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Finanztricks der Vereine

Alle 36 Profivereine erhalten die Lizenz für die kommende Saison 2010/11. Doch der Schein trügt. Mit den Finanzen der deutschen Profivereine steht es nicht so gut, wie es das Lizenzierungsverfahren der Deutsche Fußball-Liga zeigt.

Von Heinz Peter Kreuzer | 05.06.2010
    Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ist alarmiert, das gerade beendete Lizenzierungsverfahren hat die zerrüttete finanzielle Situation vieler Vereine deutlich gemacht. Bis zu nächsten Mitgliederversammlung am 17. August soll eine Kommission mit Vertretern von DFL-Geschäftsführung, Ligaverband und Deutschem Fußball-Bund verschärfte Lizenzierungsregeln erarbeiten Geschäftsführer Christian Seifert:

    "Gleichwohl werden wir auch einen sehr intensiven Dialog anstoßen, wie wir Fehlentwicklungen, die wir in anderen Ländern sehen, und auch durchaus kritisiert haben, im eigenen Land verhindern können."

    Bisher mussten die Clubs ihre Liquidität nur für eine Saison nachweisen, dieser Zeitraum soll jetzt verlängert werden. Hauptkritikpunkt: Viele Vereine planen ihre Etats sehr knapp. Schon ausstehende Sponsorengelder oder eine Trainerentlassung bescheren ihnen rote Zahlen. Beim aktuellen Lizenzierungsverfahren mussten einige Klubs bis vergangenen Mittwoch ihre Finanzlücken schließen. In letzter Sekunde gerettet wurden zum Beispiel Arminia Bielefeld und Alemannia Aachen.

    Nachdem Bielefelds Stadtrat eine Rettung des Klubs mit Steuermitteln verweigert hatte, wurde der Traditionsverein in letzter Sekunde mit fast drei Millionen Euro aus den Kassen ostwestfälischer Unternehmern vor der Insolvenz bewahrt. Bielefelds Aufsichtsrat-Vorsitzender Norbert Leopoldseder:

    "Das, was hier passiert, ist nichts anderes, als ein Vorziehen von Einnahmen und eine Aufnahme von Krediten. Wirtschaftlich gesehen kommt es zu einer weiteren Verschuldung von Arminia Bielefeld, das muss man ganz realistisch sehen. Es wäre jetzt vollkommen falsch einzustufen, zu sagen, jetzt hat Arminia Bielfeld das große Geld bekommen und kann hier frei wirtschaften, investieren."

    Weil der Club sportlich abspecken muss und sich keine teuren Spieler leisten kann, rückt der Wiederaufstieg in die Bundesliga in weite Ferne. Norbert Leopoldseder:

    "Es ist so, das mit den jetzigen Finanzmitteln die Saison 2010/2011 in Anführungsstrichen gesichert ist. Aber ich bitte, noch einmal daran zu denken. die Konsequenzen, die wir jetzt ziehen müssen, werden uns sportlich auf den Boden der Tatsachen zurückholen."

    Das bedeutet: Deutlich geringere Einnahmen aus dem Verkauf von Fernsehrechten und dem Sponsoring. Im kommenden Jahr wird sich die Bettelei bei Sponsoren und Kommune wohl wiederholen.

    Der FC Schalke 04 ist das Paradebeispiel dafür, wie ein Verein in den Sog der Schuldenspirale geraten kann. Die "Knappen" verpfändeten Zuschauereinnahmen, die Zahlungen von Trikotsponsor "Gazprom" und Ausrüster "adidas" für viele Jahre im Voraus, um unter anderem teure Spielertransfers zu finanzieren. Die Folge: Da der sportliche Erfolg ausblieb, haben sich mittlerweile Schulden im dreistelligen Millionenbereich angehäuft.

    Die Liquidität konnte nur mit Hilfe von Tochtergesellschaften der Stadt Gelsenkirchen aufrechterhalten werden. Juristen bewerten diese Zahlungen als unerlaubte staatliche Beihilfen, die zurückgezahlt werden müssen.

    Kurz vor Ablauf des Lizenzierungsverfahrens wurde auch Alemannia Aachen gerettet. Ein Etatloch von 3,75 Millionen Euro musste gestopft werde. Aachen Oberbürgermeister Marcel Philipp:

    "Wir haben eine Bürgschaft von drei Millionen Euro gegeben, die deckt 80 Prozent eines Darlehens ab, was dann am Ende 3,75 Millionen umfasst. Und die werden abgerufen in Tranchen, so weit es erforderlich ist. Und wir haben das gemacht in enger Abstimmung mit der Kommunalaufsicht."

    Aus rechtlichen Gründen darf eine Kommune nur für 80 Prozent eines Darlehens bürgen. Aber kein Geldinstitut war bereit, nur einen Euro für die Alemannia zu riskieren. Die Sparkasse als Vereinssponsor lehnte den Kreditantrag ab. Und die Kreissparkasse Heinsberg genehmigte das Darlehen letztendlich nur, weil ein Sponsor sich mittlerweile bereit erklärt hatte, mit einem Festgeld in Höhe von 750 000 Euro die restlichen 20 Prozent abzusichern.

    Diese Beispiele zeigen: Es wird Zeit für die neue Maxime der Deutschen Fußball-Liga: "Nicht mehr ausgeben, als man einnimmt."