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Flüchtlinge in NRW
Ein Memorandum als Uni-Türöffner

Die Landesregierung sowie die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben ein Memorandum unterzeichnet, in dem sie ankündigen, Flüchtlinge in besonderer Weise bei der Aufnahme eines Studiums unterstützen zu wollen. Hochschulvertreter begrüßen den Schritt. Mehr als ein Fingerzeig sei es aber nicht, sagen andere hinter vorgehaltener Hand.

Von Stephanie Kowalewski | 05.01.2015
    Außenansicht eines Universitätsgebäudes bei Nacht mit hellerleuchteten Fenstern, im Vordergrund der Schriftzug "Universität".
    Ein Schritt von vielen: Der Deutsche Akademische Austauschdienst verdoppelt die Anzahl seiner Stipendien für syrische Flüchtlinge. (dpa / Jens Wolf)
    "Bildung und Forschung kennen keine Grenzen" - das ist das Motto des Memorandums, mit dem sich Landesregierung und Hochschulen in Nordrhein-Westfalen künftig aktiv zur Unterstützung von Flüchtlingen verpflichtet haben. Diese bräuchten Beratung, welche Abschlüsse anerkannt werden können oder welche Weiterbildung möglich ist. Außerdem will man in schwierigen Fällen gemeinsam nach einer Lösung suchen, damit Flüchtlinge in Deutschland studieren können.
    "Das Memorandum ist eine großartige Initiative, um das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen",
    meint Monika Katz, Leiterin des International Office der Fachhochschule Düsseldorf. Mehr als ein Fingerzeig sei es aber nicht, sagen andere hinter vorgehaltener Hand. Das Memorandum offen kritisieren wollte jedoch niemand, mit dem wir gesprochen haben. Auch die Antwort aus dem NRW-Wissenschaftsministerium auf eine Interviewanfrage fiel vergleichsweise dünn aus:
    "Es ging auch darum, gerade angesichts ausländerfeindlicher Aktionen im rechtsextremen Spektrum, die Flüchtlinge grundsätzlich willkommen zu heißen. ‎Zu einzelnen Maßnahmen wenden Sie sich bitte an die Hochschulen."
    Einschreibung auch mit unvollständigen Unterlagen
    An die Fachhochschule Düsseldorf zum Beispiel. Sie hat ein umfassendes Programm für ausländische Studierende eingerichtet. Sei gut drei Jahren kümmern sich zwei Mitarbeiterinnen des International Office und acht studentische Mentoren um die ausländischen Studierenden und auch um Flüchtlinge zum Beispiel aus Syrien, sagt Sandra Fritsche vom International Office.
    "Unsere beiden Stellen sind explizit für die sogenannten Bildungsausländer, die ihr Abitur im Ausland gemacht haben, die, wenn sie dann hier sind, aber doch auf Probleme bei der Wohnungssuche stoßen, oder vielleicht nicht ganz klar kommen. Wie mache ich das mit dem Stundenplan? Es ist alles ganz anders als zu Hause. Unser tägliches Geschäft ist halt auch Unterstützung bei Wohnungssuche, Behördengängen, akademischen Fragen."
    Und Monika Katz ergänzt: "Sodass wir das hier eigentlich schon immer so gemacht haben, wie es das Memorandum verlangt."
    Nämlich Flüchtlinge bei der Aufnahme eines Studiums in besonderer Weise zu unterstützen. Das Hilfsangebot reicht von der Studienberatung über Deutschkurse und Workshops für wissenschaftliches Arbeiten bis hin zur Beratung, wie das Leben in Deutschland finanziert werden kann. BAföG bekommen nämlich in der Regel nur die Ausländer, die schon lange in Deutschland leben oder die eine dauerhafte Bleibeperspektive haben. Deshalb müssen die meisten Flüchtlinge arbeiten, wenn sie denn dürfen. Doch das ist gar nicht so leicht, weiß Pavel Shalagurov. Der 29-Jährige studiert Elektrotechnik und kümmert sich als Mentor um die ausländischen Studierenden.
    "Also ich habe zum Beispiel jetzt einen festen Kontakt mit fünf Leuten aus der Ukraine. Und die wollen natürlich in Deutschland nebenbei arbeiten. Aber da sie zum Beispiel nicht so gut Deutsch können oder gar kein Deutsch können, nur Englisch, ist es für sie nicht so einfach eine Arbeit in Deutschland zu finden."
    Unterschriftenliste für ein humanitäres Stipendienprogramm
    Auch deshalb haben mehr als 4.000 Menschen den Apell deutscher Professoren unterzeichnet, in dem ein humanitäres Stipendienprogramm für Flüchtlinge gefordert wird. Inzwischen kündigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ein Paket an, das 100 syrischen Flüchtlingen das Studium in Deutschland ermöglichen soll. Außerdem verdoppelt der Deutsche Akademische Austauschdienst die Anzahl seiner Stipendien für Syrische Flüchtlinge. Immerhin. Aber was ist mit Flüchtlingen aus Irak, Iran, Afrika? Egal woher die Flüchtlinge kommen, ein Problem sind oft fehlende Unterlagen, weiß Monika Katz.
    "Es gibt einen Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1985, der immer noch gültig ist, und der eben festlegt, dass Leute, die flüchten mussten, die nicht alle Papiere, die erforderlich wären, vorlegen können, dass die eben auch mit unvollständigen Unterlagen eingeschrieben werden sollten. Und das haben wir auch so gemacht."
    Die Hochschulen haben also die Möglichkeit, eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Doch an den geltenden Zulassungsbeschränkungen ändert auch ein noch so gut gemeintes Memorandum nichts. Wünschenswert - und erheblich einfacher für alle Beteiligten - wäre eine allgemeingültige Ausnahmeregelung für Flüchtlinge aus Krisengebieten. Doch die ist derzeit nicht in Sicht.