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Griechenland rutscht weiter ab

Am Dienstag wurden die griechischen Staatsanleihen vom Handel an der Börse ausgesetzt. Die Ratingagentur Standard & Poor's stuft das Land noch weiter hinab, und nun akzeptiert auch die Europäische Zentralbank griechische Staatsanleihen vorläufig nicht mehr als Sicherheiten für Kredite an Banken. Ein Schritt, der vor allem griechische Banken treffen dürfte, die viele Griechenland-Bonds bisher bei der EZB als Pfand für Kredite hinterlegt hatten.

Von Brigitte Scholtes |
    Die Ratingagentur Fitch hatte letzte Woche schon ihre Bonitätsnote für Griechenland gesenkt und hält einen Zahlungsausfall für wahrscheinlich, die Wettbewerberin Standard & Poor's hat gestern Abend die Note auf "teilweise zahlungsunfähig" herabgestuft. Und auch die kleine Feri EuroRating Services hat heute nachgezogen: Auch sie stuft die Bonität Griechenlands auf "default", also zahlungsunfähig, herab. Und diese Ratings muss die EZB berücksichtigen, wenn es um die Sicherheiten für Kredite geht, die die Banken bei ihr hinterlegen. Das ist im EU-Vertrag geregelt, erklärt Michael Schubert, Volkswirt der Commerzbank:

    "Dort steht nämlich drin, dass die EZB oder das Eurosystem Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten machen kann, aber diese Darlehen nur gegen ausreichende Sicherheiten zu stellen sind. Das Allerschlechteste kann nicht mehr akzeptiert werden, und genau das ist mit den griechischen Staatsanleihen jetzt passiert. Sie sind auf sogenannten "selective default" gestellt worden, also auf einen Zahlungsausfall. Darunter gibt's nichts mehr, folglich kann die EZB laut Vertrag diese Anleihen nicht mehr akzeptieren."

    Das aber bedeutet nicht, dass die griechischen Banken sich nun kein Geld mehr leihen können. Sie haben dazu jetzt zwei Möglichkeiten. Die eine ist kurzfristig bedeutsam, nämlich die Liquiditätshilfe im Notfall, sagt Schubert:

    "Die griechische Zentralbank verleiht auf eigenes Risiko den griechischen Banken Geld gegen Sicherheiten. Aber die müssen nicht unbedingt EZB-fähig sein. Also sie kann schlechtere Sicherheiten akzeptieren. Und dann wird sie wahrscheinlich genau die Papiere, die die EZB nicht mehr annimmt, vorübergehend akzeptieren."

    So verfährt Irland schon seit vielen Quartalen. 50 Milliarden Euro haben die irischen Geldhäuser inzwischen bei ihrer Notenbank auf diesem Weg ausgeliehen. Günstig ist das für sie nicht, und das wird es auch für die Griechen nicht werden, sagt EZB-Experte Schubert:

    "Die Zinsen daraus sind höher, und wenn es Verluste gibt, dann werden diese Verluste nicht auf das gesamte Eurosystem verteilt, also die Bundesbank ist da nicht beteiligt, sondern das trägt dann die jeweilige Zentralbank, also im aktuellen Fall die griechische Zentralbank."

    Mittelfristig aber gibt es für griechische Banken einen weiteren Weg der Liquiditätsbeschaffung: Denn eigentlich soll der Rettungsschirm EFSF mit 35 Milliarden Euro für die griechischen Anleihen garantieren. Dann werden die wieder notenbankfähig. Doch die entsprechenden Beschlüsse der europäischen Staats- und Regierungschefs von Juli beziehungsweise Oktober vergangenen Jahres sind noch nicht umgesetzt, der EZB zufolge dauert das noch bis Mitte März. Das werden die meisten griechischen Geldhäuser bedauern, denn sie gehen damit bei dem zweiten großen Dreijahrestender der EZB, der morgen fällig ist, leer aus. Es sei denn, sie haben noch andere Sicherheiten zu bieten, die die Zentralbank akzeptieren kann. Michael Schubert:

    "Griechenland hat im Eurosystem etwa 70, 80 Milliarden über Tender geliehen. Und die Sicherheiten, die allen griechischen Banken zur Verfügung stehen, sind etwa 140 Milliarden. Also, einige haben noch was. Und diese Banken können, wenn die Sicherheiten eine ausreichende Laufzeit haben, natürlich auch an dem Tender teilnehmen."

    Wenn aber die privaten Gläubiger das Umtauschangebot weitgehend annehmen sollten, dann könnte das Land auch wieder heraufgestuft werden, heißt es bei den Ratingagenturen.