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Finanzplanung für die Altersvorsorge

Wohl jeder träumt davon, irgendwann über so viel Kapital zu verfügen, dass er oder sie das restliche Leben ohne Einnahmen aus Arbeit bestreiten kann. Ob dieser Zeitpunkt jemals erreicht wird, kann jetzt jeder selbst am Computer errechnen. Wissenschaftler der Universität des Saarlandes haben eine Software zur persönlichen Finanzplanung entwickelt, die alle möglichen Faktoren wie Aktienkauf, Immobilienbesitz, Ausbildungskosten, aber auch Arbeitslosigkeit und Heirat einbezieht.

Von Mirko Smiljanic | 01.07.2008
    Schaffen wir es oder schaffen wir es nicht? Muss ich bis Mitte 60 arbeiten oder kann ich früher aufhören? Und wenn ja, wann? Fragen, die sich Menschen häufig stellen - und nur selten eine befriedigende Antwort finden. Zu viele Faktoren beeinflussen die persönliche finanzielle Situation, zu komplex sind die Abhängigkeiten dieser Faktoren untereinander - ganz abgesehen von Unplanbarem wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Für Durchblick in diesem Dschungel soll Life Charts sorgen, ein Computerprogramm, das im Idealfall auf den Monat genau berechnet, wann der Büro- gegen den Liegestuhl ausgetauscht werden kann:

    "Wir haben eine Software entwickelt, die die Daten der persönlichen Finanzplanung auf zwei Lebenslinien komprimiert darstellt: Der eine Baustein ist die Lebenslinie bezüglich des Vermögensaufbaus, was aktuell an Barmitteln vorhanden ist, auf Sparbüchern oder in Aktiendepots, das wächst natürlich weiter an, auch durch zusätzliches Sparen; der andere Baustein sind die Konsumausgaben, die im ganzen Leben noch vor einem liegen, "

    sagt Benjamin Olschok vom Lehrstuhl für Informations- und Technologiemanagement der Universität des Saarlandes. Einnahmen und Ausgaben stehen sich gegenüber, allerdings nicht die eines Monats, sondern die von 20 oder 30 Jahren. Das klingt ambitioniert, wirft aber viele Fragen auf. Lässt sich zum Beispiel Arbeitslosigkeit in die Finanzplanung einbeziehen?

    "Das können wir auch berücksichtigen! Wir können verschiedene Szenarien durch Spiel, auch lebensabschnittsspezifisch, aber auch Lebensereignisse wie Heirat, aber auch Risikofälle wie Berufsunfähigkeit integriert betrachten. "

    Natürlich weiß niemand, ob und wann er seinen Job verliert. In der Software lässt sich eine solche Phase aber durchrechnen. Wie sähe meine Finanzplanung aus, wenn ich vier Jahre arbeitslos wäre und anschließend mit 20 Prozent weniger Lohn auskommen müsste? Durchrechnen lassen sich aber auch höhere Ansprüche im höheren Alter. Irgendwann wird das Schlichtappartement gegen eine große Altbauwohnung eingetauscht und der Klapperkasten auf vier Rädern gegen ein schickes - und teures - Modell:

    "Man kann auch hier verschiedene Szenarien durchspielen, wie groß das Auto wird, man kann sich von statistischen Werten leiten lassen, man kann aber auch auf Basis der aktuellen Einnahmen- und Ausgabensituation, die man beispielsweise Onlinegirokonten abfragen kann, diese integriert im Tool betrachten."

    In Zusammenarbeit mit der Münchner Subsembly GmbH werden per Online-Banking Konten- und Depotdaten abgefragt und in die Finanzplanung eingebaut. Und für alle, die an jedem Ort ihre aktuelle finanzielle Situation wissen wollen, wird "Life Charts Mobile" für Smartphones und Pocket PCs entwickelt. Dabei nutzt die Software Bankenstandards wie FinTS und HBCI mit aktuellen Sicherheitsverfahren - was angesichts des immer noch vergleichsweise unsicheren Online-Bankings auch notwendig ist: Wer Life Charts knackt, hat freie Sicht auf die komplette Finanzsituation eines Menschen. Die Sicherheit der Software wurde übrigens noch nicht geprüft. Dass etwa die Verbraucherzentrale dies tun sollte, dafür plädiert auch Benjamin Olschok. Allerdings geht er davon aus, dass der Datenschutz gewährleistet ist, außerdem sei das System - so Olschok - zumindest für "interessierte Laien" leicht zu bedienen:

    "Man kann es sich so vorstellen, wie man Steuerprogramme bedient, in denen man auch die Steuererklärung online machen kann."

    Und noch etwas macht Life Charts möglich: Was der Bankberater in den höchsten Tönen lobt, lässt sich schnell mal durchrechnen:

    "Meistens ist es ja so, dass der Bankberater zu einem bestimmten Produkt berät und zu dem Punkt mag auch die Beratung sehr gut sein. Allerdings will man dem Finanzberater auch gar nicht die gesamte finanzielle Situation offen legen und selbst überprüfen können, ob das in die persönliche Finanzplanung passt."