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Geschichte aktuell: Vom Kurzwellensender zum Multimedia-Unternehmen

Auf Kurzwelle im 25m-Band erklingt erstmals ein Sendezeichen, das heute nicht mehr wegzudenken ist aus dem Äther: das auf der Celesta gespielte Motiv aus Beethovens Oper Fidelio "Es sucht der Bruder seine Brüder" - das Pausenzeichen der Deutschen Welle.

Henning von Löwis | 03.05.2003
    Nach acht Jahren von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verordneter Funkstille meldet sich Deutschland zurück im internationalen Rundfunk. Bundespräsident Theodor Heuss wendet sich an die Deutschen jenseits der Landesgrenzen:

    Die Deutsche Welle, durch die Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Rundfunkanstalten in mühsamen und pfleglichen technischen Vorarbeiten gesichert, geht in fünf Sendungen in alle Welt, zu allen Kontinenten. Ich sende diesen ersten Gruß der alten Heimat, der unmittelbar durch den Äther das Ohr und auch das Herz der Menschen deutscher Herkunft, Art und Sprache in aller Welt sucht, mit bewegtem Herz. Für die Hörer will dies Wort das Wort der Heimat sein, diese Stimme, die Stimme des Vater- und des Mutterlandes.

    Am 27. März 1953 war nach jahrelangem politischen Tauziehen auf einer ARD-Tagung in Hannover der Vertrag über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Kurzwellenprogramms der deutschen Rundfunkanstalten abgeschlossen worden.

    Der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, der Nordwestdeutsche Rundfunk, Radio Bremen, der Süddeutsche Rundfunk, der Südwestfunk wollen im Kurzwellenbereich für die außereuropäischen Länder unter dem Namen "Deutsche Welle" ein gemeinschaftliches Programm ausstrahlen, um den Hörern im Ausland ein politisches, wirtschaftliches und kulturelles Bild vom heutigen Deutschland zu liefern.

    Bereits 1954 werden - mit Zustimmung der Besatzungsmächte - die ersten fremdsprachigen Sendungen ausgestrahlt - jeweils fünf Minuten Nachrichten in Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch.

    Am 25. März 1959 fällt der Startschuss für das arabische Programm aus Köln.

    Hier ist die Deutsche Welle mit ihrem Arabischen Dienst.

    Die Aufnahme der Sendungen in Arabisch ist der erste Schritt der Deutschen Welle hin zu einem internationalen Kurzwellendienst von Gewicht. Doch noch ist die Welle lediglich ein Programm und kein Sender, organisatorisch verbunden mit dem WESTDEUTSCHEN RUNDFUNK in Köln. Eineinhalb Jahrzehnte nach Kriegsende verfügt die Bundesrepublik Deutschland immer noch nicht über einen eigenständigen Auslandsrundfunk.

    Ein Ende des Provisoriums zeichnet sich jedoch ab. Am 29. November 1960 verabschiedet der Bundestag das Gesetz über die "Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts" und schafft damit die Grundlage für zwei nationale Rundfunkanstalten, die nicht Sender der Länder sind: Deutschlandfunk und DEUTSCHE WELLE.

    At exactly one minute past five Greenwich Mean Time we present "Talking Drum”, a daily news summary for Africa, especially compiled for you by the Africa Bureau of the Deutsche Welle, the Voice of Germany.

    Trommeln für Deutschland - rund um die Uhr, rund um den Globus, das ist die Mission der Deutschen Welle. 10 Jahre nach Sendebeginn spricht die "Stimme Deutschlands" 17 Sprachen, darunter allein zehn "Ost-Sprachen" einschließlich Russisch.

    In den sechziger Jahren wird der deutsche Auslandssender zum Weltsender. Für Asien sendet man in Indonesisch, Hindi, Urdu, Sanskrit, Chinesisch und seit 1969 auch in Japanisch, für Afrika in Haussa, Kisuaheli und Amharisch.

    Hier ist die Deutsche Welle Relaisstation Kigali, Ruanda, mit einer Versuchssendung auf der Frequenz 17 770 kHz. This is the Deutsche Welle...

