Dienstag, 19. März 2024

Archiv

EM 2016
Englands Aus wirft viele unbequeme Fragen auf

Der zurückgetretene England-Trainer Roy Hodgson hat sich nach dem EM-Aus gegen Island mit einem teilweise bizarren Auftritt verabschiedet. "Ich weiß immer noch nicht, was ich hier genau soll", rätselte der 68-Jährige vor ungewöhnlich vielen Journalisten.

Von Matthias Friebe | 28.06.2016
    Roy Hodgson bei der Pressekonferenz nach dem Aus gegen Island.
    Roy Hodgson bei der Pressekonferenz nach dem Aus gegen Island. (dpa / EPA / Abedin Taherkenareh)
    Es war so einiges anders bei dieser letzten der täglichen Pressekonferenzen der englischen Nationalmannschaft. Das lag einmal an Roy Hodgson, dem gestern Nacht zurückgetretenen Trainer. Unmittelbar zu Beginn sagte er: "Ich weiß nicht wirklich, warum ich hier bin. Ich dachte, mein Statement gestern Nacht war ausreichend!"
    Und das lag auf der anderen Seite an den Journalisten, von denen noch viel mehr als sonst nach Chantilly nördlich von Paris gekommen waren. Sie wollten Erklärungen für das in ihren Augen peinliche 1:2 gegen Island. Für manch einen eine fast staatstragende Angelegenheit. Einige hatten das Poloshirt gegen Anzug und Krawatte und die üblichen gegen etwas schärfer formulierte Fragen getauscht.
    "Warum haben Sie Roy gezwungen heute hierhin zukommen? Er ist nicht glücklich damit", fragt einer den mit Hodgson auf dem Podium sitzenden Geschäftsführer des Fußballverbands FA Martin Glenn, als Hodgson ihm ins Wort fällt: "Nein, Entschuldigung, ich wurde nicht gezwungen. Ich war ängstlich, ob irgendjemand hier im Raum mir vorwerfen würde, dass ich Furcht vor den Medien habe." Und sagt kurz drauf: "In den vier Jahren – wir wissen alle die englischen Medien sind schwer zufrieden zustellen – aber ich bin immer fair behandelt worden. Ich kann mich nicht beschweren!"
    Angespanntes Verhältnis zwischen Trainer und Journalisten
    Dennoch ist es nicht zu übersehen, wie angespannt das Verhältnis von Journalisten und Trainer ist. Immer wieder Kopfschütteln, wenn Roy Hodgson seine Ratlosigkeit zum Ausdruck bringt über das Aus im Achtelfinale: "Ich bin wirklich sehr enttäuscht. Ich habe diese Niederlage wirklich nicht kommen sehen. Nichts in den ersten drei Spielen hat mich ahnen lassen, dass wir so schlecht spielen würden. Aber so war es."
    So eine Niederlage gegen eine gute isländische Mannschaft könne immer geschehen im Fußball. Aber: "Aber es ist ein Fakt. Eine teilweise schlechte Partie hat eine Menge Schaden angerichtet für mich persönlich, für das Team und auch für das Team der Zukunft."
    So schlecht seine persönliche Bilanz ausfällt mit den traurigen Höhepunkten im Vorrunden-Aus bei der WM in Brasilien und der Island-Niederlage jetzt, das heiße nichts für die Zukunft. "Glauben sie, wir werden jemals eine englische Mannschaft haben, auf die das Land stolz ist?" "Ja, das denke ich. Mit dieser Mannschaft hier wird das gehen. Sie müssen reifen, aber dann werden sie beweisen, dass sie würdig sind, dass englische Trikot zu tragen."
    "Wir werden die besten Leute haben"
    Da stimmt auch FA-Geschäftsführer Martin Glenn mit ein: "Es ist unser Versprechen, dass wir in den kommenden Turnieren in jedem Spiel, in jeder Halbzeit alles in die Wagschale werfen werden." Glenn wird mit verantwortlich sein für die Suche nach einem Nachfolger: "Ich werde heute keine Namen diskutieren. Aber wir werden die besten Leute haben, um diese aufregende Mannschaft mit großem Potenzial weiter zu entwickeln. Wir schauen nach dem Besten, es muss nicht unbedingt ein Engländer sein."
    Ganz am Ende der Presskonferenz merkt man Hodgson dann aber doch an, wie sehr genervt er von den Fragen heute ist: "Danke für ihr Kommen. Ich habe nichts hinzuzufügen. Ich überlasse sie ihren Geschichten und Danke für die Zeit!" Sagt's und beendet diese, seine letzte Pressekonferenz als Trainer der englischen Mannschaft.