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Sprungbrett für die Karriere

50 ausgewählte Musikstudenten aus ganz Europa können derzeit beim renommierten Schleswig-Holstein Musik Festival internationale Erfahrung als Chorsänger sammeln. Bis Ende August proben die jungen Chorsänger mit internationalen Stars wie dem britischen Dirigenten Simon Halsey.

Von Jens Wellhöner |
    Etwa 50 Sängerinnen und Sänger sitzen im Halbkreis um Chordirigent Simon Halsey. Höchste Konzentration ist gefordert: Denn schon am Sonntag ist Konzert. Die Mitglieder der Chorakademie des Schleswig-Holstein Musik Festivals kommen aus acht verschiedenen Ländern. Sie alle wurden unter vielen Hundert Bewerbern ausgewählt. Die tschechische Gesangsstudentin Petrav Chöse zum Beispiel, hat im Januar vor einer Auswahljury vorgesungen. Schließlich ging für die 26-Jährige ein Traum in Erfüllung:

    " Ich konnte das gar nicht glauben. Denn ich habe gehört, gerade dieses Jahr war eine sehr große Auswahl an Sängern. Ich habe nicht geglaubt, dass überhaupt eine Antwort kommt."

    Bis Ende August proben die jungen Chorsänger mit internationalen Pult-Stars. Der Brite Simon Halsey zum Beispiel leitet Chöre in ganz Europa. Unter anderem auch den Rundfunk-Chor Berlin. Die junge Petrav Chöse studiert in Berlin. Und will die Probenzeit mit Halsey nutzen, für ihre Karriere:

    " Mein Wunsch wäre vorzusingen. Weil, nach der Arbeit mit ihm bin ich sehr begeistert. Vielleicht kann ich nach dem Konzert fragen. Es ist einfach eine Chance. Die muss man ausnutzen. Und abwarten. Und hoffen!"

    Einen Karriereschub durch Kontakt zu Star-Dirigenten: Das erhoffen sich die meisten Mitglieder der Chorakademie. Und ein Schub ist auch bitter nötig. Denn wer als Gesangsstudierender in Deutschland eine Stelle als Solist oder Chormitglied haben will, muss viel Glück haben, meint Petrav Chöse:

    " Hier in Deutschland sieht es nicht so gut aus. Für Kultur gibt es nicht so viel Geld. Und aus dem Ausland kommen viele, die hoffen, hier eine Arbeit zu kriegen. Also die Chancen sind nicht so gut, muss man ehrlich sagen."

    Dirigent Simon Halsey gibt der jungen Tschechin recht. Die Ausbildung in Deutschland habe zwar international einen guten Ruf. Sei aber überlaufen. Und habe noch eine andere Schwäche:

    " Sänger und Sängerinnen arbeiten in der Hochschule nur daran, Solo-Sänger zu werden. Warum nicht eine Mischung? 50 Prozent Chorsänger, 50 Prozent Solokarriere oder Quartettmitglied. Es ist hilfreich. Sänger und Sängerinnen können alles tun!"

    Seine Karriere erfolgreich gestartet hat Christoph Leonhard. Der 37-jährige hat eine feste Stelle als Sänger im Berliner Rundfunk-Chor bei Simon Halsey. Und tritt nebenher auch als Solist auf. Er rät seinen jungen Mitsängern aus eigener Erfahrung:

    " Nicht nur solistisch denken, sondern Chorsingen vor allem oder pädagogisch arbeiten, mit Schülern. Also ein breites Spektrum abdecken!"

    Simon Halsey hat noch einen weiteren Tipp parat:

    " Warum nicht englisch lernen, oder Spanisch und Portugiesisch? Die Musikwelt ist so international. Warum nicht außerhalb Deutschlands oder Österreichs arbeiten?"

    Internationale Kontakte bieten sich den Gesangsstudierenden bei der Chorakademie in Schleswig-Holstein jedenfalls viele. Und vielleicht werden die jungen Sänger irgendwann tatsächlich mitsingen, in den großen Chören und Opernhäusern der Welt.