    1965 wird in Kigali in Ruanda die erste Relaisstation der Deutschen Welle in Betrieb genommen, der später Relaisstationen in Portugal, auf Malta und Antigua sowie in Sri Lanka folgen werden.

    Zwar werden auch schon Anfang der sechziger Jahre beispielsweise spezielle Nachrichten für Afrika ausgestrahlt, doch der eindeutige Schwerpunkt liegt noch auf Selbstdarstellung. Der DEUTSCHE-WELLE-Dampfer steuert Deutschland-Kurs.

    Ahoy there! This is the Rhine River Boat.

    Selbstdarstellung Deutschlands, das heißt für die Deutsche Welle nicht zuletzt Untermauerung des von der Bonner Regierung vertretenen Alleinvertretungsanspruchs, heißt:

    Zurückweisung von propagandistischen Aktionen der Sowjetzone gegen die Bundesrepublik, vor allem in der 'Dritten Welt’.

    Auslandsrundfunk zu Zeiten des Kalten Krieges, zu Zeiten des Ost-West-Konflikts, da gerät die Deutsche Welle zwangsläufig in die Schusslinie. Und sie scheut sich nicht, in die Offensive zu gehen - beispielsweise 1968 in der Tschechoslowakei. Der Prager Frühling wird zum ersten Testlauf für das, was die Deutsche Welle heute als "Krisenradio" definiert. Der Kölner Auslandsfunk lässt es nicht damit bewenden, angesichts der Entwicklung in der Tschechoslowakei sein Programm in osteuropäischen Sprachen vorübergehend um drei Stunden auszuweiten. Er tut mehr. In der von DW-WORLD.DE verbreiteten Chronik "50 Jahre DEUTSCHE WELLE" heißt es dazu. Zitat:

    Während Truppen des Warschauer Pakts das Land besetzen, sichert die DW überdies durch technische Hilfe den Empfang der freien Sender der Tschechoslowakei.

    Aber auch im Westen mischt man sich ein - so 1969 in Griechenland. Zitat:

    Der Obristen-Diktatur in Griechenland setzt die DW eine Verdoppelung der Sendungen in griechischer Sprache entgegen.

    Spätestens seit Ende der sechziger Jahre ist die Deutsche Welle mehr als ein Selbstdarstellungssender. Doch nach außen hin wird weiterhin der Deutschland-Bezug in den Vordergrund gestellt. Bundespräsident Gustav Heinemann bei der gemeinsamen Grundsteinlegung für die Funkhäuser von Deutschlandfunk und DEUTSCHER Welle am 28. Juni 1974 in Köln.

    Beide Sender haben die wichtige Aufgabe die Vorgänge in der Bundesrepublik Deutschland für alle Welt, für Europa und die überseeischen Gebiete darzustellen und auf diese Weise ein zweifaches zu erreichen: einmal, den Menschen in aller Welt in ihren Sprachen ein Bild von Deutschland zu vermitteln, wie wir es täglich erleben, zum anderen sind beide Sender das Bindeglied zwischen den vielen Deutschen, die im Ausland leben, und ihrer Heimat.

    Was da auf den Weg gebracht wird in Köln an diesem Sommertag des Jahres 1974 ist das größte und modernste Sendezentrum der westlichen Welt. Zu einer Zeit, da der Wettkampf der Systeme in Europa und in Übersee in aller Schärfe ausgefochten wird, da zwei deutsche Staaten global um Einflusspositionen ringen, begreift man in Bonn die Bedeutung des Instrumentariums Auslandsrundfunk.

    Seit 1962 strahlt die Deutsche Welle Sendungen in russischer Sprache für die Völker der Sowjetunion aus. Von Anfang an steht sie im Kreuzfeuer sowjetischer Kritik. So nennt RADIO MOSKAU die DEUTSCHE WELLE:

    Braune Welle

    und attackiert vermeintliche

    Goebbels-Journalisten.

    Besonders ungehalten ist man an der Moskwa darüber, dass die Deutsche Welle in ihrem russischen Programm Auszüge aus dem in der Sowjetunion nicht veröffentlichten Buch "Der Archipel GULAG" von Alexander Solschenizyn verbreitet. RADIO MOSKAU am 3. Februar 1973:

    Schon viele Jahre lang hält die Deutsche Welle im internationalen Äther einen Rekord in Aufhetzung gegen westdeutsche Nachbarstaaten und ihrer Verleumdung.

