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Energie
Pumpspeicher unter Tage

Seit einigen Jahren verfolgen Ingenieure die Idee, Pumpspeicherkraftwerke unter Tage zu verlegen - in alte Salzkavernen. Nun präsentierten Forscher in Goslar eine Technik, um bisherige Probleme dabei zu meistern.

Von Sönke Gäthke | 25.11.2013
    Salzkavernen sind künstlich angelegte Höhlen, in denen Erdgas oder Erdöl gelagert werden. Künftig könnten sie auch als Energiespeicher dienen – wenn es nach dem Physiker Wolfgang Littmann geht. Denn sie hätten den Vorteil, dass nur das Speichermedium in den Untergrund wanderte – die Technik – Pumpen, Turbinen oder Transformatoren – könnten auf der Oberfläche bleiben.
    Bei allen anderen Untertage-Speichern müssten sonst auch diese unter die Erde. Das liegt am Pumpvorgang selbst. Pumpspeicherwerke speichern, indem sie Wasser ein Gefälle hoch pumpen, und geben die Energie wieder ab, in dem sie das Wasser wieder in die Tiefe strömen lassen.
    "Ja, von oben nach unten, das geht – also, dass man – das weiß ja jeder, der mal, ja, wie früher Diebe Benzin abzapfen, man saugt das an und dann läuft das von alleine weiter."
    Das funktioniert über wie unter Tage - Kohle-, Erz- oder Salzbergwerke reichen in Deutschland mehrere Hundert Meter in die Tiefe und wären daher gute Kandidaten für unsichtbare Speicher. Allerdings soll das Wasser ja wieder nach oben, um Strom zu speichern.
    "Aber wieder von unten nach oben zu kriegen, das umzupumpen, das ist die Schwierigkeit."
    Denn von oben lässt sich Wasser nicht ansaugen. Im Brunnen zum Beispiel saugen Pumpen nicht Wasser an, sondern Luft. Sie erzeugen so einen Druckunterschied zwischen der Luft im Rohr und der Wasseroberfläche. Der Luftdruck außerhalb des Rohrs presst dann das Wasser ins Rohr – aber nach rund zehn Metern ist damit Schluss, dann ist der Druck ausgeglichen.
    "Dann muss man diese Pumpen unten anordnen, um das hoch zu pumpen."
    Technisch geht das, aber es ist sehr aufwendig: Die Maschinen müssten Hunderte von Metern in die Tiefe verfrachtet, strenge Sicherheitsbestimmungen befolgt werden. Wolfgang Littmann verfolgt deshalb einen anderen Ansatz:
    "Man muss sich etwas anderes ausdenken, und das ist eigentlich der Clou an dieser ganzen Geschichte, dass man diese Kavernen unter Druck setzt."
    Das heißt, in die Kavernen wird zusätzlich ein Gas gepumpt, das statt der Luft mit viel höherem Druck auf die Oberfläche des Wassers presst - und so das Wasser im an die Oberfläche führenden Rohr steigen lässt.
    "Dann steht ihre Wassersäule bis oben an, und dann können sie pumpen. Und dann können sie das ganze betreiben wie ein ganz normales Pumpspeicherwerk."
    Mit dem Unterschied, dass das Wasser unter Tage umläuft und man oberirdisch außer den Pumpen nichts davon sieht. Das Ganze funktioniert nur in Salzstöcken, und nicht in alten Bergwerken, weil die Salzkristalle plastisch sind: Wird zum Beispiel ein Rohr durch eine Bohrung in einer Salzschicht geführt, dann schmiegen sich die Kristalle an das Rohr und dichten die Bohrung ab. Auf diese Weise können die Kavernen unter Druck gesetzt werden. Diese Techniken werden bereits angewandt - zum Beispiel für die Speicherung von Erdgas, wo der Druck bis zu 200 Bar ansteigen kann. So hoch müsste er für Speicherwerke nicht sein.
    "Sie brauchen auf der Seite, wenn ihre Kaverne, sagen wir mal, 1000 Meter tief ist, dann müssen sie mindestens diese 110 Bar oder sowas haben, damit sie diese Wassersäule hochdrücken können."
    Damit das Pumpen und Zurückströmen funktioniert, muss auch in der höheren Kammer derselbe Druck herrschen, beide sollten daher mindestens über ein zweites Rohr verbunden werden: Das endet weit oben in den Kammern und ermöglicht einen Druckausgleich zwischen den Kavernen. Diese könnten – wie Erdgasspeicher auch – rund 500.000 Kubikmeter fassen.
    "Sie können in der Größenordung – also bei diesen 500-tausender Kavernen ungefähr 1000 Megawattstunden ... "
    … an elektrischer Energie einspeichern. Wie lange diese Energie reicht, hängt dann von der Leistung ab, mit der die Turbinen laufen. Das Prinzip lässt sich dabei auch auf reine Gasspeicher übertragen, so Littmann weiter. Für beide hat der Physiker inzwischen Patente erhalten – und hofft, demnächst ein Pilotprojekt bauen zu können.

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