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Großbritannienzentrum in Berlin
Die Folgen des Brexits für Lehre und Studierende

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und mindestens drei Monate Aufenthalt in Großbritannien: Das Centre for British Studies an der Berliner Humboldt Universität ist eine in Deutschland bisher einzigartige Einrichtung. Lehrende und Studierende befürchten jedoch, dass sich ihre Arbeitsbedingungen künftig durch den Brexit verschlechtern könnten.

Von Stefan Maas |
    Eine Flagge der Europäischen Union und eine Fahne vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland, der Union Jack
    Studierende am Centre for British Studies in Berlin befürchten, dass ein Auslandssemester in Großbritannien künftig schwieriger werden könnte. (Jens Kalaene/dpa)
    Auf den Gängen des Großbritannientrums, dem Centre for British Studies in Berlin Mitte herrscht in diesen Tagen Stille. Das liegt nicht am Brexit, sondern an den Semesterferien. Die nutzen viele Studierende, von denen ein großer Teil aus dem Ausland kommt, um ihre Familien zu besuchen. Dennoch beschäftigt das Ausscheiden der Briten aus der Europäischen Union die Mitarbeiter und Studierenden natürlich sehr.
    "Da ist erst einmal riesige Unsicherheit, die da auf einen zukommt",
    sagt Professor Gerhard Dannemann. Er leitet das Centre for British Studies an der Berliner Humboldt Universität. 1995 gegründet, ist es eine in Deutschland einzigartige Einrichtung.
    "Hier am Großbritannienzentrum arbeiten wir interdisziplinär zusammen, also ich bin von Haus aus Jurist, aber wir decken auch Wirtschaft, Politik, Geschichte, Soziologie und Kultur ab, wir haben 30 Masterstudierende jedes Jahr, die zwei Jahre bei uns sind, also insgesamt 60."
    Ganz wichtiger Bestandteil des Studienganges: ein dreimonatiges Praktikum in Großbritannien.
    "Das Praktikum war schon einer der Hauptpunkte, warum ich dieses Studium angefangen habe."
    Erzählt Lara Krauße.
    "Ich habe für einen Labour-Party-MP, Ben Bradshaw, gearbeitet, habe dort in seinem Büro von den Leuten, die in seiner Constituency (Wahlkreis) leben, Briefe beantwortet, habe Recherche für ihn gemacht und bin halt im Parlament viel mitgegangen, habe Debatten angehört, auch viel über den Brexit gelernt."
    Studieren mit Hindernissen für Nicht-EU-Bürger
    Die 26-Jährige hat internationalen Journalismus in Bremen studiert, bevor sie sich für den Masterstudiengang British Studies entschieden hat. Als EU-Bürgerin gab es keine großen bürokratischen Hürden, bevor sie das Praktikum in Großbritannien anfangen konnte. Anders war das für ihre Kommilitonen von außerhalb der EU.
    "Ich habe das von anderen Studierenden gehört, die mindestens 800 Euro auf dem Konto haben mussten, um überhaupt das Visum zu bekommen. Und bei mir war es halt so, ich habe mich drei Wochen vorher um eine Wohnung gekümmert, bin dann da hingefahren und habe angefangen zu arbeiten. Bei mir war es halt total easy."
    Je nachdem, was Großbritannien und die Europäische Union in den Bedingungen für den Brexit aushandeln, könnte das zukünftig nicht mehr ganz so leicht werden, fürchtet Gerhard Dannemann.
    "Der schlechteste Fall wäre, dass wir kein Visum mehr bekommen würden. Das war in der Vergangenheit manchmal problematisch für die Nicht-EU-Staatsangehörigen. Und künftig fällt dieses EU-Privileg ja erstmal weg, wenn nicht etwas anderes vereinbart würde.
    Es könnte also sein, dass wir gar kein Praktikum in Großbritannien mehr fordern können, weil niemand das Recht hat, dieses Praktikum zu machen. Bisher geht das über Erasmus-Studienaustausch. Und ich würde sehr hoffen, nicht nur für unsere Studierenden, dass Großbritannien nicht aus Erasmus ausscheidet, aber das ist hochpolitisch."
    Erasmus-Studierende fürchten um Großbritannien-Aufenthalte
    Doch nicht nur die formalen Hürden könnten im ungünstigsten Fall wieder steigen. Denn: Theresa May hat versprochen, die Zahl der Migranten in Großbritannien insgesamt zu reduzieren – und die vielen internationalen Studierenden werden dabei mitgezählt. Die Streichung von Erasmus würde auch die Finanzierung erschweren, meint Studentin Lara Krauße:
    "Also, ohne das Erasmus-Stipendium hätte ich meinen Auslandsaufenthalt nicht machen können. In London, da habe ich einfach so unglaublich viel für die Miete bezahlt, das ich mir das ohne das Erasmus-Stipendium niemals hätte leisten können."
    Forschung befürchtet Nachteile
    Aber nicht nur für Studierende, auch für die Forschung könnte der Brexit weitreichende Folgen haben – im Moment gibt es eine enge Zusammenarbeit deutscher und britischer Kollegen. Finanziert auch mit EU-Geldern. Noch, denn mit dem Brexit würde Großbritannien, wenn nichts anderes vereinbart würde, auch aus dem europäischen Forschungsrat ausscheiden müssen. Damit wäre eine Forschungsfinanzierung über Ländergrenzen hinweg passé. Zukünftig müssten die deutschen und die britischen Kollegen getrennte Anträge stellen.
    "Und da diese Annahmequoten so eins zu fünf in Deutschland eher und eins zu zehn in Großbritannien sind, haben Sie dann plötzlich eine kombinierte Wahrscheinlichkeit von eins zu fünfzig, dass so ein gemeinsamer Antrag durchgeht. Und diese Mühe macht man sich dann eben nicht."
    Kollabieren würde die Zusammenarbeit zwar nicht, sagt Gerhard Dannemann, aber vieles würde wesentlich komplizierter. Und der Studiengang könnte an Attraktivität einbüßen. Findet auch Lara Krauße. Vor allem wegen des deutsch-britischen Praktikum-Austauschs:
    "Ich würde den Studiengang nicht noch einmal nehmen, wenn es das nicht geben würde."