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Familientreffen mit Saint-Saëns

Die Brüder Renaud und Gautier Capuçon glänzen auf ihrer aktuellen CD solistisch und als Duo mit Werken von Camille Saint-Saëns. Beide sind Musiker von Weltformat. Der eine am Cello, der andere an der Geige.

Moderation: Jochen Hubmacher | 27.10.2013
    Am Mikrofon begrüßt Sie Jochen Hubmacher. "Familientreffen mit Saint-Saëns", so könnte man kurz und knapp die CD beschreiben, die ich Ihnen heute vorstellen werde. "Familientreffen" deshalb, weil die Protagonisten darauf Brüder sind. Renaud und Gautier Capuçon, der eine Geiger, der andere Cellist, beide Musiker von Weltklasseformat. Gemeinsam mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France unter Lionel Bringuier haben sie Werke von Camille Saint-Saëns aufgenommen. Jeweils ein Solo-Konzert und dazwischen das kaum bekannte Duo für Violine, Cello und Orchester "La Muse et le Poète".

    Den Auftakt der kürzlich beim Label Erato erschienenen CD besorgt der ältere der beiden Capuçon-Brüder, der 1976 im französischen Chambéry geborene Renaud. Er spielt den Solopart im dritten Violinkonzert von Camille Saint-Saëns und wie er das macht, ist schlichtweg atemberaubend.

    3. Satz – Molto moderato e maestoso von Camille Saint-Saëns
    aus: Konzert für Violine und Orchester Nr.3 h-Moll, op. 61

    Für den legendären Geiger Pablo de Sarasate hat Camille Saint-Saëns sein h-Moll-Violinkonzert geschrieben. 1881 uraufgeführt, war es in der kreativsten Schaffensphase des Komponisten entstanden - zwischen Anfang der 1870er und Ende der 1880er Jahre. Das dritte und letzte seiner Violinkonzerte steckt voller mitreißender Melodien und romantisch süffiger Harmonik. Besonders im zweiten Satz erinnert vieles an die Klangwelt der Saint-Saëns Oper "Samson et Dalila". Geradezu genial versteht es Saint-Saëns, den Klang der Solo-Violine mit den Farben des Orchesterapparats zu mischen. Wenn dann noch, wie auf der vorliegenden Aufnahme, dem Ausnahmegeiger Renaud Capuçon ein sensibel agierendes Spitzenensemble wie das Orchestre Philharmonique de Radio France zur Seite steht, scheint der "siebte Musikhimmel" ganz nah.

    2. Satz – Andantino quasi Allegretto von Camille Saint-Saëns
    aus: Konzert für Violine und Orchester Nr.3 h-Moll, op. 61

    Fünf Jahre Altersunterschied liegen zwischen dem Geiger Renaud Capuçon und seinem jüngeren Bruder, dem Cello-Virtuosen Gautier. Auf der jetzt beim Label ERATO erschienenen Gemeinschafts-CD ist Gautier Capuçon als Solist im ersten Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll von Camille Saint-Saëns zu erleben.

    Wie hervorragend Saint- Saëns für Cello schreiben kann, hat er meisterlich in seinem "Karneval der Tiere" bewiesen. Doch schon lange bevor der "Cello-Schwan" seine musikalischen Kreise ziehen durfte, leistete der Franzose einen substanziellen Beitrag zur Emanzipation des Cellos als Soloinstrument. Bereits 1872 hatte Saint-Saëns sein erstes Cellokonzert komponiert, zu einer Zeit als das Repertoire für Cello-Virtuosen noch sehr überschaubar war. Die drei Sätze gehen nahtlos ineinander über. Im Vergleich zum knapp ein Jahrzehnt später entstandenen dritten Violinkonzert schrieb Saint-Saëns hier noch sehr viel traditioneller, klassischer möchte man fast sagen. Anhand des Stücks lässt sich jedenfalls gut nachvollziehen, warum Camille Saint-Saëns von seinem Komponistenkollegen Charles Gounod einmal als der "französische Beethoven" bezeichnet wurde.

    1. Satz – Allegro non troppo von Camille Saint-Saëns
    aus: Konzert für Violoncello und Orchester Nr.1 a-Moll, op. 33

    Der Gemeinschaftsaspekt der neuen CD von Renaud und Gautier Capuçon zeigt sich am deutlichsten in dem Stück, das zwischen Camille Saint-Saëns‘ erstem Cellokonzert und dem Violinkonzert Nr. 3 zu hören ist: "La Muse et le Poète" – die Muse und der Dichter, ein wenig bekanntes aber hinreißendes Duo für Geige, Cello und Orchester aus dem Jahr 1909.

    "La Muse et le Poète” von Camille Saint-Saëns
    Duo für Violine, Violoncello und Orchester e-Moll, op.132

    Als Dialog zwischen Muse, musikalisch verkörpert durch die Solo-Violine und dem Dichter, in diesem Fall Cellist Gautier Capuçon, mochte Camille Saint-Saëns sein Duo "La Muse et le Poète" verstanden wissen. "Das Talent der Interpreten ist gefragt", so der Komponist. "Denn hier geht es nicht allein um die Noten, es muss gesagt werden." Und das auch in den Momenten, in denen die Konversation zwischen Dichter und Muse etwas hitziger wird.

    "La Muse et le Poète” von Camille Saint-Saëns
    Duo für Violine, Violoncello und Orchester e-Moll, op.132

    Musikalisches Familientreffen in unserer heutigen "neuen Platte" - die Brüder Renaud und Gautier Capuçon glänzen auf ihrer aktuellen CD solistisch und als Duo mit Werken von Camille Saint-Saëns. Lionel Bringuier dirigiert das hervorragende Orchestre Philharmonique de Radio France. Erschienen ist die Aufnahme beim Label ERATO. Am Mikrofon bedankt sich für Ihr Interesse Jochen Hubmacher.


    Besprochene CD:

    Camille Saint-Saëns
    Konzert für Violine und Orchester Nr.3 h-Moll, op. 61
    La Muse et le Poète. Duo für Violine, Violoncello und Orchester e-Moll, op.132
    Konzert für Violoncello und Orchester Nr.1 a-Moll, op. 33

    Renaud Capuçon, Violine
    Gautier Capuçon, Violoncello
    Orchestre Philharmonique de Radio France
    Ltg.: Lionel Bringuier

    Label: ERATO
    Bestell-Nr.: 5099993413459
    LC:7873