Mittwoch, 22. Mai 2024

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Gewerkschaften
"Der demokratische Klassenkampf verliert an Bedeutung"

Die Institutionen des "demokratischen Klassenkampfes" verlieren zunehmend an Einfluss, beobachtet der Arbeitssoziologe Klaus Dörre. Zugleich wachse die Zahl nicht-organisierter soziale Konflikte. Die Zukunft der Arbeiterbewegung aber werde sich in China entscheiden.

Klaus Dörre im Gespräch mit Wolfgang Koczian | 18.05.2014
    Mitglieder verschiedener Gewerkschaften protestieren vor dem Flughafen in Frankfurt am Main (Hessen) und halten dabei ein Banner mit der Aufschrift "Wir sind es Wert"
    Mitglieder verschiedener Gewerkschaften protestieren für mehr Geld (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
    In Berlin kommt der Internationalen Gewerkschaftsbund zu seinem dritten Weltkongress zusammen, die Schweizer stimmen über die Einführung eines Mindestlohns von 18 Euro ab: An diesem Wochenende scheint sich eine neue Stärke der Arbeitnehmerbewegung nach Jahren der Krise zu manifestieren. Doch weiterhin schwinde der Einfluss der klassischen Institutionen des sogenannten "demokratischen Klassenkampfes", sagt der Jenaer Arbeitssoziologe Klaus Dörre. Da organisierte, regulierte Arbeitsverhältnisse immer mehr auf dem Rückzug seien, nehme auch der Einfluss von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Tarifverträgen ab.
    Doch zugleich nehmen "nicht-normierte" Konflikte außerhalb der sozialstaatlichen Regelungen zu, sagt Dörre mit Blick auf soziale Konflikte in Ländern wie Indien, Südafrika, Brasilien und auch China. Ebendort, im sich rasant kapitalistisch wandelnden China, dem Land mit der größten Gewerkschaft der Welt, werde sich die Zukunft der Arbeiterbewegung entscheiden, glaubt Dörre.
    Klaus Dörre
    Klaus Dörre lehrt in Jena Arbeits- und Wirtschaftssoziologie (dpa / picture alliance / Karlheinz Schindler)
    Für den Attac-Berater und das Mitglied im Institut der Solidarischen Moderne stehen für die europäischen Gewerkschaften große Aufgaben auf der Agenda: Wie darauf reagieren, dass in südeuropäischen Ländern die Mehrheit der Arbeitnehmer inzwischen nur noch prekär beschäftigt wird? Wie lässt sich Solidarität transnational organisieren? Mit Lohnforderungen allein würden hiesige Gewerkschaften große Gruppen der Gesellschaft nicht mehr erreichen, so Dörre.
    Das Interview können Sie in voller Länge in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.