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Feedback Factory Berlin
Testlauf für Produkte der Zukunft

Vegane Smoothies, Snacks aus Insekten und ökologische Abflussreiniger: In der Berliner "Feedback Factory" gibt es Produkte, die es in anderen Ladenketten noch nicht gibt. Die Idee: Das Produkt ins Regal stellen und warten, was der Kunde dazu sagt - mit einen Stimmzettel für sein Feedback.

Von Manfred Götzke | 04.05.2018
    Zwei Gläser mit grünem Smoothie aus Grünkohl.
    Die meisten der Neu-Entwicklungen in den Regalen des Feedback-Supermarkts sind Getränke, Smoothies oder Superfoods (Imago )
    Su Sarikaya kauft gerne ein, sehr gerne. Am liebsten alles, was neu ist.
    "Ich finde, das eine super Sache, weil ich persönlich auf neue Produkte sehr stehe – und ich mag es gerne, Dinge auszuprobieren."
    Die 21-jährige Kommunikationsstudentin ist mit ihrem Freund ganz gezielt in die Berliner Feedback Factory gekommen, ein Start-up-Supermarkt. Hier können die Kunden Produkte kaufen, ausprobieren und bewerten, die es in normalen Ladenketten in der Regel noch nicht gibt. Produkte, die uns in der Zukunft begegnen könnten.
    "Also, das finde ich jetzt sehr interessant. Ein guter Tag beginnt mit einer besseren Nacht."
    Marktforschung live
    Sarikaya schnappt sich einen kleinen lilafarbenen Karton aus dem Holzregal, liest sich die Produktbeschreibung durch - und ist direkt überzeugt.
    "Das ist der erste Schlafdrink aus natürlichen Pflanzenextrakten und Melatonin – und Melatonin wird doch ausgeschüttet, wenn man schläft. Besonders in der Tiefschlafphase. Kann ich mir richtig gut vorstellen. Guck mal, ein Fläschchen 30 Minuten vor dem Einschlafen austrinken."
    Neben jedem Produkt steht ein kleines Metalldöschen, die Testmarkt-Kunden werfen hier kleine bunte Bewertungszettel ein. Orange steht für "würde ich kaufen", blau für "würde ich verschenken", lila für "interessiert mich nicht".
    "Also, das hier würde ich kaufen, um es auszuprobieren."
    "Die Idee hier ist, jungen Unternehmen eine Plattform zu bieten, wo sie ihr Produkt schnell anbieten können."
    Testmarkt für junge Firmen
    Ola Klöckner ist eine der Gründerinnen des Testmarktes. Die Marketingexpertin aus München will mit ihrem Shop junge Firmen unterstützen, deren Produkte zwar schon marktreif – und wenn erforderlich auch zugelassen - sind, die es aber dennoch nicht in die Regale von Rewe, Karstadt oder Manufactum geschafft haben.
    "Das ist eben der Unterschied zu einem normalen Supermarkt, da wird vorher selektiert, passt das zu unserem Sortiment, zu unserer Zielgruppe. Und das überlegen wir eben nicht, sondern sagen, die Türe ist offen."
    Die Idee für den Testmarkt kam der 32-Jährigen durch ihr eigenes Start-up. Eine Firma, die Matcha-Erfrischungsgetränke herstellt.
    "Das ist mein Baby. Und der Grund, warum es das Ganze hier gibt, weil wir eben durch unsere eigenen Erfahrungen gemerkt haben, wie schwierig es ist, im Handel zu landen und dort zu platzieren. Bis man die ganzen Listungsprozesse durch hat, die richtigen Ansprechpartner findet, das dauert Monate. Und hier kann man innerhalb von einer Woche im Sortiment stehen."
    Vor allem aber macht Ola Klöckner in ihrem Shop im Untergeschoss einer Mall im Süden Berlins so etwas wie Live-Marktforschung. Schließlich kann hier jeder Kunde mit seinen Stimmzetteln Feedback geben.
    "Dieses Kundenfeedback sich mehr einzuholen, finde ich ene wichtige Sache, dass man dem Verbraucher nicht nur was vor die Nase setzt und sagt, kaufe, sondern, dass man davor schon schaut, was er überhaupt kaufen will."
    Testbar mit Insekten-Snacks
    In einer Ecke des Shops haben Klöckner und ihre Kolleginnen eine Testbar aufgestellt. Der aktuelle Verkaufsschlager: ein Grillensnack.
    "Die Grillen würdest Du gern mal probieren?"
    "Genau!"
    Aus einem kleinen Plastikschälchen schüttet sie mir vier Grillen auf einen Löffel. Die Snack-Insekten sind grau, keine zwei Zentimeter lang und sehen eher aus wie Kellerasseln.
    "Lecker. Das sind jetzt Grillen mit Salz gewürzt."
    "Die dürfen ja noch gar nicht so lange verkauft werden, oder?"
    "Es ist auf jeden Fall neuartig."
    "Okay, dann probiere ich das jetzt mal - lecker, wie Nüsschen."
    Wie Nüsschen und sehr proteinreich. Auch hier wieder der Blick in die Zukunft: Wie wollen wir uns in Zukunft ernähren und was taugt als alternative Proteinquelle?
    "Ok next - schaut mal, Hanfherzen."
    Kundin Su Sarikaya hat sich von den Coldbrew- und Basilikumgetränkeflaschen zu einem Regal mit roten Plastik-Dosen vorgearbeitet. "Hanfherzen" steht drauf.
    "Geschälte Hanfsamen cremig und nussig pur in Müsli oder im Salat, probier es aus."
    Selten wirkliche Überraschungen
    Die meisten der etwa hundert Neuentwicklungen, die hier in den Regalen stehen, sind Getränke, Snacks oder Superfoods, fast alle bio, vegan und aus der Region, versteht sich. Die ganz großen Überraschungen hat der Laden allerdings nicht zu bieten. Viele Dinge hat man in ähnlicher Form schon gesehen. Es gibt aber auch ein paar innovative Haushaltsgeräte.
    "Das ist der ökologische Abflussstab, enfache Handhabung, schnelles Ergebnis. Ach, so das ist um das zu reinigen."
    Kundin Su Sarikaya hält einen etwa 50 Zentimeter langen Holzstift mit spiralförmigem Profil in der Hand. Er soll Verstopfungen im Küchenabfluss lösen.
    "Das find ich zum Beispiel richtig gut, wisst ihr warum? Ich hatte vor einigen Monaten das Problem, dass unser Abfluss verstopft war, ich habe mich noch nie in meinem Leben so geekelt. Deswegen würde ich das einfach mal machen, so vorbeugend."
    Sarikaya geht in Richtung Kasse. Der Blick in die Konsumwelt der Zukunft hat ihr gefallen.
    "So richtig überrascht hat mich der Abflussreiniger, damit habe ich nicht gerechnet. Ansonsten hat mich jetzt nicht so viel richtig überrascht. Aber ich find es trotzdem richtig cool."