    Die Sowjetunion setzt Störsender gegen die Deutsche Welle und andere westliche Auslandssender ein. Der Ätherkrieg tobt in aller Schärfe.

    Speziell mit ihrem russischen Programm steht die "Stimme Deutschlands" in der vordersten Front der Kombattanten. Doch ein "Kampfsender" will die Deutsche Welle nicht sein. Intendant Walter Steigner 1978 in einem Deutschlandfunk-Interview:

    Wir halten uns zunächst einmal an unser eigenes Grundgesetz. Wir halten es mit den Menschenrechten, wie sie in der Charta der Vereinten Nationen verbrieft sind. Wir fühlen uns verpflichtet, diesen übergeordneten Zielen zu folgen. Aber wir sind natürlich nicht gehalten, nun in irgendwelche internen Dinge der verschiedenen Staaten einzugreifen. Aber wo Unrecht geschieht, nennen wir Unrecht: Unrecht.

    Die Deutsche Welle zu jener Zeit, das ist einerseits Information, aber in starkem Maße auch Unterhaltung - leichte Kost, locker präsentiert.

    Hier ist die Deutsche Welle. Wir laden Sie ein zu unserer informativen und unterhaltsamen Sendung "Stadtbummel" mit Musik, Gästen und dem "Spiel der hundert Preise" - heute: aus Wuppertal. Wir sind zu Gast in der Hauptstadt des Bergischen Landes. Hier melden sich aus der schönen alten Stadthalle mit ihren grünen Kupferzinnen 1.500 fröhliche Einwohner. Wupper..! (Einwohner:) ..tal!, Wupper..! (Einwohner:) ..tal!

    Als die siebziger Jahre ausklingen und 1979 der populäre "Stadtbummel" Premiere hat, neigt sich die Aufbruchphase der Deutschen Welle ihrem Ende zu. 1980 bezieht die Welle den für sie erbauten Wolkenkratzer im Kölner Süden, doch die Zeit der Höhenflüge ist definitiv vorbei. Intendanten kommen und gehen - darunter mit Klaus Schütz ein ehemaliger Regierender Bürgermeister Westberlins - neue Zielgebiete werden jedoch nicht erschlossen. Nach dem Beginn von Sendungen in Bengali 1975 wird bis 1992 nicht eine einzige neue Sprache eingeführt.

    Dafür kann die Deutsche Welle 1990 gleich einen ganzen Sender übernehmen. Aus der Konkursmasse der untergegangenen DDR erhält sie Radio Berlin International. Am 2. Oktober 1990 meldet sich die "Stimme der Deutschen Demokratischen Republik" zum letzten Mal im Äther.

    Im Namen aller Mitarbeiter der Deutschen Redaktion, heiße ich Sie, liebe Hörer, ganz herzlich zur letzten Sendung willkommen. Am Studiomikrophon ist Katja Rothe, und ich freue mich, dass Sie mit uns gemeinsam Abschied nehmen von Radio Berlin International und von der DDR.

    Die Welle kann fortan Frequenzen und vor allem Sendeanlagen von Radio Berlin International nutzen. Und einige wenige Mitarbeiter des DDR- Auslandsfunks dürfen von der Spree an den Rhein wechseln.

    Die Deutsche Welle profitiert gleich doppelt von der Zeitenwende in Deutschland. Im Rahmen der rundfunkpolitischen Neuordnung in der vergrößerten Bundesrepublik büßt der Deutschlandfunk seine Europaabteilung ein. Der "Informationssender für Deutschland und Europa" kommt unter das Dach der neugeschaffenen Anstalt DeutschlandRadio und muss 1993 seine elf Fremdsprachenprogramme an die Deutsche Welle abgeben.

    40 Jahre nach ihrem Start im Äther kann sich die Deutsche Welle zum ersten Mal mit Fug und Recht als d i e "Stimme Deutschlands" bezeichnen. Aus einem altersschwachen 20-Kilowatt-Sender sind 43 Sender mit insgesamt 11 500 Kilowatt Trägerleistung geworden.

