Montag, 06. Mai 2024

Archiv


EU-Parlament fordert mehr Transparenz bei der Förderung von Öl, Kohle und Co.

Unternehmen, die im Ausland Rohstoffe fördern, zahlen an die jeweiligen Regierungen Geld für dieses Förderrecht. Oft ist Korruption die Folge. Das EU-Parlament will die Unternehmen dazu verpflichten, ihre Zahlungen künftig offenzulegen. Deutschland blockierte monatelang die Initiative.

Von Peter Kreysler | 11.06.2013
    "Hier, wo wir jetzt stehen, das war mein fruchtbarer Garten. Jetzt ist es eine öde Sandbank mit giftigen Felsen."

    Im Hochland von Papua Neuguinea steht Maria Math. In 2005 begann hier der Rohstoffboom im Tal, und transnationale Konzerne aus Südafrika und Australien begannen, auch hier Gold, Kupfer und Kobalt abzubauen.

    "Es ist alles voller Cyanid-Säure. Die Goldmine benutzt diese Säure, um das Gold aus dem Gestein zu lösen. Hier, sehen Sie meine Beine an: überall habe ich großen Ausschlag an den Füssen und meinen Fesseln, das kommt daher, weil ich den Fluss durchwaten muss. Die Mine leitet Gift in den Fluss, und viele erkranken an Krebs aufgrund des vergifteten Grundwassers."

    Neben Maria steht im milchig-braunen Wasser Ruben, der die Interessen der Menschen in der Region koordiniert. Der Tagebau verursache extreme Umweltschäden. In Rubens Anklage schwingen Wut und Hilflosigkeit mit.

    "Die Regierung kümmert sich nicht um uns. Während die Hidden Valley Goldmine Millionen Dollar kassiert, kriegen wir nichts, das kann doch nicht sein. Wir haben auch Rechte, auch wenn wir nur Ureinwohner sind und unser Land schützen wollen. Das sind milliardenschwere Firmen, und sie walzen alles nieder."

    Krankenhäuser, ausreichend Schulen, funktionierende Straßen: Fehlanzeige - ruft er. Obwohl es an Einnahmen nicht mangeln dürfte, ergänzt Maria Math.

    "Wenn wir wüssten, wie viel Geld die Bergbauunternehmen verdienen, dann könnten wir unsere Regierung endlich besser unter Druck setzen, dass die vielen Einnahmen auch hier ankommen."

    Wie viel Gold, Kupfer oder Kobalt weltweit aus den Minen geholt, wie viel Erdöl gefördert oder Tropenholz geschlagen wird und wie viel Geld dafür fließt: Dazu gibt es zwar Zahlen, aber viele beruhen nur auf Schätzungen. Das soll jetzt besser werden, wenn das Europaparlament am Mittwoch ein neues Rohstoff-Transparenz-Gesetz beschließt. Es wird für alle weltweit agierenden Firmen gelten, die an den europäischen Börsen notiert sind. Sie unterliegen der Berichtspflicht und müssen künftig Zahlungen ab 100 000 Euro und die Empfängerländer veröffentlichen. In den USA existiert bereits eine ähnliche Vorschrift, der Dodd-Frank Act.

    In der EU sei diese Regelung mehr als überfällig, findet Jeroen Hooijer, Abteilungsleiter in der Brüsseler EU-Generaldirektion für Binnenmarkt und Dienstleistungen:

    "Das Hauptanliegen der EU-Kommission mit diesem Vorschlag ist, die Transparenz im Rohstoffbereich zu erhöhen, dann werden die Firmen offenlegen, was sie an die Förderländer an Steuern zahlen."

    Doch ausgerechnet Deutschland blockierte monatelang die Initiative der EU-Kommission, obwohl es sich sonst für "Good Governance" - für gute Regierungsführung - starkmacht. Enttäuschung bei der Nichtregierungsorganisation "Publish What You Pay", die das Transparenzgesetz maßgeblich vorangetrieben hat:

    "Ursprünglich – so haben wir es gehört – war Deutschland sogar generell gegen diese Initiative und hätte am liebsten dafür gesorgt, dass alles, was Transparenz betrifft, nicht in der Direktive drin ist."

    Eine Position, die Marcus Guardien sehr überrascht hat. Denn die Initiative soll Bestechung verhindern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI, wiederum warnt vor den Folgekosten. Matthias Wachter, Leiter der Rohstoffgruppe beim BDI sagt:

    "…. dass wir hier von mehreren Milliarden Folgekosten für die betroffenen Unternehmen in der Gesamtsumme ausgehen müssen."

    Ein Bericht der EU geht von weitaus geringeren Kosten als der BDI aus, 236 Millionen Euro pro Jahr. Der BDI bringt noch weitere Bedenken vor. Und glaubt,

    "… dass der deutschen Industrie ein Standortnachteil entstehen könnte."

    Bei dem Argument Standortnachteil widerspricht Gudrun Kopp, Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium BMZ deutlich.

    "Wir haben kaum Firmen, die Rohstoffe abbauen. Uns in Deutschland betrifft es am allerwenigsten! Ich bin immer sprachlos."

    Warum aber die Bundesregierung eineinhalb Jahre brauchte, um ihren Widerstand aufzugeben, vermag sie nicht so recht zu erklären. Es musste wohl Überzeugungsarbeit im Justiz- und Wirtschaftsministerium geleistet werden. Jetzt spricht Kopp von einem Erfolg.

    "Von daher ist der Transparenzbereich im Rohstoffsektor überfällig. Und ich glaube, er ist von ganz herausragender Bedeutung; da stecken Milliarden von Summen drin, und die entscheiden über Wohl und oder nicht Wohl ganzer Gesellschaften."

    Maria im Watut Tal kann jetzt nur hoffen, dass die neuen Transparenzregeln auch Wirkung zeigen:

    "Vielleicht wird sich dann das Leben hier in unserem Tal verbessern und vielleicht werden wir dann auch von dem Ressourcenreichtum unseres Landes profitieren."

    Es ist alles voller Cyanid-Säure. Und dann krempelt sie ihre Hose hoch und watet durch das giftige Wasser auf die andere Uferseite des Watut Flusses, um ihre Kinder von der Schule abzuholen.