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Ecuador
Regierung fordert sofortige Freilassung von Julian Assange

Zwei Gästezimmer, ein Schlafzimmer, ein Arbeitszimmer: Mehr Platz hat Wikileaks-Gründer Julian Assange nicht. Seit dreieinhalb Jahren lebt er in der ecuadorianischen Botschaft in London. Ginge er vor die Tür, würde er sofort von den britischen Behörden verhaftet. Ein Zustand, den Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño so nicht länger hinnehmen will.

Von Julio Segador | 06.02.2016
    Wikileaks-Gründer Julian Assange spricht nach der Bekanntgabe des UNO-Gutachtens per Videoübertragung auf einer Pressekonferenz.
    Wikileaks-Gründer Julian Assange spricht nach der Bekanntgabe des UNO-Gutachtens per Videoübertragung auf einer Pressekonferenz. (dpa-Bildfunk / EPA / Will Oliver)
    Seit dreieinhalb Jahren lebt Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London. Seit dieser Zeit drängt die Regierung des südamerikanischen Landes darauf, den Wikileaks-Gründer in die Freiheit zu entlassen. Durch das Urteil des UN-Gremiums, das von einer willkürlichen Verhaftung gesprochen hatte, sieht sich Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño in der Haltung seines Landes bestätigt.
    "Alles, was wir Punkt für Punkt gesagt haben, all unsere Argumente sind ratifiziert worden. Sie geben uns in allen Punkten recht. Es hat kein gerechtes Gerichtsverfahren gegeben, er konnte sich nicht adäquat verteidigen, es gab keine Unschuldsvermutung, er wurde willkürlich verfolgt. Man kann eigentlich nur sagen: Er wurde politisch verfolgt."
    Assanges eintöniger Alltag
    Ricardo Patiño hat Julian Assange mehrmals in der Botschaft in London getroffen. Er kennt den Alltag des Wikileaks-Gründers, der sich mit den Veröffentlichungen geheimer Dokumente vor allem in den USA und Australien mächtige Feinde geschaffen hat. Es ist ein eintöniger Alltag, den Außenminister Patiño beschreibt:
    "Er arbeitet den ganzen Tag und oft genug auch die Nacht durch. Wir bieten ihm nur einigermaßen gute Bedingungen, mehr können wir leider nicht tun. Er hat ein Schlafzimmer, zwei weitere Räume, in denen er Gäste empfängt. Und dann noch ein Zimmer, in dem er arbeitet. Dort stehen auch seine Computer. So sieht sein Alltag aus, eigentlich arbeitet er nur. Leider kann er nichts anderes machen."
    Und das seit Juni 2012. Dreieinhalb Jahre praktisch eingesperrt, ohne die Botschaft verlassen zu können. Eine unmenschliche Situation, so Ricardo Patiño.
    "Ich hätte das nicht ausgehalten. Ich weiß nicht, wie er das schafft. Vermutlich wachsen wir Menschen in einer so schwierigen Situation über uns hinaus. "
    Dreieinhalb Jahre, in denen die britische Regierung nach den Worten Patiños permanent das Recht bricht. Sogar eine dringend notwendige Tomografie habe nicht durchgeführt werden können, berichtet der Außenminister. Die britischen Behörden hätten Assange nicht einmal für diesen Fall Garantien gegeben. Sie hätten ihn außerhalb der Botschaft sofort verhaftet.
    "Das ist unmenschlich. Nicht nur illegal, sondern unmenschlich."
    Entschädigung gefordert
    Ecuadors Außenminister forderte Großbritannien auf, Julian Assange nicht nur freizulassen, sondern ihn auch zu entschädigen. Er habe nur versucht, die Verbrechen anderer Bürger mächtiger Staaten aufzudecken. Für Patiño ist es ein einziger Skandal, dass die britische Regierung trotz des vorliegenden Urteils des UN-Gremiums den Wikileaks-Gründer weiter bedroht.
    "Wie ist es möglich, dass sich Weltmächte derartig über das internationale Recht und über internationale Organisationen hinwegsetzen. Organisationen, die sie selbst mit aufgebaut haben."
    Die Verteidigung wichtiger Prinzipien
    Fest steht: Julian Assange kann auch weiterhin in der Botschaft des kleinen südamerikanischen Landes bleiben. Bis Großbritannien seine Haltung ändert. Ecuadors Außenminister sieht sich im Recht, ein Recht, das ihm die UN-Experten nun schwarz auf weiß bestätigen.
    "Wir beurteilen das Ganze nicht danach, ob wir etwas gewonnen oder verloren haben. Wir verteidigen wichtige Prinzipien. Die Menschenrechte. Das internationale Recht. Freiheiten wie die Meinungsfreiheit. Das ist für uns das Wichtigste. Nicht so sehr, ob wir dabei etwas gewonnen oder verloren haben. "