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Durch Småland mit dem Auto
Schweden wie aus dem Bilderbuch

Småland ist bekannt für seine malerische Landschaft und die unberührte Natur. Hier ist Schweden noch so, wie es sich diejenigen vorstellen, die noch nie dort waren. Eine Postkartenidylle, die so ziemlich jedes Klischee bestätigt - von roten Holzhäuschen bis hin zu Pipi Langstrumpf.

Von Julia Btist | 02.11.2014
    Landschaft in Småland
    Vor allem Deutsche machen in Småland gerne Urlaub. (Deutschlandfunk / Julia Batist )
    Reporterin: "Und jetzt fahren wir nach?"
    Hanna: "Åsens By, ein sehr alter Bauernhof.
    Es sieht aus wie ein alter Bauernhof."
    Hannah Svensson arbeitet bei der Tourismuszentrale Smålands. Die blonde Schwedin zeigt mir einige Highlights der Region. Jönkping ist der Hauptort der Provinz Jönköping und liegt direkt am Vätternsee - dem zweitgrößten See Schwedens.
    Die vielen Boote im Hafen, das tiefblaue Wasser und die Berge, die es in der Ferne umrahmen, schaffen Postkartenidylle. Die umliegende Provinz gilt als typisch schwedisch dank ihrer Nadelwälder und der vielen Seen. Schweden wie aus dem Bilderbuch. Kein Wunder, dass inbesondere die Deutschen hier gerne Urlaub machen.
    Hannah: "Wir haben meistens Deutsche. (...)Småland sieht ja aus wie die Deutschen denkt an Schweden glaub ich. Mit alle rote Hausen, viel Wald. Und natürlich Elchen haben wir viele und so..."
    Die Küstenstraße führt bergrauf in die Hügellandschaft. Fast schon kitschig glitzert das Wasser des Vätternsees in der Sonne. Dann mündet die Landstraße im Wald. Erste Station ist ein Kulturreservat: Åsens By. Es bietet eine Reise in die Vergangenheit: Schweden vor rund 100 Jahren wird hier erlebbar. Es regnet. Nebel hängt in der Luft.
    Tobias Kreuzpointer kommt aus Bayern und lebt seit fünf Jahren in Småland. Mittlerweile ist er im Vorstand der Stiftung, die das Freilichtmusuem betreibt:
    "Im Jahr 2000 hat man zum ersten Mal Kulturreservate gebildet und dieses hier Åsens By war das erste. Wertvolle Natur, hier mit den kleinen Ackerflächen und Weideflächen."
    "Wir haben hier also steinzeitliche und auch aus der Eisenzeit Funde. (...) Es gibt erste schriftliche Nachweise aus dem 13. Jahrhundert. Erst als später das renoviert wurde, hat man eine Karte von 1790 ungefähr gefunden. Und da hat man dann erkannt, die Grenzen zwischen den Ackerflächen und den Weideflächen sind die ursprünglichen eigentlich, aus dem 18. Jahrhundert im Prinzip."
    Als wäre die Zeit stehen geblieben
    Åsens By zeigt ein Dorf, wie es um 1900 ausgesehen hat. Kleine Holzhäuschen, eingerichtet mit alten Möbeln, Bauernschränken, alten Dielen. Ein Kachelofen in der guten Stube - fast so als wäre die Zeit stehen geblieben.
    Tobias Kreuzpointner: "Es war ein kleines Dorf, besteht aus drei Höfen, einer davon war Pfarrers Hof und später hat da drin ein Dorflehrer gewohnt. Das ist auch jetzt heut noch so erhalten. Wir sind in nem alten Stall. Wir haben da ungefähr Platz für acht Kühe, ein paar Schweine und ein Pferd."
    Es riecht nach Leder, originales altes Zaumzeig hängt an der Wand. Eine Etage höher sind alte Arbeitsgeräte aus der Zeit um 1900 ausgestellt.
    Tobias Kreuzpointner: "Mühlensteine und ne Vorrichtung zum Mehl mahlen, was man dann gemacht hat. Und dann eben Brot gebacken hat. Wir können das Mal ausprobieren.
