haben. Daraufhin wurde Sanchez von seiner niederländischen Belkin-Mannschaft freigestellt und musste in der zweiten Liga des Radsports weiterfahren. Aber nun hat er doch wieder ein World-Tour-Team für 2015 gefunden, Astana – wenn Astana in der World Tour der 18 Topmannschaften bleiben darf.
    Die UCI hat allerdings einen unangenehmen Präzedenzfall in der Schublade. Vor zwei Jahren wurde Katjuscha die Lizenz verweigert. Der russische Rennstall klagte dagegen erfolgreich vor dem Internationalen Sportgerichtshof. Plötzlich waren es 19 statt 18 Mannschaften in der World Tour. Für den Weltverband extrem teuer. Auch der aktuelle Fall Astana hat eine ethische und eine juristische Wahrheit. Zwar sprechen fünf aktuelle Dopingfälle eine deutliche Sprache, aber relevant für die Lizenzentscheidung sind nur die beiden Fälle des Profi-Teams. Eine Entscheidung hat die UCI für Anfang kommender Woche angekündigt.