Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Fußball
Das heißeste Derby Chinas

Früher bestand die größte Rivalität im chinesischen Fußball zwischen Peking und Shanghai. Doch das heißeste Derby Chinas wird jetzt in Shanghai ausgetragen, wo es dank finanzstarker Investoren inzwischen zwei große Vereine gibt. Beide haben große Ziele und wollen endlich einmal wieder Meister werden. Dafür haben sie sich mit internationalen Stars verstärkt.

Von Marcus Pfalzgraf | 21.05.2017
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Vor dem Derby in Shanghai (Marcus Pfalzgraf, ARD)
    Der Himmel ist blau, und die Stadt ist blau, wenn es nach den Fans von Shanghai Shenhua geht. Den ganzen Tag schon teilen sie solche Sprüche in sozialen Netzwerken. Fans wie Will Dong, der selber im Jugend-Fußball arbeitet und mit Anfang dreißig schon seit 27 Jahren Shenhua-Fan ist. Der Verein hat eine lange Tradition, gehört aber seit ein paar Jahren einem Immobilien-Entwickler. Der Gegner SIPG gehört der Hafen-Gesellschaft von Shanghai. Shenhua-Fans wie Will Dong lauben, dass der gegnerische Verein politisch gewollt war.
    "Shanggang, wie wir SIPG nennen, gibt es erst ein paar Jahre. Aber wir wollen den wahren Fußball, und den finden bei Shenhua. Die Ergebnisse von Shenhua lassen in den letzten Jahren zu wünschen übrig, aber wir glauben fest daran: Das wahre Shenhua kommt wieder."
    Will Dong schaut das Spiel zu Hause im Fernsehen. Er hat keine Karte mehr bekommen. Normalerweise kosten Tickets zwischen zehn und 30 Euro – die Schwarzmarktpreise für das Derby sind auf das fünf- bis zehnfache gestiegen. Auch vor dem Hongkou-Stadion versuchen einzelne noch ihr Glück. Alles höchst ungewöhnlich für ein Land, dessen Stadien selten ausverkauft sind.
    Drinnen erklingt vor dem Spiel die chinesische Nationalhymne, viele singen mit. Zum Derby können nur 16.000 Menschen ins Hongkou-Stadion. Nach einem Brand sind mehrere Ränge gesperrt. Vor dem Feuer war Shenhua zuhause 19 Spiele ungeschlagen.
    Fast das ganze Stadion ist blau, die meisten tragen Trikots oder Shirts. Vor allem bei den Ultra-Gruppen. Sie singen einen Shenhua-Klassiker im Shanghai-Dialekt.
    Von Anfang an ein hitziges Spiel. Die Shenhua-Fans pfeifen bei jeder Ecke und jedem Angriff des Gegners. Als der brasilianische SIPG-Offensivspieler Oscar übel gefoult wird, wünschen die Fans ihm nicht gerade das Beste. Auf dem Platz gibt es immer wieder Unterbrechungen, Spieler gehen aufeinander los, der Schiedsrichter verteilt reihenweise gelbe Karten und schickt am Ende sogar den portugiesischen SIPG-Trainer André Villas-Boas auf die Tribüne.
    Nach Führung der Gäste und schnellem Ausgleich steht es lange 1:1. Shenhua versucht weiter, die technische Überlegenheit von SIPG mit Kampf und Einsatz zu neutralisieren. Aber kurz vor Schluss bringt der Brasilianer Hulk Shanggang wieder in Führung. Und dann gibt es durch ein unglückliches Eigentor von Shenhua sogar noch das 1:3.
    Die wenigen Shanggang-Fans im Stadion, eingerahmt von Polizisten und Soldaten, freuen sich: SIPG ist Zweiter, dicht hinter Tabellenführer Guangzhou, der ebenfalls gewonnen hat. Shenhua steckt weiter im Mittelfeld der Tabelle fest.
    Shenhua-Fan Will Dong, der das Spiel zu Hause mit seiner Frau am Fernseher verfolgt hat, erkennt die individuelle Stärke der SIPG-Spieler an. "Wir respektieren Shanggang. Aber wir lieben Shenhua."
    Will Dong findet: SIPG hat den Sieg verdient, und sein Verein Shenhua die Niederlage.