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Großbritannien
Promiaktion für Presseregulierung

Seit Oktober 2012 müssen sich ranghohe Journalisten aus dem Medienimperium von Rupert Murdoch wegen unlauterer Pressepraktiken vor dem höchsten Strafgericht in London verantworten. Jetzt haben britische Prominente einen Appell an die Printmedien herausgegeben, sich freiwillig der neu geschaffenen Presseaufsicht der Regierung zu unterstellen.

Von Ruth Rach | 22.03.2014
    Illegale Abhöraktionen, bestechliche Abgeordnete, Schmiergelder an Polizisten. Die fragwürdigen Praktiken britischer Boulevardblätter sorgen hier auf der Insel schon seit Jahren für intensive öffentliche Debatten.
    Mindestens genau so laut: der Ruf nach einem wirksamen System zur Regulierung der Presse.
    Das bisherige freiwillige Kontrollsystem hat auf verheerende Weise versagt und vor allem den Leuten geschadet, die es sich nicht leisten können, vor Gericht zu ziehen, kommentiert JK Rowling - auch ihre eigene Familie ist von den Aufdringlichkeiten der Presse nicht verschont geblieben.
    Die Harry Potter Autorin gehört zu rund 200 maßgeblichen Promis, die diese Woche an britische Printmedien appellierten, die Royal Charter zu akzeptieren. Diese sogenannte Königliche Satzung ist eine neu geschaffene Presseaufsicht, die von der Regierung vorgeschlagen und vor genau einem Jahr von allen drei Parteien gebilligt wurde. Der Beitritt ist freiwillig. Aber wer das Organ boykottiert, muss mit hohen finanziellen Risiken rechnen.
    Auslöser der Reform war der Abhörskandal um die inzwischen eingestellte Boulevardzeitung 'News of the World'. Das Blatt des Medienzars Rupert Murdoch hatte sich Zugang zur Mailbox eines entführten und später ermordeten Mädchens verschafft, um seine Storys mit den Anrufen der verzweifelten Eltern aufzubauschen. Später stellte sich heraus, diese Praxis war kein Einzelfall. Immer mehr Opfer meldeten sich zu Wort. Im Jahr 2011 wurde Lordrichter Leveson von Premierminister David Cameron mit einer Untersuchung beauftragt. Ein Jahr später veröffentlichte Lord Leveson seinen Bericht.
    Die von den Verlagen finanzierte Selbstkontrolle solle durch einen unabhängigen Presserat ersetzt werden, der alle Verstöße schnell und wirksam bestrafen könne und in dem weder Zeitungsverleger noch Journalisten, noch Politiker vertreten sein dürften. Die Arbeit des Presserats sei durch ein entsprechendes Pressegesetz zu verankern.
    Aber: ein Pressegesetz im Mutterland der Meinungsfreiheit? Diese Vorstellung ging nicht nur den Printmedien, sondern auch dem konservativen Premierminister zu weit. David Camerons Kompromissvorschlag: Eben jene Royal Charter, ein unabhängiges Aufsichtsorgan, dessen Pressekodex von einem Gremium erarbeitet wird, dem ehemalige Verleger, Journalisten und Laien angehören. Auf Verstöße stehen hohe Geldstrafen. Veränderungen der Royal Charter müssen vom Parlament mit einer 2/3 Mehrheit abgesegnet werden. Sie soll am 1. Mai in Kraft treten.
    Bei der Mehrheit der britischen Zeitungen stößt aber auch dieser Vorschlag auf Ablehnung.
    Wir wollen kein System, in dem die Politiker der Presse sagen, was sie zu tun und zu lassen hat, betont Fraser Nelson, Chefredakteur der konservativen Wochenzeitschrift The Spectator. Ebenfalls auf seiner Linie, die Tageszeitung The Times und das Boulevardblatt The Sun, beide aus dem Haus von James Murdoch, sowie der Daily Telegraph und die Daily Mail. Sie wollen sich – wie sie sagen - keinen Maulkorb umbinden lassen und haben bereits ein Gegenmodell ausgearbeitet, das wieder auf dem Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle basiert. Kritiker meinen allerdings das wäre gerade so, als würde man es den Wölfen überlassen, über die Wahl ihrer Beute zu bestimmen.