Archiv

Flüchtlinge
Rückkehr ins Heimatland

Rund 37.000 Flüchtlinge haben im vergangenen Jahr Deutschland wieder verlassen. Viele von ihnen haben hier keine Perspektive und sehnen sich nach Familie und Freunden zurück. In den meisten Fällen steht allerdings die Bürokratie im Weg.

Von Tonia Koch |
    Reisende und Flüchtlinge an Check-In-Schaltern in Berlin-Tegel eines Fluges der Iraqi Airways nach Erbil,
    Viele Flüchtlinge möchten zurück in ihr Heimatland, doch ohne Papiere ist das ein Problem. (dpa / picture-alliance / Gregor Fischer)
    Yüksel und Hassan sind zwei junge Deutsche mit türkischen Wurzeln. Sie sind ehrenamtliche Helfer, sprechen Arabisch und begleiten ihre neue syrische Nachbarin. Mit dem Auto sind sie 40 Kilometer von Homburg nach Lebach in die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge gefahren. Erst vor ein paar Wochen war die Syrerin, nennen wir sie Halima, von dort in ihre Gemeinde gezogen, nun möchte sie zurück nach Damaskus.
    "Wegen der Tochter, die Tochter ist in Syrien geblieben, deshalb will sie zurück", erläutert Hassan. Halima ist seit August in Deutschland, drei Söhne habe sie mitgebracht, übersetzt er.
    Hassan: "Die Männer sind in Sicherheit."
    Halima: "Einer ist geboren 84, 85, 88, also erwachsen."
    Den Jungs habe sie die gefährliche Reise übers Meer zugetraut, den Mädchen nicht, beschreibt Hassan die Umstände der Flucht. Die Mädchen seien deshalb in Damaskus zurückgeblieben.
    Halima: "2 Töchter, eine ist 16 und eine 23."
    Das Verhältnis der jüngsten Tochter zum Vater sei zerrüttet, berichtet er. Die Tochter habe sich hilfesuchend an die Mutter gewandt.
    Hassan: "Die Tochter sagt, Mama, komm bitte zurück, mein Vater."
    DRK-Sozialarbeiterin Doris Dressler-König hört zunächst geduldig zu, versucht dann aber die Voraussetzungen für eine Rückkehr nach Syrien zu klären.
    "Haben sie einen Reisepass, mein Ausweis."
    Den Pass habe sie bei der Ausländerbehörde abgegeben und er sei gültig. Der Rückkehr stünden in diesem Fall keine formalen Hindernisse im Weg, sagt die Sozialarbeiterin.
    Dressler-König: "Im Grunde ist es nicht schwer, wenn Sie einen gültigen Pass haben, sie müssen jetzt verzichten, ihren Asylantrag zurückgeben."
    Die Landesregierung zahlt den Flug zurück
    Halima hat noch keinen positiven Bescheid von der Ausländerbehörde, das aber sei nur noch eine Frage von Tagen und kein Grund zur Besorgnis, erläutert die Sozialarbeiterin. Aber sie möchte aus Sorge um die Tochter nicht länger warten. Doris Dressler-König empfiehlt daraufhin die Rückreise über den Libanon, über Beirut.
    "Man braucht für den Libanon nur einen "Laissez-Passer-Schein", den bekommt man bei der syrischen Botschaft, dann darf man sich 48 Stunden dort aufhalten und muss dann weiterreisen."
    Die saarländische Landesregierung zahlt den Flug, mehr allerdings nicht. Vom Programm für freiwillige Rückkehrer kann Halima nicht profitieren. Für andere Staatsangehörige wie etwa Afghanen stehen Zuschüsse von Bund und Ländern bereit, für Syrer sei dieses Programm im Augenblick ausgesetzt, teilt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit. Die Lage vor Ort sei zu unsicher. Halima ist kein Einzelfall, immer mehr Menschen wollten zurück in ihre Heimatländer, berichtet die Leiterin der DRK-Beratungsstelle, Rabea Pallien.
    "Einige sagen, sie haben es sich hier anders vorgestellt, vielen dauert es zu lange mit der Familienzusammenführung, Botschaftstermine dauern teilweise bis zu anderthalb Jahre und das ist den Leuten dann zu lang, bis die Familien nachkommen."
    An diesem Tag sucht auch Queis, ein 20 Jahre alter Syrer nach einem Weg, in die Heimat zurück zu finden. Allerdings will er nicht nach Syrien, sondern in den Norden der Türkei dorthin wo die Familie lebt, die Eltern, die Geschwister. Queis steht vor schier unüberwindlichen Problemen, er hat keinen gültigen Pass und kein Visum für die Türkei.
    Rückreise scheitert oft an ungültigen Papieren
    Über all das habe er sich keine Gedanken gemacht, als er von der Türkei in Richtung Europa aufgebrochen sei. Die Übersetzerin, Yehan Ahmad, schüttelt bei seinen Schilderungen immer wieder ungläubig den Kopf und fasst zusammen.
    "Er sagt, es war schon für ihn immer ein Traum, nach Europa zu kommen und jetzt ist es passiert, dass er hier eingereist ist aber jetzt ist es doch anders gekommen als er, als viele Leute sich das vorgestellt haben und er sagt, ich will keinen Aufenthalt, ich will keinen Reisepass, ich will nur zurück."
    Queis gehört wohl in die äußerst seltene Kategorie: Abenteurer. Für einen solchen Fall haben auch die Mitarbeiter des DRK keine Lösung parat. Im vergangen Jahr haben nach Angaben des Bundesinnenministeriums insgesamt 37.000 Menschen Deutschland wieder verlassen, die meisten davon in Richtung Balkanstaaten. Syrer werden in dieser Statistik nicht erfasst.