    Ein Sendernetz auf vier Kontinenten, Programme in 40 Fremdsprachen, rund 1700 Mitarbeiter, ein Jahresetat von nahezu 600 Millionen Mark - die Deutsche Welle ist aufgestiegen in die Erste Liga des Weltrundfunks.

    Und durch die Übernahme von RIAS-TV eingestiegen in das Weltfernsehen. Am 1. April 1992 geht "Deutsche Welle TV" auf Sendung, das weltweite deutsche Auslandsfernsehen via Satellit. Fortan mischt Deutschland bimedial mit im internationalen Äther.

    Dieter Weirich, seit 1989 Intendant der Deutschen Welle, erkennt die Zeichen der Zeit, sorgt für frischen Wind auf allen Kanälen, profiliert den deutschen Auslandssender mehr und mehr zum Krisensender, der schnell eingreift, wenn es irgendwo brennt auf dem Globus.

    Doch unversehens gerät die Deutsche Welle Mitte der neunziger Jahre selbst in die Krise. Haushaltskürzungen zwingen den Sender zum Personalabbau und zur Einstellung von Sprachdiensten. 1998 werden die ersten vier der vom Deutschlandfunk übernommenen Europa-Redaktionen geschlossen.

    Nach dem Amtsantritt einer rot-grünen Bundesregierung im Oktober 1998 spitzt sich die Situation für die Deutsche Welle zu. Fungierte als Aufsichtsbehörde des Senders bislang das Bundesinnenministerium, so wird er jetzt dem Geschäftsbereich des neu geschaffenen Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien zugeordnet.

    Kulturstaatsminister Michael Naumann konfrontiert die Deutsche Welle mit Etatkürzungen, die Intendant Dieter Weirich als "existenzbedrohend" ansieht. Insgesamt, so die mittelfristige Finanzplanung, soll der DW-Haushalt bis 2003 um 89 Millionen DM gekürzt werden.

    Weirich läutet die Alarmglocken, warnt vor den Konsequenzen der Rotstiftpolitik. In einem Deutschlandfunk-Interview beklagt er im Februar 1999, dass die Deutsche Welle - im Gegensatz zu Auslandsdiensten wie der BBC - praktisch über keine Lobby im Lande verfüge. Weirich über die Strategie der von ihm konzipierten neuen Deutschen Welle:

    Die Welt hat sich verändert. Die Kurzwelle ist in vielen Ländern der Welt nicht mehr bedeutend. Und deswegen heißt unsere Linie: Die Kurzwelle dort einsetzen, wo die Deutsche Welle Stimme der Freiheit ist. Mehr als die Hälfte der Menschen in der Welt hat keine Presse- und Informationsfreiheit. Das ist eine bedeutende Aufgabe. In Ländern wie Nordamerika, in Lateinamerika, in West- und Mitteleuropa, da haben sie mit der Kurzwelle keine Chance mehr. Da versuchen wir es mit Satellitenradio, Satellitenfernsehen, Rebroadcasting, Zusammenarbeit mit ausländischen Stationen. Und dann haben wir natürlich als erste öffentlich-rechtliche Anstalt auch auf Internet gesetzt, weil Internet ist kongenial zum Auslandsrundfunk, weil Internet die Welt auf ein Bildschirmformat zusammenschrumpfen lässt.

    Das Jahr 2000 bringt das Aus für sechs weitere Sprachdienste. Auf der Strecke bleiben Japanisch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch - und auch die Weltsprache Spanisch. Damit ist vom einstigen Europaprogramm des Deutschlandfunks so gut wie nichts geblieben.

    Zu einer Zeit, da Europa zusammenwächst, wendet sich DW-Radio - so der heutige Name des Hörfunks der Deutschen Welle - mehr und mehr von Europa ab.

    Und nicht nur von Europa. Auch die Neue Welt zwischen Alaska und Feuerland gehört nicht mehr zu den Zielgebieten von DW-Radio.

    Dafür sendet die Deutsche Welle heute in Tirana, Sofia und Pristina auf UKW - und hofft auf eine UKW-Frequenz in Paris.

    "Krisenradio" ist angesagt - Konfliktbegleitung in Krisenregionen.

