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Ex-Bundesliga-Profi Reinhardt
"Ich würde mir eine Stunde Sport am Tag in der Schule wünschen"

Knut Reinhardt spielte in den 90ern als Profifußballer beim BVB. Heute setzt er seine Energie als Grundschullehrer in der problembehafteten Dortmunder Nordstadt ein. "Bewegung ist ein super Ausgleich für die Kognition, die die Kinder leisten müssen", sagte Reinhardt im Dlf.

Knut Reinhardt im Gespräch mit Jessica Sturmberg |
    Knut Reinhardt - ehemaliger Fußballprofi und heute Grundschullehrer.
    Knut Reinhardt - ehemaliger Fußballprofi und heute Grundschullehrer. (dpa / Horst Galuschka)
    "Oft würden die Kinder gerne Sport treiben. Aber die Eltern bringen nicht die nötigen sieben Euro im Monat auf oder haben keine Auto, um zu Auswärtsspielen mitzufahren", klagt Knut Reinhardt. Der ehemalige Fußballprofi von Borussia Dortmund ist heute Grundschullehrer. Reinhardt wünscht sich mehr Möglichkeiten zur Bewegung für seine Schüler. Zudem plädiert er für eine bessere personelle Besetzung der Grundschulen, da die pädagogischen Herausforderungen immer weiter zunähmen. So nehme der Erziehungsauftrag neben dem Bildungsauftrag vor allem in Problemstadtteilen mit buntgemischten, großen Klassen immer weiter zu.
    Lernen ein Ziel anzustreben
    Er versuche den Kindern die Tugenden aus seinem früheren Leben als Fußball-Profi und Leistungssportler zu vermitteln wie Pünktlichkeit, Anstrengungsbereitschaft oder Ziele anzustreben und auch Enttäuschungen zu verarbeiten. In dem Buch "Wenn Fußball Schule macht" hat er die Erfahrungen aus seinem neuen Beruf aufgeschrieben.
    Knut Reinhardt als Spieler von Borussia Dortmund im UEFA-Cup 1994.
    Knut Reinhardt als Spieler von Borussia Dortmund im UEFA-Cup 1994. (dpa / Photographie Tri Ass)
    Knut Reinhardt erlebt viele Schwierigkeiten bei Kindern, weil sie in ihrem Umfeld kaum gefördert werden. "Ich bin als Grundschullehrer oft länger mit den Kindern zusammen als die Eltern. Viele Kinder waren noch nie im Wald. Und dann hat ein Kind eine Brennnessel angefasst, weil sie Blätter suchen sollten. Und dann hat es geschrieen: 'Ich sterbe!' Das sind viele Erfahrungen, die ich versuche den Kindern zu vermitteln. Ob das jetzt ein Stadionbesuch ist oder ein Besuch in der Eisdiele. Viele Dinge, bei denen bei den Kindern die Synapsen angehen. Und das ist zwar spannend, aber es kostet eine Menge Kraft."
    "Kinder nicht so schnell ausselektieren, damit sie beim Sport bleiben"
    Die Frage nach einer stärkeren Leistungsorientierung im Sport und der Schule, wie von Bundesinnenminister Thomas de Maizière gefordert, beantwortet Reinhardt kritisch: "Das ist eine Pyramide, die Wenigsten kommen da durch. Ich denke mir, viel wichtiger ist gerade in der Breite, dass die Kinder zum lebenslangen Sport animiert werden, dass sie nicht so schnell ausselektiert werden, dass sie nicht den Spaß am Sport verlieren. Deshalb sollte man nicht zu früh selektieren, damit die Kinder wirklich dauerhaft beim Sport bleiben."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.