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Fleischbeschau bei Wildschweinen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat erstmals eine Parasitenart nachgewiesen, die auch für den Menschen gesundheitsgefährdend sein kann. Da diese Trichinen-Art nur bei künstlich vorverdauten Proben nachzuweisen sei, müsse sich nun die Fleischbeschau ändern, so die Forderung. Rein gesetzlich dürfen die Jäger bereits seit einiger Zeit selbst die Fleischproben entnehmen, doch gilt es dabei einiges zu beachten.

Von Joachim Budde | 21.02.2006
    Thomas Hauck hatte Jagdglück. In seinem Kühlraum hängen zwei mächtige Wildschweine.

    "Das sind jetzt zwei sehr schwere Stücke Schwarzwild, die ins Auto zu verladen, und dann zum Veterinär zu fahren, um dort die Stücke vorzulegen und die Proben entnehmen zu lassen, das ist natürlich schlichtweg für den Einzelnen unmöglich, aber zum Anderen die hängen jetzt hier bei sechs Grad im Kühlhaus, wenn Sie die rausbringen im Sommer und da hat es 30, 40 Grad im Auto, das kann nicht gut sein für das Lebensmittel Wildbret."

    Thomas Hauck hat ein kurzes, scharfes Messer in der Hand. Er betritt den Kühlraum und greift in die leere Bauchhöhle des Wildschweins.

    "Der Zwerchfellpfeiler ist am Rücken an der Wirbelsäule angewachsen, und hier müssen wir jetzt ein Stück Gewebe mit dem Messer entnehmen."

    Hauck legt das kleine Fleischstück beiseite und ergreift einen Vorderfuß des Wildschweins.

    "Von der Muskulatur aus dem Vorderlauf, da entnehme ich jetzt noch eine zweite Probe. ….die Borsten etwas entfernen, so das ist die zweite Probe, das reicht auch aus, das müssen keine riesengroßen Stücke sein, das Stück Wildschwein, das ist ja gekennzeichnet mit einer Nummer, und jetzt kommt diese Probe mit diesem kleinen Abschnitt in einen Plastikbeutel, und es ist dann noch der Begleitzettel auszufüllen."

    Ein Gefrierbeutel mit zwei Bröckchen Fleisch und einem neongelben Plastikstreifen mit der Nummer des Wildschweins, dazu ein Formular, auf dem er ein paar Kreuze machen und unterschreiben muss – was der Jäger zur Untersuchung bringt, passt leicht in einen Einkaufsbeutel. In ganz Baden-Württemberg haben sich rund 10.000 Jäger freiwillig darin schulen lassen, wie sie die Fleischproben entnehmen müssen. In diesen Seminaren haben sie außerdem einen Abend lang ihr Wissen über Trichinen und die Krankheiten, die diese Parasiten beim Menschen auslösen können, aufgefrischt. Der Gesetzgeber schreibt vor, Wildschweine lückenlos zu untersuchen – auch wenn die Zahl der befallenen Tiere sehr klein ist. Einer Meldung des Bundesinstituts für Risikobewertung zufolge sind zwischen 1991 und 2004 bei 137 Wildschweinen Trichinen gefunden worden – 3,7 Millionen Stück wurden in diesem Zeitraum insgesamt untersucht. Die neue Regelung erleichtert sowohl die Arbeit der Jäger als auch der amtlichen Fleischkontrolleure. Joachim Tierer, Leiter des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen beim Landratsamt Karlsruhe, zieht eine positive Bilanz der ersten Monate:

    "Für den Landkreis Karlsruhe lässt sich derzeit abschätzen, dass von den insgesamt untersuchten Wildschweinen bei ca. 25 Prozent die Proben durch die Jäger selber entnommen wurden. […] Das bedeutet für uns, für das amtliche Personal eine entsprechende Arbeitserleichterung, da sie die Proben vor Ort nicht selber entnehmen müssen, sondern die Proben werden ihnen gebracht."

    Wie in Baden-Württemberg ist das neue Verfahren in den meisten Bundesländern aber auf die so genannten Jagdausübungsberechtigten beschränkt. Die Behörden vergeben die Genehmigung also nur an Pächter und Mitpächter für ein bestimmtes Revier. Doch der Pächter darf nur Tieren Proben entnehmen, die er selbst geschossenen hat. Lädt er Gäste zu einer Jagd ein, muss er deren Wildschweine weiterhin komplett zur Trichinenbeschau bringen.

    "Was dazu führt, dass teilweise pro Revier fünf und mehr Jäger von uns geschult und beauftragt wurden."

    Für die Behörde sei dadurch der Verwaltungsaufwand größer als nötig, sagt Tierer. Diese Erfahrungen gibt es auch aus anderen Bundesländern. Den Jägern greift die Regelung ebenso zu kurz, sagt Kreisjägermeister Thomas Hauck.

    " Ich muss die Tiere, die ein Jagdgast erlegt hat vom amtlichen Veterinär wie bisher untersuchen lassen. Das ist natürlich ein Riesenumstand. Es hätte ausgereicht, wenn man ein Unterschriftenfeld bringt wo der Schütze bestätigt, dass das Wild ordentlich erlegt wurde, dass das Wild zum Zeitpunkt des Erlegens auch gesund war."

    Denn schon beim Beobachten vor dem Schuss und beim Ausnehmen muss der Jäger auf Anzeichen für eine Krankheit achten. Eine amtliche Trichinenuntersuchung ist seit eh und je nur bei Fleischfressern oder bei Allesfressern wie Wildschweinen vorgeschrieben. Bei anderen Arten wie Rehen oder Hirschen sind die Jäger sogar die einzigen, die über die Qualität des Fleisches urteilen.