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Geschichte zum Anfassen

Die Archäologische Sommerakademie ist für Studierende dieses Fachs eine der wenigen Möglichkeiten, während des Studiums praktische Erfahrungen auf einer Ausgrabungsstätte zu sammeln. Ob das vom Landschaftsverband Rheinland geförderte Projekt auch in den nächsten Jahren fortbestehen kann, ist im Moment allerdings fraglich.

Von Michael Bödekker |
    Neun Uhr morgens im Archäologischen Park Xanten. Die Studierenden der Internationalen Sommerakademie sind schon seit zwei Stunden bei der Arbeit. In der ungefähr 1,70 Meter tiefen Ausgrabungsstätte tragen sie mit Kellen Schicht für Schicht des Erdbodens ab. Vor circa 1800 Jahren stand hier einmal ein römisches Haus. Für die vereinzelten Besuchergruppen, die jetzt schon im Park unterwegs sind, sind die 25 Grad im Schatten und der strahlende Sonnenschein optimal – für die Studierenden eine Qual. Grabungsleiter Christian Golüke:

    "Am liebsten wären mir 20 Grad und Wolken. Dann hat man die beste Sicht auf die ganze Fläche und kommt auch nicht so schnell ins Schwitzen."

    Unten in der der Ausgrabungsstätte knien die beiden Archäologie-Studentinnen Johanna Rieling und Sabrina Stämpfle und bearbeiten mit ihren Kellen die Erde – im Schatten eines großen Sonnenschirms. Der dient nicht nur als Schutz vor der Sonne.

    "Wir sehen die Schichtübergänge sonst leider nicht. Und wenn die Sonne so strahlt, sehen wir leider nichts mehr. Und deshalb brauchen wir den Schatten, um die Schichten erkennen zu können."

    Das Schwitzen lohnt sich. Denn praktische Erfahrung ist für angehende Archäologen sehr wichtig, erklärt Ekaterina Popnikolowa aus Bulgarien.

    "Das war auch die Idee von der Sommerakademie – dass sie halt den Studenten die Möglichkeit anbieten, wirklich zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Das ist fast in jedem Beruf so: Wenn man halt keine Erfahrung hat, findet man später auch keinen Arbeitsplatz."

    Insgesamt nehmen in diesem Jahr 30 Studierende an dem Programm teil. Sie stammen aus zwölf europäischen Ländern. Beworben haben sich viel mehr – die Plätze sind begehrt. Denn hier kann man schon als Anfänger wissenschaftlich bei einer Ausgrabung mitarbeiten, statt nur die Schubkarre zu schieben und zu schaufeln, sagt Ingo Martell. Er ist Archäologe und Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim Landschaftsverband Rheinland.

    "Die Studenten erlernen hier in vier Wochen einmal das gesamte Grabungshandwerk, von A bis Z. Wobei es uns ganz wichtig ist, dass sie eben nicht nur Schubkarre fahren und schaufeln, und quasi Praktikantenjobs machen, wie in vielen anderen Bereichen. Sondern hier erlernen sie eben alle Schritte, inklusive der Dokumentation und der vorläufigen wissenschaftlichen Auswertung, bis zum Führen des Grabungstagebuchs."

    Johanna und Sabrina haben inzwischen weitergegraben und sind auf etwas gestoßen – anscheinend eine Art Scherbe.

    "Sieht nach Keramik aus …" - "Ist das was Gutes?" - "Etwas Alltägliches, sag ich mal. Aber es ist schon schön, manchmal auch verziert, wo man sich dann auch sehr drüber freut. Aber es ist schon eher alltäglich."

    Die Sommerakademie findet gerade zum 25. Mal statt. Leiter Christian Golüke würde gerne weitermachen:

    "Ich hoffe natürlich, dass es im nächsten Jahr die 26. Internationale Archäologische Sommerakademie gibt."

    Aber ganz sicher ist das noch nicht. Die Stiftung des Landschaftsverbands Rheinland, kurz LVR, hat das Projekt bisher gefördert. Das macht sie auch im kommenden Jahr - allerdings wohl nicht in der gleichen Höhe. LVR-Archäologe Ingo Martell:

    "Diese Bewilligung mag auch für die kommenden Jahre wieder kommen. Beziehungsweise, wir haben verhaltene Zeichen, dass es auf keinen Fall eine völlige Kappung geben wird. Aber ob diese Mittel in gleicher Höhe kommen werden, und ob wir dann die Differenz, die sich daraus ergibt, aus unseren regulären ja auch gekürzten Haushaltsmitteln bestreiten können, dazu kann ich heute noch überhaupt nichts sagen. Das wird sich irgendwann zum Herbst/Winter hin, zum Ende des Haushaltsjahres erst entscheiden können."

    Wenn es die Sommerakademie nicht mehr gäbe, wäre es ein großer Verlust für die Nachwuchs-Archäologen - und auch für den Park in Xanten. Denn schließlich ziehen die Ausgrabungen Besucher an.

    "Hier zum Beispiel ist es so, dass die Studenten die Grabung öffnen, für das Publikum, und dann dem Publikum alle Schritte einer Ausgrabung zeigen. Das gehört auch zu den Tätigkeiten, die man lernen muss als Archäologe."

    Heute jedenfalls graben und forschen die jungen Archäologen noch eine Weile weiter. Und ab 18 Uhr, wenn der Park für reguläre Besucher schließt, haben sie das Gelände sogar ganz für sich allein. Sie übernachten dort in einer Art Jugendherberge. Das Zusammenleben in der internationalen Gruppe gefällt den Teilnehmern, sagt die Studentin Ekaterina Popnikolowa.

    "Das ist genau eine Sache, die zur Archäologie gehört. Einfach weg von deinem Heimatland oder deiner Heimatstadt zu sein und neue Leute kennenzulernen, und genau daran haben alle Leute, die hier sind, Spaß."