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Forschung zu Entspannungstechniken
Meditierende Mäuse

Menschen, die meditieren, haben weniger Angst. Die Entspannungstechnik scheint also das Gehirn zu beeinflussen. Um die genauen Zusammenhänge herauszufinden, erforschen Wissenschaftler die Effekte der Meditation an Mäusen.

Von Volkart Wildermuth | 21.02.2017
    Zwei Labormäuse in einem Glaskasten.
    An den Gehirnen von Mäusen erforschen Wissenschaftler den Effekt von Meditation. (imago / Bernd Friedel)
    Omm. Ruhe, hier wird meditiert! Hier, das ist das Mäuselabor am Institut für Hirnforschung der Universität von Oregon in Eugene. Laut Ankündigung der Zeitschrift PNAS geht es um ein: "Maus-Modell für die Effekte der Meditation im Gehirn". Spannend. Wie kriegt man bloß Mäuse zum Meditieren? Ich rufe Laborleiter Michael Posner an, einen der weltweit führenden Hirnforscher.
    "Nun, es geht nicht direkt um Meditation bei Mäusen, wir nutzen die Mäuse, um Ideen zu prüfen, die aus der Meditation kommen."
    Effekt einer geistigen Übung auf Gehirn
    Schade, ich hatte es mir so schön vorgestellt: Mäuse, ganz in sich versunken, transzendieren im Geist die Wände ihrer Versuchskäfige. Vielleicht hätte ich doch den Artikel selbst lesen sollen. Dort lautet die zentrale Forschungsfrage: "Wie kann eine rein geistige Übung, wie sich auf den Moment zu konzentrieren, Veränderungen im Verhalten und der Verschaltung im Gehirn bewirken?"
    Geist und Gehirn und dazwischen die Maus, die die Zusammenhänge klarer machen soll, aber ohne, dass die Tiere selbst meditieren. Alles klar? Mir nicht. Also noch einmal die Frage an Michael Posner, wie kriegt man Mäuse zum Meditieren?
    "Wir haben entdeckt, dass Meditieren die weiße Substanz in einer Region des Frontalhirns verändert. Wie kann eine rein geistige Übung diese physikalische Veränderung bewirken? Wir vermuten, dass das mit einem anderen Effekt der Meditation zusammenhängt: Im Gehirn stärkt sie die Theta-Wellen zwischen 4 und 8 Hertz."
    Mäusen wird Lichtleiter in den Schädel implantiert
    Und genau diese langsamen Hirnwellen sind der Ausgangspunkt des Experimentes. Denn solche Wellen lassen sich künstlich im Gehirn von Mäusen auslösen. Die Details sind kompliziert. Mit genetischen Tricks werden Mäuse gezüchtet, bei denen bestimmte Nerven lichtempfindlich sind. Dann implantiert man diesen Tieren einen Lichtleiter in den Schädel. Am Ende kann man die Nervenaktivität in der Region mit einem Laser von außen steuern.
    In seinen Versuchen hat Michael Posner das Vorderhirn der Mäuse jeden Tag eine halbe Stunde künstlich in einen entspannten Zustand versetzt. Sozusagen eine Zwangsmeditation. Nach einem Monat prüfte der Forscher, wie es den Tieren ging.
    "Wir haben die Ängstlichkeit der Mäuse getestet. Furchtsame Tiere bleiben eher im dunklen Teil des Käfigs. Die Tiere, bei denen wir diese langsamen Hirnwellen ausgelöst haben, hielten sich länger im hellen Bereich auf. Das ist für uns ein Zeichen, dass sie weniger ängstlich sind."
    Einfluss der Meditation auf Angstverhalten
    Auch Menschen, die meditieren, sind weniger furchtsam. Schnelle Hirnwellen, die beim Menschen bei geistiger Konzentration auftreten, beeinflussten die Stimmung der Mäuse dagegen nicht.
    "Der Kern des Artikels ist, dass man einen Effekt der Meditation nimmt und ihn in einem Mausmodell nachstellt. Dann sieht man einen Einfluss auf das Verhalten, der ähnlich auch bei der Meditation auftritt."
    Ausgangspunkt war die Frage: Kann der Geist das Gehirn beeinflussen? Am Ende steht das Ergebnis: Theta-Wellen machen Mäuse mutiger. Im Grunde beeinflusst hier also das Gehirn den Geist und nicht andersherum. Das ist interessant, aber nicht so spektakulär wie gedacht. Michael Posner will mit dem neuen Mausmodell untersuchen, ob die Theta-Wellen, genau wie eine Meditation, die weiße Substanz im Gehirn stärken.
    Theta-Wellen machen Mäuse mutiger
    In PNAS sollen die Autoren jeweils die Bedeutung ihres Artikels einschätzen. In diesem Fall liest man da: "Diese Studie unterstützt den Einsatz eines Mausmodells, um die Veränderungen im Gehirn nach der Meditation zu untersuchen."
    Mit der Methode lassen sich verschiedene Effekte der Meditation miteinander in Verbindung bringen. Spannend, aber der entscheidende erste Schritt vom Geist ins Gehirn, der bleibt auch in dieser Studie außen vor. Zumindest solange niemand Mäuse wirklich zum Meditieren bringt.