    Die meisten Häuser sind im ursprünglichen Zustand erhalten. In der Herberge kann man sogar Zimmer mieten. 1890 haben 32 Menschen auf den drei Höfen im Dorf gewohnt. Die kleinen Holzhäuser sind rot gestrichen - das typisch schwedische Klischee.
    Tobias Kreuzpointner: "Das war früher eigentlich die Farbe für die armen Leute, weil es aus Restprodukten des Kupferabbaus ebenhergestellt wird. Und da sehr billig zu haben war. Es wird dann mit Leinöl in der Regel angemischt und damit dann die Häuser gestrichen - wird bis heute gemacht."
    Draußen vor den roten Häuschen versammeln sich gerade mehrere Generationen. Eine Deutsch-Schwedische Familie macht Urlaub im Kulturreservat. Wenn es auch aussieht, als würde sie immer hier leben. Die 87jährige, schwedische Großmutter findet in Småland vor allem eines typisch: den Akzent.
    " Rrrr, rrrr, mit R."
    "Einmal normal und einmal Småland bitte!"
    "Mein Name ist Per Olow."
    "Und dann auf Småländisch würde ich sagen. Das ist ein bisschen Dänisch, die Wörter werden ein bisschen geschluckt. Ein bisschen anders."
    Viele Schweden sprechen etwas Deutsch, vor allem die Älteren, wie Sven Brinck, der 86-jährige Großvater:
    "Das war die erste Sprache, die wir in der Schule gelernt haben. Das war natürlich der Zusammenhang mit Deutschland bevor dem Kriege. Das war natürlich, dass man Deutsch gerlernt hat."
    Für die vielen Deutschen, die hier in Smaland jedes Jahr Urlaub machen - manche sogar immer wieder -, hat Sven Brinck eine einfache Erklärung.
    "Das verstehen wir auf diese Weise, dass die Deutschen diese ruhige Landschaft schätzen, und vielleicht ist es ganz viele Menschen in Deutschland und die leben ganz zusammen."
    Nun fehlt nur noch eines: ein Elch.
    "Mein Vater hat 25 Jahre in Schweden gelebt und zwei Elche gesehen. Also so gewöhnlich ist das nicht."
    Vater: "Ja, das stimmt. Aber im Opel-Zoo in Kronberg habe ich einen Elch gesehen."
    Elchpark mitten im Wald

    In den frühen Morgenstunden oder am Abend tauchen sie auf. Sie streifen meist als Einzelgänger durch den Wald. Schneller trifft man einen Elch allerdings im Elchpark. Aber auch der liegt versteckt, mitten im Wald. Einsame Landstraßen führen zum Elchpark Vrigstad.
    Im Elchpark, mitten im Wald, trifft man zuverlässig auf Elche.
    DLF-Autorin Julia Batist mit Mikro und einem Elch. (Deutschlandfunk / Julia Batist )
    Auch die Bramers sind Immigranten. Das Ehepaar aus Holland hat in Schweden neben seinem Campingplatz einen Elchpark eröffnet. Vier Elche leben hier auf rund sechs Hektar zusammen. Und sie sollen sich vermehren. Jos Bramer füttert seine Tiere gerade mit Bananen:
    "Es ist viel Arbeit. Die müssen junge Bäume haben zu essen, jeden Tag wieder. Die fahren wir mit Motor, mit einem Wagen. Für die Brunstzeit können die 35 Kilo kleine Bäume essen, jeden Tag."
    Hanneke Bramer: "Noch zwei, drei Wochen, dann geht der in die Brunst. Das Geweih fällt ab und dann geht er in die Brunst. Dann kommen da auch wilde Elche von draußen hier. Und dann streiten die miteinander."
    "Dann gehen wir nicht da rein. Dafür haben wir auch Futterstellen außen."