    Gestern am Horn von Afrika und auf dem Balkan.

    Heute in Aghanistan und im Nahen Osten.

    Erik Bettermann, seit 2001 Intendant der Deutschen Welle, knüpft an die Strategie seines Vorgängers Weirich in puncto "Krisenradio" an.

    Ein Auslandsrundfunk ist in besonderer Weise immer dann in den verschiedenen Regionen dieser Welt gefordert, wenn es dort um eine aktuelle, heiße Krise geht. Er ist nämlich dann Stimme der Freiheit. Wir haben im Kosovo nach dem Einsatz der NATO eine Einschaltquote, die ist dort gemessen worden - wir können das nicht auf der ganzen Welt -, die lag immerhin bei 56 Prozent der albanisch sprechenden Bevölkerung. Warum? - weil wir unter anderem mit dem internationalen Roten Kreuz ein Familiensuchprogramm nach dem Kosovo-Konflikt oder während des Kosovo-Konfliktes aufgelegt haben.

    Die Fixierung auf häufig wechselnde Krisenherde kann zu Lasten einer Programmpolitik gehen, die den langfristigen Schwerpunkten deutscher Interessen in der Weltarena Rechnung trägt.

    50 Jahre nach Sendebeginn ist aus dem Kurzwellenprogramm Deutsche Welle ein Multimedia-Unternehmen geworden, das auf mehreren Säulen basiert: * DW-TV, das aktuelle Auslandsfernsehen in Deutsch, Englisch und Spanisch sowie mit Programmfenstern in Arabisch, Dari und Paschtu. Außerdem seit dem * März 2002 zusätzlich - zunächst auf dem Testmarkt USA: * GERMAN TV, das Beste aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland - ein rein deutschsprachiges Angebot * DW-Radio, Programme in Deutsch und 29 weiteren Sprachen - von Amharisch bis Urdu, von Bengali bis Ukrainisch * dw-world.de, das Internet-Angebot in allen 31 DW-Sprachen." 50 Jahre Deutsche Welle - das ist nicht nur eine Erfolgsstory, das sind auch Irrungen und Wirrungen, sind auch Rückschläge. Und das ist bis heute ein zähes Ringen um Bewahrung der immer wieder beschworenen "Staatsferne" und gleichzeitige Sicherung der staatlichen Finanzierung.

    Für den Kapitän auf der Brücke des DW-Dampfers heißt es, äußerst vorsichtig zu navigieren, Klippen rechtzeitig zu erkennen, um den Kurs gegebenenfalls zu ändern. Der Intendant, der auf den Erfolg des Konzepts "Krisenradio" setzt, muss zugleich Krisenmanager sein.

    Ich erhoffe mir also, dass wir in einer Reflexionsphase sind, die dazu führt, dass es ein Ja zur Deutschen Welle gibt, dass es ein Ja zu dem medialen Auftritt Deutschlands in der Welt gibt - und dann sagen wo primär -, und dass es daraus natürlich abgeleitet auch eine Verstetigung in der Finanzierung gibt.

    Die alte Deutsche Welle - das deutsche Kurzwellenprogramm für Übersee - ist Geschichte - hat deutsche Rundfunkgeschichte mitgeschrieben, vor allem in den Jahren des Ost-West-Konflikts.

    Die neue Deutsche Welle, geboren in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts, soll zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein zeitgemäßes Profil erhalten. Von "neuer Schwerpunktsetzung" ist die Rede, von einer "schärferen Akzentuierung des Programmauftrags".

    Wohin die Reise gehen wird nach den ersten 50 Jahren im Äther, das ist nicht sicher. Fest steht nur der neue geografische Standort des deutschen Auslandsfunks. Und der heißt Bonn. Der Schürmann-Bau, der als bekannteste Bauruine Deutschlands Schlagzeilen machte, ist zu einem der modernsten Funkhäuser Europas umgebaut worden.

    Vom Rhein also - und nicht von der Spree, wie viele gehofft hatten - wird es künftig um die Welt gehen - jenes Sendezeichen, das längst zu einem Markenzeichen im internationalen Äther geworden ist: "Es sucht der Bruder seine Brüder."