Dienstag, 19. März 2024

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Erfolg von Populisten
"Ein schrecklicher, aber erzwungener Reflex"

Den Kabarettisten Werner Schneyder wundert es nicht, dass sich viele Menschen von Populisten angezogen fühlen. Wer das Gefühl habe, vom System alleingelassen zu werden, suche Hilfe bei scheinbar starken Figuren. "Man darf Dürstenden nicht bös sein, wenn sie verschlammtes Wasser saufen", so Schneyder im DLF.

Werner Schneyder im Gespräch mit Günter Kaindlstorfer | 22.01.2017
    Der oesterreichische Kabarettist , Autor und Regisseur Werner Schneyder, aufgenommen am 27.03.2013 in Meiningen (Thüringen)
    Der österreichische Kabarettist Werner Schneyder bezeichnete Donald Trump im DLF als "Tretmine". (picture alliance/dpa/Michael Reichel)
    Der neue US-Präsident Trump hat bereits für viele negative Schlagzeilen gesorgt. Zum Beispiel als er über einen behinderten Journalisten spottete oder darüber witzelte, Frauen in den Schritt zu greifen. Dieser Mann sei eine Tretmine, so der Kabarettist Werner Schneyder. "Man kann den nicht mit einfachen Witzen abspeisen, dazu ist es viel zu gefährlich. Was er Regierung nennt, ist ja ein elitäres Gangster-Syndikat." Mafia-Bosse würden blass vor Neid, wenn sie über die einzelnen Regierungsmitglieder lesen würden. Den guten Satirikern würde gewiss viel zur Person Donald Trumps einfallen.
    Die Gerüchte, dass der US-Präsident vom Kreml mit einem bizarren Sex-Video erpresst werde, findet Schneyder erschreckend. "Ich finde die Entwicklung, dass man jetzt ununterbrochen auch die Unterleibsaffären heranzieht, um Politik zu machen, schauerlich." Wenn diese Erpressung wirklich existiere, spräche das sowohl gegen Putin, als auch gegen Trump.
    "Das Platzen der Blase ist programmiert"
    Doch nicht nur die Wahl Donald Trumps sei schlimm. Überhaupt habe man das Gefühl, die Welt sei momentan aus den Fugen geraten. "Die Wachstumsideologie ist an die Wand gefahren. Ich definiere die globalisierte Weltwirtschaft als Pyramidenspiel." Diese Spiele brächten die Veranstalter normalerweise ins Gefängnis. In der Weltökonomie sei sie aber straffrei. Das Platzen der Blase sei programmiert.
    "Eine Gesellschaft, die merkt, dass sie damit alleingelassen wird, dass das unterprivilegiert-sein, das Zurückbleiben so vieler Schichten und Leute, diese Zocker nicht stört, ihr Vernichtungswerk fortzusetzen, dass da jetzt die Extremen kommen, ist vollkommen natürlich." Da vor nicht allzu langer Zeit eine linke Weltrevolution gescheitert sei, käme die nächste nun von rechter Seite, so Schneyder.
    Ratlose Menschen suchen Halt
    Die Globalisierung beherrsche die Menschen, ist sich der Kabarettist sicher. Dagegen gebe es nur eine logische Notwehr: die neuen Nationalismen. Man kapsle sich ab. "Das ist ein schrecklicher, aber erzwungener Reflex. Wir sind in einer ganz entscheidenden Situation der menschlichen Gesellschaft."
    Die Re-Nationalisierung sei verständlich. Denn wenn jemand ganz allein und ratlos sei, suche er die Antworten bei Heilsbringern, Gurus und Sektierern. "Man darf Dürstenden nicht bös sein, wenn sie verschlammtes Wasser saufen."