    Direkt am Ufer des Flusses Häran, liegt eine Ferienanlage - Natur pur - nur rund 40 Kilometer von Jönköping enfernt. Wieder ist es eine Småland-Liebhaberin aus Deutschland, die hier arbeitet. Die Schleswig-Holsteinerin verbringt hier mehrere Monate als Gärtnerin:
    "Mich fasziniert einfach diese Weitläufigkeit."
    "Ist halt von der Landschaft und vom Klima her lieblicher als der Norden. Es ist sozusagen Schweden für Anfänger. Es ist nicht so extrem, aber schon ein bisschen exotisch für unsere Verhältnisse."
    Die schwedischen Wälder haben es den Urlaubern besonders angetan.
    "Fahrrad fahren, Wandern, so'n Wald, der ganz hell ist, mit Blaubeeren, Preisselbeeren auf dem Boden, mit den Flechten. Das ist ne ganz besondere Landschaft. So'n Wald findet man in Deutschland nicht."
    Das kleine Örtchen Gränna - nur etwa zwanzig Kilometer entfernt - ist bekannt für seine Zuckerstangen. Auf der Hauptstraße reihen sich kleine Läden aneinander, die die rot-weißen Stangen traditionell herstellen. Beschaulich liegt der Ort am Fuß eines Berges. Neben dem Hafen, am Ufer des Vätternsees befindet sich ein Camping-Platz.
    Vater Camper-Familie: "Ist ne schöne Gegend, natürlich sehr viele Seen. Der ist natürlich jetzt riesig groß. Sie sehen hier die Berge, die Felsen, die da sind. Für die Kinder ist das toll, die können im Wald rumtollen. Wir haben schon Blaubeeren gesucht - ist traumhaft. Und die Schweden selbst sind natürlich sehr, sehr kinderfreundlich. Man kann das Zelt offen stehen lassen. Die Schweden sind einfach ein tolles Volk."
    Regelmäßig fährt eine Fähre zur Insel Visingsö, gleich gegenüber. In der Ferne kann man sie auf der anderen Seite des Sees erkennen.
    "Es ist wirklich noch Natur"
    Jenny Carlsson bildet eigentlich junge Pferde aus. Bis es richtig kalt wird, ist sie aber als Kutscherin auf der Insel unterwegs und fährt Touristen zu den historischen Anziehungspunkten. Remmalag heißen die beliebten offenen Kutschen. Die Touristen sitzen links und rechts nebeneinander aufgereiht und blicken auf die Landschaft.
    Jenny Karlsson: "Sie haben am Ende des 19. Jahrhunderts damit angefangen. Bauern hier von der Insel haben Touristen mit den kleinen Kutschen, die sie auf ihren Höfen hatten herum gefahren. So konnten sie sich etwas dazu verdienen. Das kam an, die Kutschen wurden größer und irgendwann war es eine Attraktion."
    Visingsö hat eine lange Geschichte.
    Jenny Karlsson: "Schwedens erste Burg des Königs stand hier auf der Insel. Über viele Jahre wurde Schweden von hier aus regiert. Im 16. Jahrhundert lebte hier wo die Burg steht der Graf Brahe. Seine Burg war vier Mal so groß wie das was man heute noch sieht. Das waren die Glanzzeiten von Visingsö. Wir haben auch viele Grabfelder aus dem Wikinger-Zeitalter. Also gibt es drei historische Monumente."
    Imposant sieht die Ruine der alten Burg noch heute aus. Sie liegt auf einem Hügel gleich am Seeufer. Bei den Ritterspielen ist hier viel los. Heute picknicken Familien unterhalb der Ruine im Gras.
    Der Blick über den Vätternsee zurück nach Gränna beruhigt die Seele. Klares, tiefblaues Wasser, die Fähre die langsam darüber gleitet und im Hintergrund Wald, Wiesen und Geschichte.
    Mutter Camper-Familie: "Was bleibt ist die Weite, das Große. Das Freie, das Leere - ist eben nicht überall ne Straße und nicht überall ein Haus. Und es ist wirklich noch Natur."
    Tourist: "Das Ausgedehnte, das Ausgestreckte, die Abwechslung zwischen Wald und Wasser (...) das ist schon schön."