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Freund der armen Leute

Bis heute gilt Franklin Delano Roosevelt in den USA als einer der populärsten Präsidenten. Mit einem umfangreichen Reformprogramm führte er das Land aus der Weltwirtschaftskrise. Und er setzte bereits vor 1945 Eckpfeiler für die Nachkriegsordnung, die er nicht mehr erleben sollte.

Von Ralf Geißler |
    An seine Popularität reicht keiner seiner Nachfolger heran. In Umfragen, wer der größte US-Präsident aller Zeiten gewesen sei, landet Franklin Delano Roosevelt immer auf einem der ersten drei Plätze. Lediglich George Washington und Abraham Lincoln schneiden besser ab. Zahlreiche Blues- und Gospel-Songs preisen den Demokraten Roosevelt als "poor mans friend", als einen Freund der armen Leute.

    Dabei stammte Roosevelt aus wohlhabendem Hause. Am 30. Januar 1882 wurde er im US-Bundesstaat New York geboren. Er erhält Privatunterricht, bereist Europa und studiert später an der Harvard-Universität. Obwohl Roosevelt ohne Abschluss bleibt, beginnt er in New York als Rechtsanwalt zu arbeiten. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, hat er es bereits zum Unterstaatssekretär in der US-Regierung geschafft.

    Roosevelt wird im Ersten Weltkrieg die Verantwortung für die Marine übertragen. Nach dem Sieg der Alliierten organisiert er den Truppenrückzug aus Europa. Doch seine Karriere nimmt ein abruptes Ende, als Roosevelt 1921 an Kinderlähmung erkrankt. Nur durch das Zureden seiner Frau beginnt er ein politisches Comeback im Rollstuhl. Es ist die Zeit der Weltwirtschaftskrise. Jeder vierte US-Bürger ist arbeitslos. Und wer Arbeit hat, erhält oft nur einen Hungerlohn. In dieser Situation wird Roosevelt im März 1933 als Präsident vereidigt.

    "Diese großartige Nation wird Bestand haben, so wie sie immer Bestand hatte. Sie wird sich erholen und gedeihen. Die einzige Sache, die wir fürchten müssen, ist die Furcht selbst."

    Roosevelt ist überzeugt, dass vor allem Angst und Konsumzurückhaltung den Aufschwung verhindern. Mit dem so genannten New Deal entwirft er ein umfassendes Reformprogramm. Zum ersten Mal greift die US-Regierung massiv in die Wirtschaft ein. Roosevelt erfindet ein Arbeitsbeschaffungsprogramm, investiert in der Krise Millionen-Beträge und reformiert das marode Bankensystem. Seine Maßnahmen erklärt er in so genannten Kamin-Gesprächen, die der Rundfunk überträgt.

    "Ich möchte mit den Bürgern der Vereinigten Staaten ein paar Minuten über das Bankenwesen sprechen - mit den relativ wenigen, welche dessen Mechanismen verstehen und mit der überwältigenden Mehrheit, die Banken vor allem für Einzahlungen und Scheck-Geschäfte nutzt. Ich möchte Ihnen erläutern, was die Regierung in den vergangenen Tagen getan hat und welche Schritte wir nun weiter gehen."

    Die medial geschickt inszenierten Kamingespräche und seine Sozialpolitik machen Roosevelt populär. 1935 führt der Präsident eine Arbeitslosen- und Rentenversicherung ein. Er erfindet Programme für Behinderte, und er erhöht die Steuern für Reiche. Doch nahezu Vollbeschäftigung erlebt die US-Wirtschaft erst wieder, als Amerika für den Zweiten Weltkrieg rüstet.

    Zwar hatte Roosevelt seinen Landsleuten 1939 Neutralität versprochen, doch der Präsident hält eine Kriegsbeteiligung von Anfang an für unvermeidlich. Er sieht in den militaristischen Regimen in Deutschland, Japan und Italien eine Gefahr für die gesamte Welt. Nach dem Angriff der Japaner auf die US-Militärbasis Pearl Harbor ziehen auch die USA in die Schlachten des Zweiten Weltkrieges.

    "Mächtige und gut ausgerüstete Gangster haben sich zusammengeschlossen zu einem Krieg gegen die gesamte Menschheit. Sie haben nun auch die Vereinigten Staaten getroffen. Japan hat den lang anhaltenden Frieden zwischen uns verletzt. Viele amerikanische Soldaten wurden getötet. Amerikanische Schiffe versenkt, Flugzeuge zerstört."

    In den USA bricht eine regelrechte Japan-Phobie aus. Die Regierung lässt Tausende Japaner in Lager einsperren. Auf den Schlachtfeldern erringen die US-Truppen Sieg um Sieg. Noch während des Krieges entwirft Roosevelt gemeinsam mit dem britischen Premierminister Winston Churchill die Atlantic Charta, eine Friedensordnung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Grundlage der späteren UNO.

    Doch Roosevelt kann die Pläne nicht mehr umsetzen. Am 12. April 1945 stirbt der Präsident an einer Hirnblutung. Wenige Monate zuvor war Roosevelt noch für eine vierte Amtszeit gewählt worden. Nun übernimmt Vizepräsident Harry Truman die Nachfolge. Roosevelt wird der dienstälteste Präsident der US-Geschichte bleiben. Sechs Jahre nach seinem Tod begrenzt der Kongress die Regierungszeit eines Präsidenten auf maximal zwei Amtsperioden.